Der Teufel kommt raus: Kriminalroman
schnell noch zwei Mal durchgelesen und auf Tippfehler und Ungenauigkeiten überprüft habe, fertige ich zur Sicherheit eine Kopie an und schicke das Original an Merriwether. Egal, was er sagt, ich weiß, dass ich einen Volltreffer gelandet habe.
»Wie geht’s mit dem Artikel voran, junger Mann?« Es ist Watkins. Die Telefonmast-Zigarre ist zu einem kleinen Stumpf geschrumpft, an dem er zufrieden knabbert.
»Gerade an Merriwether abgeschickt«, antworte ich unschuldig. »Er will ihn höchstpersönlich redigieren.«
»Schön, schön. Da geselle ich mich wohl dazu, denn ich war mit Shel sehr gut befreundet. Hatten Sie je das Glück, ihn kennenzulernen?«
»Nein, leider nicht, aber er scheint viel Gutes getan zu haben.«
»Allerdings.« Watkins Gesicht nimmt einen versonnenen Ausdruck an. »Er hat für Baltimore viel Gutes getan. Ich kann nicht glauben, dass er tot ist.«
Ich sehe zu Watkins auf, der tief in Gedanken versunken ist. In seinem linken Augenwinkel bildet sich eine Träne, und er wendet sich rasch ab und hustet. Ich greife in eine Schreibtischschublade, hole ein Taschentuch heraus und reiche es Watkins diskret, der sich hineinschnäuzt. Als würde in meinem rechten Ohr ein Nebelhorn losgehen.
»Mr. Watkins, Sie werden feststellen, dass mein Bericht Blumberg angemessen würdigt«, sage ich leise.
Watkins wirft das Taschentuch lässig in den Papierkorb und reibt sich die Hände. »Daran habe ich keinen Zweifel, Darryl«, sagt er und begibt sich zum Schreibtisch meines Erzfeindes.
Ha! Watkins, fass! Auf ihn, Junge!
Watkins zieht sich einen Stuhl an Merriwethers Schreibtisch, und die beiden redigieren eine halbe Stunde lang meine Story. Hin und wieder zeigt Watkins mit seinen Wurstfingern auf den Computerbildschirm, und Merriwether tippt etwas.
Ich nutze die Zeit, um bei Polizeikommissariaten und Feuerwehrdezernaten im Umland von Baltimore anzurufen und mich zu vergewissern, dass sonst nichts los ist. Das Leben geht weiter, auch wenn Blumberg tot ist. Als ich mich überzeugt habe, dass in der Stadt Ruhe herrscht, rufe ich bei mir zu Hause an, um zu sehen, was Yolanda und Jamal so treiben. Dass sie in meiner Wohnung sind, hat mich ein bisschen unruhig gemacht.
Wenigstens ist Yolanda so schlau, nicht ans Telefon zu gehen. Nach dem vierten Klingeln schaltet sich der Anrufbeantworter an.
»Hallo, hier ist Darryl«, sage ich mit dröhnender Stimme. »Gehen Sie ruhig ran.«
»Hallo.« Es ist ein merkwürdiges Gefühl, dass bei mir zu Hause eine Frau ans Telefon geht.
»Ich hab gerade etwas Zeit, deshalb dachte ich, ich hör mal, was ihr so treibt.« Ich hoffe, das klingt nicht anklagend.
»Nicht viel. Ich war heute Morgen auf der Bank, um Geld für Sie zu holen.« Ein nervöses Lachen. »Wenn Sie nach Hause kommen, habe ich eine Überraschung für Sie.«
Das bringt mich total aus dem Konzept. »Wirklich? Was für eine Überraschung?«
»Wenn ich es Ihnen verrate, ist es ja keine Überraschung mehr, oder?« Yolanda kichert.
Ich weiß nicht so recht, was mich mehr überrascht: Dass sie keine Mühen gescheut hat, etwas Besonderes nur für mich auf die Beine zu stellen, oder sie kichern zu hören.
»In Ordnung. Ich sollte so gegen neun zu Hause sein.«
»Wir warten hier auf Sie.«
»Wiederhören.«
»Das war ein hervorragender Artikel, Darryl. Wir brauchten kaum auch nur ein Komma anders zu setzen.«
Als ich aufblicke, stehen Watkins und Merriwether vor meinem Schreibtisch.
»Danke, Mr. Watkins.«
»Das war gute Arbeit, sehr gute Arbeit«, stimmt Merriwether mit einem kranken Grinsen ein. Verlogener, doppelzüngiger Rückgratloser.
»Aber wir möchten, dass Sie noch ein paar Dinge einfügen«, sagt Watkins und runzelt die Stirn.
»Schießen Sie los!«
»Es wäre eine gute Idee, wenn Sie ein paar prominente Unternehmer aus der Region anrufen und in Erfahrung bringen, ob die meisten von ihnen Sicherheitsleute haben. Und es wäre schön zu wissen, ob der Mord an Shel sich auf das Verhalten der Unternehmer auswirkt. Fällt Ihnen noch etwas ein, Tom?«
»Nein, ganz und gar nicht. Ich finde, Ihre Vorschläge sind das Sahnehäubchen.«
Mein persönliches Credo lautet, sich aufgrund der Geschehnisse an der Arbeit nicht allzu toll und nicht allzu mies zu fühlen; es ist für jeden Schwarzen in Amerika gefährlich, sein Glück und sein Selbstwertgefühl von einer von Weißen dominierten Einrichtung abhängig zu machen.
Trotzdem schwebe ich auf Wolken, während ich diverse prominente Geschäftsleute
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