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Der Teufel kommt raus: Kriminalroman

Der Teufel kommt raus: Kriminalroman

Titel: Der Teufel kommt raus: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blair S. Walker
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manchmal als Fluch.
    »
Hey!
Warten Sie«, rufe ich Yolanda nach, die schon die unterste Treppenstufe erreicht hat. Das nimmt Mrs. Wentworth im Erdgeschoss zum Anlass, mit dem Besenstiel an die Zimmerdecke zu klopfen, als herrsche bei mir jeden Tag tumultartiger Lärm.
    »Dass Sie gehen sollen, hab ich nicht gesagt«, schreie ich Yolanda hinterher, während sie durch den Eingangsbereich rauscht. »Ich hab nur gefragt, was Sie da drin gemacht haben.«
    Wäre Yolanda nur für sich verantwortlich gewesen, wäre sie ohne mit der Wimper zu zucken abgehauen. Sie ließ sich von Männern nichts bieten, was ihr derzeitiges Dilemma zum Teil erklärte. Doch diesmal musste sie auf ihren Sohn Rücksicht nehmen.
    Obwohl es sie fast umbringt, macht Yolanda kehrt und steigt die Stufen langsam wieder hinauf.
    Ich beobachte sie vom oberen Treppenabsatz, wo ich stehe und insgeheim bete, dass sie mich ignoriert und einfach weitergeht. Auf diese Art und Weise hätte ich ein reines Gewissen und meine Ruhe gehabt. Verdammt!
    Und wenn ich daran denke, dass ich bis heute Abend
alles
darum gegeben hätte, sie in meine Wohnung zu kriegen …
    Zusammengesunken, als hätte sie ein Rendezvous mit dem Henker, schleicht Yolanda, Jamals winzige Hand umklammernd, nach oben. Heute Abend sind die zwei auf die Freundlichkeit eines Fremden namens Darryl angewiesen.
    Während ich die beiden anstarre, frage ich mich, ob Yolanda an mein Mitgefühl appellieren will, denn sie und ihr Sohn macheneinen erbarmungswürdigen Eindruck, während sie die Stufen erklimmen. Bei ihnen wirkt eine einzige Treppe wie der Mount Everest.
    Mit identischen Armesünder-Mienen spazieren sie und Jamal wortlos an mir vorbei und betreten erneut meine Wohnung.
    Ich bleibe kurz im Flur und überlege, was ich tun soll. Fremden Frauen und ihren verflixten Kindern zu erlauben, mitten in der Nacht in mein Domizil zu zockeln, ist Neuland für mich.
    Mein sechster Sinn, den zu ignorieren ich schon immer bereut habe, versucht verzweifelt, mich zu warnen. »Lass sie nicht rein«, flüstert er mir zu. »Du bist müde, du musst morgen früh an die Arbeit, und du hast keinen Schimmer, wer die Frau ist. Ruf die Polizei und lass die die Sache regeln. Halt dich da raus!« Die Warnung leuchtet mir vollkommen ein. Mir fällt kein einziger Grund ein, warum ich ihr nicht Folge leisten soll.
    Deshalb beschließe ich natürlich, es drauf ankommen zu lassen und Yolanda zu helfen. Aber sobald ich auch nur ein Zucken, ein Kratzen oder andere Anzeichen von Drogenmissbrauch an ihr entdecke, fliegt sie raus.
    Ich schließe die Wohnungstür und drehe mich langsam zu Yolanda um, die an der Küchentheke steht. Mit finsterer Miene verschränke ich erwartungsvoll die Arme.
    »Ich kenne Sie noch aus dem Krankenhaus«, sagt Yolanda und windet sich unbehaglich. »Ihre Telefonnummer und Adresse hab ich von der Telefonauskunft.« Sie runzelt die Stirn, weil sie merkt, wie dürftig das klingt, selbst wenn es der Wahrheit entspricht. Derweil hält Jamal ihr Bein umklammert und rammt den Kopf gegen ihren Schritt, als versuchte er, zurück in den Mutterleib zu gelangen.
    »Warum? Warum ausgerechnet ich? Wollen Sie mir weismachen, dass es in Baltimore sonst niemanden gibt, an den Sie sich wenden können?«
    Yolanda seufzt nur. Auch wenn sie weiß, dass sie mir eine Erklärung schuldet, ist sie von diesem Verhör alles andere als begeistert.
    »Haben Sie was dagegen«, fragt sie schließlich mit weicher, gefühlvoller Stimme, »wenn ich meinen Sohn irgendwo zum Schlafen lege? Dann erzähle ich Ihnen auch, was passiert ist und warum wir hier sind. Ich erzähle Ihnen alles.«
    Ehrlich gesagt kommt mir diese Abmachung dubios vor. Die warnende Stimme in meinem Kopf hat sich von einem Flüstern zu einem gellenden Schrei gesteigert.
    »Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert«, brumme ich.
    »Hm?«
    »Nix. Ich hol Ihnen nur ein Bettlaken für die Couch. Ich bin gleich wieder da.«
    Ich ziehe ein verwaschenes weißes Laken für ein Einzelbett aus dem Wäscheschrank, das ich seit Ewigkeiten nicht mehr benutzt habe (es ist mindestens zwanzig Jahre her, seit ich zuletzt in einem Einzelbett geschlafen habe). Nachdem ich sicherheitshalber noch einen verschlissenen blauen Waschlappen herausgeholt habe, trage ich beides ins Wohnzimmer, wo Yolanda Jamal auf den Boden gelegt hat und ihm die Schuhe auszieht. Nach einem Tag, der schon die meisten Erwachsenen umhauen würde, von einem Dreijährigen ganz zu schweigen, schläft

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