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Der Teufel kommt raus: Kriminalroman

Der Teufel kommt raus: Kriminalroman

Titel: Der Teufel kommt raus: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blair S. Walker
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er bereits tief und fest. Als ich Jamal betrachte, der mir schrecklich lebensüberdrüssig vorkommt, tut er mir wahnsinnig leid.
    Auch Yolanda ist hundemüde und mit den Nerven am Ende, als sie das Laken über das Sofa breitet. Da sie sogar zu kaputt ist, die Knitterfalten glattzustreichen, lässt sie alles so, wie es ist. Als ich die Ränder unter ihren Augen sehe, versuche ich mir vorzustellen, wie sie mit über vierzig und noch älter aussehen wird. Immer noch verdammt süß.
    Als Yolanda Jamal zum Sofa tragen will, hält sie plötzlich inne. »Rauchen Sie?«, fragt sie in einem Tonfall, der deutlich macht, dass sie schwer hofft, dass dem nicht so ist.
    »Nein.«
    »Ich auch nicht«, sagt sie und klingt erleichtert. »Jamal hats manchmal Asthma, da ist Zigarettenqualm schlecht für ihn.«
    Hats manchmal Asthma?
Meine Augenbrauen wölben sich. Malträtiertes Englisch hat auf mich dieselbe Wirkung wie Kreide, die über eine Tafel quietscht, aber ich sage nichts.
    Als sie ihren Sohn zugedeckt hat, küsst Yolanda ihn auf die Stirn und kommt zu mir.
    »Setzen wir uns da rüber«, schlage ich vor und deute vage zum Küchentisch. »Wollen Sie einen Tee oder Popcorn?«
    »Danke, gern.«
    Yolanda sieht schweigend zu, wie ich drei Teelöffel Zucker in meinem Tee versenke. Bei jedem Mal steigen kleine Bläschen an die Oberfläche, platzen und verschwinden spurlos. Beim Anblick der Bläschen sehnt sich Yolanda danach, dass ihre Probleme sich auf ganz ähnliche Weise in Wohlgefallen auflösen.
    Da sie wahnsinnig verschlossen und stolz ist, ist sie nur bereit, mir ihr Herz auszuschütten, weil ich über etwas verfüge, was sie und ihr Sohn dringend benötigen – ein Dach über dem Kopf.
    »Als ich heute von der Arbeit nach Hause kam, hat Jamal geweint und geblutet«, berichtet sie und sieht durch mich hindurch. »Der Typ, mit dem ich zusammenlebe, hat ein Alkoholproblem. Aber bis heute hat er Jamal noch nie geschlagen, weil er nicht von ihm ist.«
    Ich sehe, dass Yolanda die Tränen in die Augen steigen. Aus unerfindlichen Gründen fühle ich mich leicht unbehaglich dabei, sie zu einer Rechtfertigung dessen zu zwingen, was sie mir Schreckliches zumutet.
    »Was ist mit Ihrem Knie passiert?«
    »Als ich Jamal gesehen habe, wäre ich ihm am liebsten an die Gurgel gesprungen. Ich bin auf ihn losgegangen, und da hat er mich zu Boden gestoßen. Boone hat sich schon mal so schlimm betrunken und mich verprügelt. Damals hab ich ihm gesagt, wenn das noch mal passiert, bin ich weg. Also bin ich gegangen – und hab nicht mal meine Kleider mitgenommen.«
    Obwohl es in der Wohnung stark nach Popcorn riecht, nehme ich wahr, dass Yolanda, der inzwischen fast die Augen zufallen, nach Mandarinen duftet.
    »Warum sind Sie zu mir gekommen?«
    »Meine Mutter und mein Stiefvater sind letztes Jahr nach Houston gezogen. Ich hab noch eine Schwester, die in Baltimore wohnt, aber die hat mir immer gesagt, dass ich dumm bin, mich überhaupt mit Boone abzugeben, weil er ein gewalttätiger Versager ist. An sie kann ich mich nicht wenden. Ich kann sonst nirgends hin, und Sie schienen mir ein netter Kerl zu sein, als wir uns im Krankenhaus kennengelernt haben. Außerdem dachte ich, Sie wüssten Rat, wo sie doch Reporter sind.«
    »Was ist mit einem Hotel? Haben Sie keine Kreditkarte?«
    Eine Kreditkarte? Yolanda fixiert mich, um festzustellen, ob ich mich über sie lustig mache. »Nein«, antwortet sie mit einem winzigen Stimmchen. »Hab ich nicht. Wenn wir heute Nacht auf Ihrer Couch schlafen dürften, wäre ich Ihnen sehr dankbar. Morgen früh gehen wir wieder. Ich versprech’s.«
    Spontan beschließe ich, dass Yolanda eine anständige, vom Glück verlassene Frau ist, die mir nicht mitten in der Nacht für eine Handvoll Crack-Dollar die Kehle aufschlitzen wird.
    Ich erwäge kurz, meinen ungebetenen Logiergästen das Loft anzubieten, überlege es mir aber anders, als ich mir vorstelle, wie Jamal die schwarze Wendeltreppe runterstürzt wie Eddie Murphys Tante Bunnie. Es wäre doch schade, den guten Samariter zu spielen, und zum Dank dafür noch eine Klage am Hals zu haben.
    »Ihr zwei könnt auf dem Schlafsofa übernachten. Das ist nur eine Einzimmerwohnung«, rechtfertige ich mich.
    Yolanda schluckt zwei Mal. »Vielen Dank«, murmelt sie mit monotoner Stimme. »Wir sind Ihnen wirklich sehr dankbar.«
    Das Popcorn in der Mikrowelle hat ein bisschen zu lange geploppt und ist angebrannt und nicht nach meinem Geschmack. Yolanda hingegen schaufelt sich

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