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Der Teufel mit den blonden Haaren

Der Teufel mit den blonden Haaren

Titel: Der Teufel mit den blonden Haaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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wolle nichts mehr mit ihm zu tun haben.“
    „Glaubst du ihr?“ fragte Toni eindringlich.
    „Ich möchte ihr glauben, mein Junge. Ich werde ihr glauben müssen.“
    „Weil du... es war Fahrerflucht, Paps, du hast sie doch angefahren.“
    „Nein, bestimmt nicht. Ich habe nur... verdammt noch mal, es war ein Kognak, vielleicht auch zwei, ganz harmlos, aber im Augenblick wäre es mir peinlich gewesen, und da hat Mutter...“
    „Augenblick, Paps!“ rief Toni. „Einen Augenblick! Es geht also gar nicht um Gaby — es geht um dich, um deinen guten Ruf. Der Herr Verkehrsrichter macht einen Rutscher auf dem Eis, fährt ein Mädchen an und hat getrunken — das ist es also?“
    Die Blässe im Gesicht des Richters wich jener leichten Röte, die seine Familie kannte und fürchtete.
    „Toni, ich verbitte mir diesen Ton.“
    Jeder junge Mensch entdeckt eines Tages, daß seine Eltern keine Götter, sondern auch nur Menschen sind. Manche Kinder sind froh darüber, schließen sich den Eltern noch näher an als bisher, andere wiederum sind enttäuscht, fühlen sich genarrt und werden bockig. Zu dieser Art gehörte Toni.
    „Äh!“ machte er höhnisch. „Der Herr Richter! Paps, ich war oft in deinen Verhandlungen, ich habe oft genug gehört, wie du andere Menschen verdonnert hast. Mein Gott, ich habe dich in solchen Augenblicken nie ganz verstanden, aber ich habe dich bewundert. Und jetzt? Ein Mann, der andere bestraft, trinkt selbst, fährt ein Mädchen an, und er — ausgerechnet er, dieser korrekte und in seinem Umgang so empfindliche Herr Landgerichtsdirektor liest dieses Mädel von der Straße auf, quartiert es bei sich ein — nur damit er nicht zu sagen braucht, daß er auch nur ein Mensch ist. Pfui Teufel!“
    Der Richter blieb ganz ruhig, seine Augen waren fast neugierig auf diesen jungen Mann gerichtet, der sein Sohn war.
    „Ich habe falsch gehandelt“, sagte er sachlich. „Ich hätte sofort die Polizei verständigen sollen. Wenn es nur um mich allein gegangen wäre, ich hätte das bestimmt auch getan. Aber ich hielt es für richtig, auf euch Rücksicht zu nehmen und...“
    Toni sprang auf.
    „Auf uns? Herrgott, bist du denn jetzt noch zu feige, wenigstens vor mir keine Ausflüchte zu suchen? Es hat dir nicht in den Kram gepaßt — so ist es doch? Es wäre dir peinlich gewesen — nicht mehr. Und das ist deine Gerechtigkeit? Und damit hockst du hoch auf deinem Podest wie der liebe Gott und verdammst die anderen — während du bei dir eine Ausnahme machst?“
    Wieder spielte jenes kaum merkbare Lächeln um den Mund des Richters.
    „Als ich so alt war wie du“, sagte er, „würde ich genauso gesprochen haben, und deshalb nehme ich dir deine Worte auch nicht übel. Man hat in deinen Jahren ein gewisses Bild vom Leben, aber je älter man wird, je mehr Erfahrung man bekommt, desto mehr verschiebt sich dieses Bild. Wir Richter sprechen Recht. Aber wir wissen alle, daß wir damit nicht immer Gerechtigkeit praktizieren.“ Sein bisher ernster Ton wurde plötzlich leichter, fast heiter. „Ich bin gerne bereit, mich zu einer anderen Stunde mit dir über diese Fragen sachlich auseinanderzusetzen. Aber vorerst ist dir doch wohl eines klar: deine Gefühle und dein Einsatz für dieses Mädchen entspringen auch nicht nur reiner christlicher Nächstenliebe. Du verbindest damit doch auch einen recht realen und, wie mir scheint, auch ziemlich begreiflichen Grund.“
    Erfahrene Juristen bedienen sich gern dieses Tricks: das Thema wechseln, wenn es geboten erscheint. Und Toni fiel darauf herein.
    „Ja“, gab er kleinlaut zu. „Ich bin ganz verrückt nach ihr, und ich glaube auch, daß sie keine Verbrecherin ist.“
    „Möglich“, sagte Tonis Vater vorsichtig. „Durchaus möglich. Ich werde versuchen, diese Sache morgen zu klären. Bis dahin würde ich dir vorschlagen, alles so laufen zu lassen, wie es nun einmal läuft. Einverstanden?“
    Toni nickte.
    „Einverstanden. Und du meinst also auch, daß Gaby... daß sie es verdient, wenn man sich ihrer annimmt und ihr vielleicht aus einem argen Schlamassel heraushilft?“
    „Möglich“, wiederholte der Richter. Er stand auf. „Und jetzt möchte ich mich rasieren.“
    Er verließ sein Arbeitszimmer, und je länger Toni auf die geschlossene Tür starrte, desto finsterer wurde sein Gesicht.
    ‘reingelegt hat er mich, dachte Toni, glatt ‘reingelegt! Er ist ein... er ist ein Mensch wie alle anderen auch.
    Und als auch er das Zimmer verließ, war er entschlossen, sich

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