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Der Teufel mit den blonden Haaren

Der Teufel mit den blonden Haaren

Titel: Der Teufel mit den blonden Haaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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die für die Urban zuständigen Paragraphen bist du dir sicherlich im klaren. Ich möchte...“
    Der Richter, durch viele Jahre seines Lebens hindurch gewohnt, absolute Autorität und Unfehlbarkeit in einer Person zu sein, versteifte sich.
    „Ich brauche von dir keinerlei Belehrungen, Walther.“
    Der junge Kriminalist nickte gelassen.
    „Das weiß ich. Ich wollte dich auch nicht belehren, sondern umgekehrt: ich wollte dich um eine Belehrung bitten. Ich habe meinen Beruf — genau wie du. Ich bin diesem Beruf verpflichtet — genau wie du. Ich brauche, um den Fall Conega zu einem Abschluß zu bringen, dieses Mädchen. Du hattest sie in deinem Haus aufgenommen, ich weiß nicht, wo sie sich im Augenblick befindet und...“
    „Sie ist noch bei uns.“ Dr. Mercker starrte sekundenlang auf sein volles Weinglas, er hatte noch keinen Schluck getrunken. Endlich hob er den Kopf und schaute Walther voll an. „Was ich dir jetzt zu sagen habe, klingt vielleicht ein wenig theatralisch, aber es entspricht der Wahrheit. Es war mir bisher nie schwergefallen, einen untadeligen Lebenswandel zu führen, es hatte bisher in meinem Leben noch nie eine echte Versuchung gegeben. Ich bekenne mich schuldig, der ersten wirklichen Versuchung erlegen zu sein. Es fing damit an, daß ich am Freitag abend ein Glas Kognak zuviel getrunken hatte und trotzdem mit dem Auto fuhr. Aus der scheinbar harmlosen Angelegenheit entstand eine Lawine, und immer wieder habe ich es versäumt, meine Pflicht zu tun. Ich habe als Mensch und Richter versagt, und ich bin bereit, die Konsequenzen daraus zu ziehen. Ich werde ein Verfahren gegen mich beantragen und aus dem Dienst ausscheiden. Du kannst jetzt mit mir nach Hause fahren und das Mädchen verhaften. Und ich werde es dir nicht verübeln, wenn du daraufhin deine Verlobung mit meiner Tochter auf lösen willst. Mehr habe ich dir nicht zu sagen.“
    Walther zuckte mit den Schultern.
    „Schade“, sagte er. „Ich hatte mehr von dir erwartet.“
    Der Richter blickte ihn unsicher und überrascht an.
    „Mehr? Wie meinst du das? Ich kann doch nicht mehr tun als...“
    „Als dein Leben, deine Karriere und damit schließlich auch deine Familie zu ruinieren — verdammt noch mal, so hart das auch sein mag, das ist Trotz, Eitelkeit! Du willst, daß die Leute sagen: schaut doch mal diesen redlichen Richter an — er hat eine Dummheit gemacht und nun büßt er dafür. Das ist der Egoismus aller Märtyrer, die sich an ihrem Leid noch ein Vergnügen schaffen. Außer Eitelkeit und Sentimentalität auf der einen Seite — auf der anderen die Paragraphen, gibt es aber noch etwas: den gesunden Menschenverstand. Es steht doch jetzt nur zur Debatte, wie wir die Urban erledigen, ohne daß es dir und deiner Familie schadet.“
    „So?“ fragte der Richter. „Sonst nichts? Ich dachte, du wolltest die Verlobung mit Sabine auflösen?“
    Walther nickte.
    „Natürlich. Weil ich sie als völlig unbefangene Zeugin vor Gericht brauche.“
    Der Richter schüttelte leicht den Kopf.
    „Und wie stellst du dir den weiteren Verlauf der Dinge vor?“
    Walther machte eine Handbewegung und lächelte.
    „Darüber möchte ich jetzt nicht sprechen“, erklärte er. „Auch du wirst aussagen müssen, aber du sollst das frei und unbeeinflußt tun können. Würde ich dir jetzt meinen Plan verraten, wärest du befangen. Wann fährst du morgen früh von zu Hause fort?“
    „Kurz vor acht Uhr. Mein erster Termin ist auf neun Uhr angesetzt.“
    „Gut, das genügt mir. Ich bitte dich lediglich darum, das auch wirklich zu tun, damit ich meinen Plan durchführen kann. Einverstanden?“
    Der Richter zögerte. „Ich weiß nicht... ich sollte ..
    Spontan ergriff der junge Mann die Hand des Richters.
    „Bitte“, sagte er eindringlich. „Bitte, vertraue einmal in deinem Leben auch einem anderen. Es wird alles gutgehen.“
    Der Richter überlegte lange, dann nickte er.
    „Gut, du kannst tun, was du für richtig hältst.“

XVI

    Gabriele, Toni und Frau Mercker saßen im Wohnzimmer vor dem Fernseher. Um einundzwanzig Uhr dreißig erhob sich Tonis Mutter.
    „Ich muß noch ein paar Briefe schreiben. Wenn ihr noch etwas zu trinken braucht, es steht…“
    „Schon gut, Mutter“, winkte Toni ab, der es kaum noch erwarten konnte, mit Gaby allein zu sein. „Wann wollte Papa zurück sein?“
    Frau Ingrid überlegte einen Augenblick. Ihr Mann hatte ihr vorhin nur hastig zugeflüstert, daß Walther Scheurich mit ihm sprechen wolle, sie solle das aber auf

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