Der Teufel kommt raus: Kriminalroman
die Fenster zu, schloss die Jalousien und zog die Vorhänge fest zu. Der Tag hatte damit begonnen, dass er auf einen Bullen feuerte, und jetzt lag ein tödlich verwundeter auf seinem Wohnzimmerboden und blutete seinen Teppich voll. In der Luft hing der intensive Geruch von Boyles’ nach Bier riechender Kotze.
Simmes war nach dem Sturz mit Brown und Boyles noch immer nicht wieder aufgestanden. Schmerz durchzuckte sein rechtes Schlüsselbein, und als er sich aufrappelte, hörte er das schreckliche Schaben von einem Knochen auf dem anderen.
»Vielleicht sollten wir ihn ins Krankenhaus fahren«, sagte Simmes mit zusammengebissenen Zähnen. »Ich muss jedenfalls hin, toll.«
»
Und wenn er ein Bulle ist?
«, schrie Dillard so entschieden, wie er konnte, ein unüberlegter Schritt, da sein Reihenhaus von zwei Nachbarhäusern flankiert war. »Ich weiß nicht, wie ihr dazu steht, aber ich will nicht in den Knast.«
»Ich hab doch gesagt, ich bin kein Scheißbulle«, grunzte Brown, fest entschlossen, seine Tarnung aufrechtzuerhalten.
»Wie sind dann die Karten und die Quittung aus dem Geldautomaten in deine Geldbörse gekommen?«
»Mein Cousin ist Bulle«, sagte Brown und kämpfte gegen die Benommenheit an. »Ich war heute Morgen bei ihm, da hat er mir ein paar von seinen Karten gegeben. Und mir auch gleich noch Geld abgehoben.«
Browns Tränen flossen jetzt schneller, eher aus Angst als vor Schmerzen. Er wollte nicht auf dem Wohnzimmerboden irgendeines Psychopathen und dessen Trupp wütender Deppen sterben. Seine Atmung wurde immer flacher, und er spürte, wie das Delirium einsetzte.
»Du musst mich in ein Krankenhaus bringen, Mann«, sagte er mit kaum noch hörbarer Stimme. »Ich sterbe.«
In jenem Moment beschloss Dillard, dass Allen, Brown – wer er auch war – eben sterben musste. Er konnte das Risiko nichteingehen, dass sich der Mann als verdeckter Vermittler entpuppte. Er knipste den Fernseher im Wohnzimmer an und drehte die Lautstärke bis zum Anschlag hoch. Die Stimme einer attraktiven Frau, die sich über den Gestank von Katzenstreu beschwerte, dröhnte durchs Haus.
Dillard bedeutete Simmes und Boyles mit einem Nicken, ihm zu folgen, und lief zur Tür, die zum Keller hinabführte. »Wir können den Typ nicht ins Krankenhaus bringen«, sagte er schlicht. »Er könnte ein Bulle sein.«
»Ich geh bestimmt zum Arzt«, sagte Simmes mit schmerzverzogenem Gesicht.
»Was meinst du damit, wir können ihn nicht ins Krankenhaus bringen?«, fragte Boyles, dessen Augen mit jeder Sekunde größer wurden. »Er könnte ein Bulle sein. Mit Bullenmord will ich nichts zu tun haben.«
»Was meinst du damit, du willst nichts damit zu tun haben?«, schrie Dillard. »Was glaubst du, warum der hier blutend auf dem Boden liegt? Wegen dir, Harry!
Du
hast ihn auf den Tisch geschubst, falls es dir entfallen sein sollte.«
Boyles’ rötlicher Teint war aschfahl geworden. Er blickte an Dillard vorbei ins Wohnzimmer. Mit schierer Willenskraft hatte Brown es irgendwie geschafft, seinen unter Sauerstoffmangel leidenden Körper aufzurichten, und lief stockend durchs Wohnzimmer zur Haustür. Er hatte schon die Hand ausgestreckt, um am Türschloss zu drehen, als er mit einem dumpfen Schlag zusammenbrach. Eine rote Spur markierte seinen mäandernden Weg.
Unpassenderweise erfüllte eine Sitcom das Haus mit zwerchfellerschütterndem Gelächter.
Brown war bewusstlos, als Dillard zu ihm trat, seine Miene jetzt gelassen statt gequält.
»Du kannst uns doch in die Verbrennungsanlage schleusen, oder?«, blaffte Dillard Boyles an.
»Äh, ja. Warum?«
»Reim’s dir zusammen, Harry.«
»Den Teppich müssen wir auch verbrennen«, warf Simmes erschaudernd ein.
»Hör mal, Mark, ich muss nach Hause«, wimmerte Boyles mit bebender Stimme. »Ich hab Doris gesagt, dass ich nur kurz zu dir gehe. Wir wollen heute Abend essen gehen.«
»Dann ruf Doris verdammt noch mal an und sag ihr, dass du länger wegbleibst als gedacht«, schnauzte Dillard. Da Simmes verletzt war, brauchte Dillard bei Browns Abtransport Hilfe, denn allein würde er es nicht schaffen. Außerdem besaß Boyles einen heruntergekommenen Transporter, den sie dazu benutzen konnten.
»Lass dir das gesagt sein«, fuhr Dillard fort. »Du steckst bis über beide Ohren mit in der Scheiße drin, mein Freund. Es gibt kein Zurück mehr. Du hast bei der Ermordung eines Polizisten der Stadtpolizei von Baltimore mitgeholfen. Drücke ich mich deutlich genug aus? Ruf deine Frau an und sag
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