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Der Teufel mit den blonden Haaren

Der Teufel mit den blonden Haaren

Titel: Der Teufel mit den blonden Haaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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Walther nun auch wieder nicht, und Paps hat ganz recht, wenn er sagt, daß Walther...
    Sie hielt ihm den Mund zu, ihre Augen funkelten vor Zorn.
    „Noch ein Wort, Toni, ich hau dir eine ‘rein, und dann ist es aus zwischen uns, für immer! Wie kannst du Walther und dieses Mädchen überhaupt in einem Atemzug... dieses Flittchen! Morgen stelle ich Paps vor die Entscheidung: entweder dieses Miststück — oder ich. Für uns beide ist das Haus zu klein. So, und jetzt kannst du meinetwegen hier hocken bleiben, bis Montag früh.“
    Ehe Toni noch einmal etwas zurückgeben konnte, hatte seine Schwester das Zimmer verlassen.
    Mit dieser Auseinandersetzung zwischen Bruder und Schwester begann Gabys Saat zu keinem. Unterschwelliges, bisher von Gewohnheit, Tradition oder Familiensinn überlagert und verborgen, fing an, sich zu regen, kam plötzlich zum Vorschein und gewann Bedeutung.

    *

    Manche Menschen haben sich den Instinkt für den Notausgang bewahrt. Sie suchen ihn unbewußt, sie registrieren sofort, wenn ein Zimmer zwei Türen hat, ein Haus zwei Ausgänge, und sie schaffen sich diesen Notausgang in jeder Lage ihres Lebens.
    Für Gaby war der Mechaniker Franz Reitberger nichts weiter als ein Notausgang. Irgend etwas konnte plötzlich im „Haus Sonneck“ passieren, folglich brauchte man einen Notausgang, einen zweiten Unterschlupf, sicher und leicht zu erreichen.
    Der Franzi war allerdings ein Schürzenjäger, aber er galt im Ort doch als ein braver und fleißiger Bursche. Er wohnte bei seinen Eltern in einem alten Bauernhaus und hatte schon mit dreizehn Jahren gewußt, wie er aus seiner Kammer im ersten Stock über Balkon und Scheunendach unbemerkt das Haus verlassen und betreten konnte.
    Gaby hatte diesen nicht gerade einfachen Umweg in Kauf genommen; denn erstens dachte sie gar nicht daran, die geliehenen dreihundert Mark jemals wieder zurückzugeben, und zweitens rechnete sie sich eiskalt aus, wie nützlich ihr ein völlig verliebter und blinder Franz Reitberger, so nahe dem Haus Sonneck, einmal sein konnte.
    „Hast du was mit dem Sohn?“ fragte der Franzi, der prompt auf Gaby hereingefallen war und glaubte, sie liebe seine derbe Männlichkeit.
    „Keine Spur“, lachte Gaby. „Ich gebe mich doch nicht mit Säuglingen ab.“ Sie hockte mit angezogenen Beinen auf Franzis Couch, der Franzi konnte den Blick nicht von Gabys Beinen losreißen. Gaby schaute verstohlen auf ihre Armbanduhr und überlegte, daß es einen besseren Eindruck machen würde, wenn sie erst morgen früh heimkam, als zu so später Stunde. Eine Ausrede würde ihr sicherlich einfallen. Es blieb ihr also, nach ihrer Meinung, gar nichts anderes übrig, als den Rest dieser Nacht so angenehm wie möglich zu verbringen. Dieser verliebte Bauernlackl bot ihr die Gelegenheit dazu, mehr nicht.
    „Was hast jetzt gedacht?“ fragte der Franzi.
    Gaby schlug die Augen auf und schaute den jungen Mann mit ihrem hingebungsvollsten Blick an.
    „Ich habe Vergleiche gezogen“, sagte sie. „Ich kenne so viele junge Männer, alle reich und aus bestem Haus, Söhne von Professoren, Ärzten und Industriellen — aber jetzt kommt es mir so vor, als wären die alle von innen her morsch. Ich mag dich, Franzi.“
    Der Franzi empfand dies als eine Aufforderung, er rückte näher an Gaby heran, die eigentlich müde war und nichts weiter wollte, als so bald wie möglich ungestört zu schlafen. Deshalb schob sie Franzi ein wenig zurück und sagte:
    „Nein — nicht so. Ich möchte meinen Freund vorher schon erst wirklich kennen, weißt du. Sei lieb und laß mich heute noch in Ruhe, ja?“
    Der Franzi kroch ihr sofort auf den Leim, er hörte in ihren Worten einmal ihre grundsätzliche Bereitschaft, zum zweiten aber gefiel ihm, daß sie nicht gleich ja sagte.
    Und Gaby hatte damit erreicht, was sie wollte: solange ein Mann noch Appetit hat, ist er zu größeren Opfern bereit, als nach dem Essen.

    *

    Toni fand in dieser Nacht keine Ruhe. Er legte sich ins Bett, griff nach einem Buch und las, aber er begriff das Gelesene nicht, weil er ständig lauschte, ob er nicht doch Gaby heimkommen hörte. Einmal war ihm, als höre er Schritte im Schnee, ganz leise Schritte, er sprang sofort aus dem Bett, lief ans Fenster und riß es auf. Vielleicht wagte es Gaby nicht, so spät zu klingeln? Sie sollte sehen, daß in seinem Zimmer noch Licht brannte.
    Aber der Garten lag friedlich in der nächtlichen Stille, irgendwo in weiter Ferne bellte ein Hund, am Himmel glitzerten die

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