Der Teufel kommt raus: Kriminalroman
einfacher Arbeiter zu sein. Erhatte im Leben schon so einiges verbockt, aber die Vorzugsbehandlung von Minderheiten hatte auch zu seinem Pech beigetragen.
»Machen wir’s«, sagte Simmes und war selbst überrascht, wie entschieden die Worte aus seinem Mund kamen.
Die erste mit einer versteckten Sprengladung versehene Mülltonne wurde in einer Gasse hinter einem Reihenhaus in der Broadway Street, nicht weit vom Johns Hopkins Hospital, präpariert. Seit dem Bombenanschlag auf die Instandhaltungswerkstatt der Müllabfuhr am zweiten Juli war eine Woche vergangen. Um drei Uhr morgens brauchte Simmes, während Dillard Schmiere stand, etwa fünfzehn Minuten, um die Bombe vorsichtig zu platzieren, sie mit Zeitungspapier zu verdecken und den Deckel wieder zu schließen.
Später an jenem Morgen sah sich Müllwerker Carl Jenkins mit Simmons’ Werk konfrontiert. Als er in einem Krankenhausbett aus der Narkose erwachte, erinnerte sich Jenkins dunkel daran, eine Mülltonne rangiert zu haben, und danach an nichts mehr. Die Bombe hatte Jenkins um sein Gehör, sein linkes Auge und seinen linken Arm und ein beträchtliches Stück seines rechten Oberschenkels gebracht.
Zu Dillards und Simmes’ perverser Freude war Jenkins zufällig schwarz.
Ein anonymer Anrufer sagte dem
Herald
, dass der Bombenanschlag mit dem Mord an Blumberg und dem Sprengstoffattentat auf die Müllabfuhr in Verbindung stehe. Die Müllabfuhr sei ausgewählt worden, erklärte der Anrufer, weil dort »unwürdigen afrikanischen Primitivlingen permanent Beförderungen auf dem Silbertablett serviert werden«, während verdienstvolle weiße Frauen und Männer benachteiligt würden.
Einen Tag später, am Dienstag, dem zehnten Juli, explodierte hinter einem Reihenhaus in der Orleans Street eine zweite Mülltonnen-Bombe. Müllwerker Ray Connor hatte weniger Glück als Jenkins. Connor kam durch einen Granatsplitter ums Leben, der seinen Kehlkopf durchbohrte und ihm die Halsader durchstach. Zwei von Connors Kollegen mussten wegen Granatsplitterverletzungen,Verbrennungen und Kreislaufversagen ins Krankenhaus eingeliefert werden.
Möglicherweise wegen der Balkenüberschrift, die der erste Anruf hervorgebracht hatte, meldete sich erneut ein anonymer Anrufer mit einer Nachricht beim
Herald
, die der ersten ähnelte. Diese zweite Nachricht wurde auf der Mailbox von Reporter Darryl Billups hinterlassen, der die erste Mülltonnen-Bomben-Story geschrieben hatte.
Das FBI, das »Bureau of Alcohol, Tobacco and Firearms« und die Stadtpolizei starteten eine gemeinsame Suchaktion, um die Bombenleger zu fassen, ein koordinierter Vorstoß, wie man ihn in Baltimore noch nie erlebt hatte.
Bürgermeister Clifford Shaw, der ernst und kompromisslos wirkte, schien auf allen Fernsehkanälen gleichzeitig zu sein. Er setzte eine Belohnung von 150 000 US-Dollar für Informationen aus, die zur Festnahme und Verurteilung der Bombenleger führten. Am nächsten Tag wurde die Summe sogar noch auf 250 000 Dollar erhöht.
Dadurch konnte ein wilder Streik der Arbeiter bei der städtischen Müllabfuhr jedoch nicht abgewendet werden, sodass Baltimore unter stinkenden Bergen nicht abgeholten Mülls begraben wurde, die in der Sommerhitze vor sich hin faulten. Deshalb wurden mit privaten Müllabfuhrunternehmen Notfallregelungen getroffen, damit zumindest strategisch wichtige Einrichtungen wie Krankenhäuser, Orioles Park in Camden Yards, das National Aquarium und HarborPlace bedient wurden.
Doch für Otto Normalverbraucher wie Dillard und Simmes gab es keine Müllabfuhr. Und die Müllwerkergewerkschaft bewegte sich keinen Zentimeter, da ihre Mitglieder berechtigterweise um ihr Leben fürchteten. Stadtbewohner mit Freunden und Verwandten in den umliegenden Bezirken hatten sich angewöhnt, ihren Müll in die Vororte zu karren. Notfallambulanzen waren voll mit Patienten, die ihren Müll verbrannt hatten und dabei von explodierenden Spraydosen verletzt worden waren.
Zu allem Übel kam auch noch ein heißes, feuchtes Wetter-system über Baltimore zum Stillstand. Der entsetzliche Gestankverrottenden Unrats und ein allgegenwärtiger brauner Dunstschleier aus dem Rauch brennenden Abfalls hielten bis auf die abgehärtetsten Zeitgenossen alle in ihren Häusern.
Nachts fuhr die Polizei im Hafen Streife, um die Flotille aus Müllbeuteln einzuschränken, die jeden Morgen auf der Wasseroberfläche schwimmend gefunden wurde. Kakerlaken- und Insektenbefall stiegen stadtweit auf Rekordhöhe, und die Straßen wurden
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