Der Teufel kommt raus: Kriminalroman
wäre meine, doch jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher. Mir wird klar, dass ich Yolanda vor heute Abend noch nie ordentlich gekleidet gesehen habe.
Nach Feierabend so etwas in meiner Junggesellenbude vorzufinden ist seltsam angenehm und unangenehm zugleich. Ich bin daran gewöhnt, meinen Freiraum zu besitzen, und genieße es, meine Ruhe zu haben, wenn ich nach Hause komme. Oftmals gehe ich nicht mal ans Telefon.
Andererseits gibt es Schlechteres, als vom Duft eines selbst gekochten Essens willkommen geheißen zu werden. Und Yolanda so zu sehen ist … Herr, erbarme dich! Hilf mir, Jesus.
Yolanda sieht mich argwöhnisch an, vielleicht weil ich immer noch nichts gesagt habe.
»Das ist, äh, mal was anderes. Eine echte Überraschung. Danke, dass Sie für mich gekocht haben.« Ich halte den Umschlag gegen das Deckenlicht. »Was ist das?«
»Eine Kleinigkeit, um Jamals und meine Kosten für zwei Wochen abzudecken. Wir kommen selbst für uns auf.« Jetzt, da ihrExperiment einen günstigen Verlauf nimmt und ich ihr Geld angenommen habe, wirkt sie langsam entspannter.
Als ich den Umschlag aufreiße, sehe ich ein Heer von Zwanzigdollarscheinen. Achtzehn, um genau zu sein.
»Hey, Sie brauchen wirklich nicht –«
»Das ist kein Problem«, unterbricht mich Yolanda. »Jamal und ich wissen zu schätzen, was Sie für uns tun, aber Almosen wolln wir nicht.« Ein verwirrtes Lächeln zerknittert ihr Gesicht. »Kommen Sie jetzt rein oder was?«
Es stimmt allerdings, ich habe erst fünfzehn Zentimeter zurückgelegt und die Tür noch nicht hinter mir geschlossen.
Unter drei Töpfen auf meinem Herd lodern blaue Flammen, als ich acht Exemplare der Sonntagszeitung auf den Boden plumpsen lasse. Jamal erschreckt sich fast zu Tode, hastet vom Tisch weg und umklammert das Bein seiner Mama. Yolanda streichelt ihm liebevoll über den Kopf und tätschelt zweimal seinen Rücken.
»Warum haben Sie so viele Zeitungen?«
Ich hebe eine auf und deute stolz auf die Balkenüberschrift und meine Verfasserzeile.
»Das ist von Ihnen?« Ungläubigkeit, als ob das nicht wahr sein könnte.
»Erst vor ein paar Stunden damit fertig geworden.«
Bewunderung und Ehrfurcht huschen über ihr Gesicht. »Glückwunsch!«
»Danke. Also was haben Sie denn in meiner Küche gezaubert?«
»Gehen Sie sich die Hände waschen, und wenn Sie zurückkommen, ist alles fertig.« Ein verlegenes Gesicht. »Das kommt ein bisschen spät, aber haben Sie überhaupt Hunger?«
Ich lache nur und verschwinde im Bad. Mein Umgang mit Frauen hat mich gelehrt, dass es in jedem Fall besser ist, Yolandas Essen zu verspeisen, ob ich nun Kohldampf habe oder nicht. Als ich aus dem Bad komme, sind fast alle Lichter in der Wohnung gedimmt, bis auf eine Lampe und ein Licht am Ofen. Yolanda hat einen gegrillten, in Scheiben geschnittenen Lendenbraten mit Pfefferkornsenf und Roter-Zwiebel-Marmelade zubereitet, mitKohl und grünen Bohnen als Beilagen. Allein schon der Duft ist himmlisch.
Da ich mit falschem Hasen oder so was in der Art gerechnet hatte, starre ich sie verwundert an.
»Ich wette, Sie haben geglaubt, ein Mädchen aus dem Ghetto kann so was nicht, hm?«, sagt sie und lacht herzlich. Sehr scharfsinnig. Als ich halbherzig protestieren will, schneidet sie mir das Wort ab. »Essen wir.«
Die Braut hat sogar selbst Brötchen gebacken, die sie jetzt aus dem Ofen zieht und in einen kleinen Weidenkorb kippt, den sie mit einer Stoffserviette zudeckt.
Ich bin mehr als bereit, mich über das Festmahl herzumachen, doch Yolanda rückt sehr systematisch unser aller Essbesteck gerade, vergewissert sich, das Jamals Lätzchen richtig sitzt, und besteht darauf, dass ich das Tischgebet spreche. Ich bin versucht, die Sache abzukürzen (»Gutes Brot, gutes Fleisch, lieber Gott, wir essen gleich«), aber das käme wohl nicht gut an.
Wie ich vermutet habe, kann die Frau super kochen! Ich schlage mir den Bauch mit Lendenbraten voll, bis ich fast platze, und dezimiere die selbstgebackenen Brötchen. Der Wein ist auch nicht schlecht – nach drei Gläsern glühe ich und bin spitz wie Nachbars Lumpi. Auch Yolanda kommt mir nach zwei Gläsern ziemlich locker vor.
Innerhalb einer Stunde haben wir unverbindliches, höfliches Geplauder hinter uns gelassen und sprechen offen und ehrlich über unsere Träume, Ängste und Geheimnisse.
Wie viele Menschen – schwarze und weiße – tappe ich manchmal in die Falle, die Intelligenz eines Bruders oder einer Schwester aufgrund ihrer Sprache zu
Weitere Kostenlose Bücher