Der Teufel kommt raus: Kriminalroman
Hand. »Sie wissen gar nicht, wie viel uns das bedeutet …« Tränen rinnen über Yolandas schöne Wangen. »Wir geben Ihnen einen Zuschuss für Miete und Strom«, sagt Yolanda schließlich. »Und unsere Lebensmittel kaufe ich selbst, damit Sie sich darum nicht zu kümmern brauchen.«
»Einverstanden. Ich hoffe, Sie sind mit der Couch im Wohnzimmer zufrieden.« Ade, Privatsphäre.
»Auf alle Fälle. Vielen Dank, Darryl. Danke.«
»Hey, kein Problem«, sage ich und lächele Yolanda an. »Äh, ich hoffe, Sie sind jetzt nicht beleidigt, aber ich wüsste es wirklichzu schätzen, wenn Sie mir eine kleine Summe als Kaution geben könnten. Was immer Sie für angemessen halten.«
Dieses Anliegen nimmt Yolanda den Wind ein wenig aus den Segeln. Ihr Lächeln erstirbt, und sie wirft mir einen gequälten Blick zu.
»Klar, kein Problem. Ich kann heute noch zur Bank gehen und zweihundert Dollar für Sie abheben, wenn das in Ordnung ist. Die bekomme ich wieder, wenn ich ausziehe, ja?«
»Abgemacht.«
»Ich würde Sie gern um noch einen Gefallen bitten«, sagt Yolanda langsam und wirkt verlegen.
Oh-oh. Ich hätte wissen müssen, dass das kein Zuckerschlecken würde. Komm schon, Yolanda, mach das warme, wohlige Gefühl nicht gleich wieder zunichte.
»Klar, wenn ich kann. Worum geht es?«
»Jamal und ich haben keine sauberen Kleider; wir haben keine Zahnbürsten; wir haben gar nichts. Ich musste die Wohnung meines Freundes fluchtartig verlassen. Könnten Sie mit mir hinfahren, damit ich ein paar von meinen Sachen holen kann?«
»Ist Ihr Freund denn jetzt zu Hause?«
Sie verzieht das Gesicht. »Nein, der sollte bei der Arbeit sein. Und bitte nennen Sie ihn nicht meinen Freund.« Wie sie ihn erst vor fünf Sekunden selbst bezeichnet hat.
Also fahren wir Richtung East Baltimore, in die »Hölle«, zu einer kleinen Apartmentanlage im Frank Robinson Way, Nummer 1231, Yolanda am Steuer ihres zwölf Jahre alten Kleinwagens und ich in meinem kleinen schwarzen japanischen Coupé.
Als wir vor Nummer 1231 anhalten, jagen kleine schwarze Jungs mit riesigen Wasserpistolen, mit deren Inhalt man die Hoover-Talsperre füllen könnte, die Mädchen den Bürgersteig hoch und runter. Als ich den Motor abstelle, höre ich ihr entzücktes, pseudo-entrüstetes Geschrei.
Da ich die Spuren der Gewalttätigkeit ihres Freundes mit eigenen Augen gesehen habe, vermute ich, dass er ein Macho-Arsch-loch ist, und hoffe, dass wir mit ein bisschen Glück schnell wieder weg sind, ohne ihm zu begegnen.
Selbstredend gleitet der blaue Lexus ihres Freundes auf den Stellplatz direkt hinter meinem Wagen. Ich muss nicht mal fragen, ich weiß auch so, dass er es ist.
Mit einer tiefschwarzen Sonnenbrille auf der Nase wippt der ignorante coole Macker unbekümmert mit dem Kopf zur Musik. Als er aus dem Wagen steigt, sehe ich, dass er ein grünes Muskelshirt trägt, damit alle Welt sehen kann, dass er trainiert und Arme wie Magilla Gorilla hat. Er ist etwa fünf Zentimeter kleiner als ich.
Meine letzte Schlägerei war in der zehnten Klasse, als ich einen Rüpel namens David Jefferson verprügelt habe, der mich einen Monat lang provoziert hatte. Eigentlich hatte ich gehofft, das sei mein letzter Kampf gewesen, und ich könnte mich siegreich zur Ruhe setzen.
Kaum hat Jamal den einunddreißigjährigen Dreckskerl entdeckt, der ihm am Abend zuvor ein blaues Auge geschlagen hat, fängt er schon an zu schreien.
Der Knabe stolziert an mir vorbei zu Yolanda, die bereits ausgestiegen ist. Hastig tue ich es ihr gleich.
»Schon zurück, Miststück?«
Yolanda sieht ihren kretinhaften Exfreund mit reinster Abscheu an. Hat sie diesen Pavian wirklich geliebt, oder war er für sie nur ein Rekultivierungsprojekt?
»Ich bin nur hier, um meine Sachen zu holen, Boone«, sagt Yolanda eisig, ohne ihm auch nur in die Augen zu sehen. »Mein Cousin Darryl ist mitgekommen, um mir zu helfen.«
Boone wirft mir einen kurzen Blick zu, der besagt, dass ich für ihn bedeutungsloser bin als der Straßendreck unter seinen hellbraunen Stiefeln. Er ist zu sehr damit beschäftigt, Ränke zu schmieden, als sich wegen mir Gedanken zu machen. »Komm schon, Baby«, schmeichelt er ihr mit honigsüßer Stimme, während er mit beiden Armen grob Yolandas Taille umfasst. »Daddy hat sich doch entschuldigt.«
»Lass mich
los
, Boone«, sagt Yolanda und reißt sich von ihm los. »Hast du nicht gehört? Ich sagte, ich bin hier, um meine Sachen zu holen.«
»Lassen Sie die Frau einfach ihre Sachen
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