Der Teufel trägt Prada
hinten, das seine ansehnliche Rückenmuskulatur enthüllte. Vervollständigt wurde das Ensemble durch einen Schlapphut aus Stroh und einen (sehr subtilen, zugegeben!) Hauch Kajal.
»BÜBCHEN, MODE IST NICHT DAZU DA, DEINE SEXUEL-LEN VORLIEBEN AUF T-SHIRTS ZU PROPAGIEREN. NEIN, NEIN, IST SIE NICHT! DU WILLST EIN BISSCHEN HAUT ZEIGEN? SCHARF! DU WILLST EIN BISSCHEN WAS VON DEINEN KNACKIGEN JUGENDLICHEN KURVEN SEHEN LASSEN? SCHARF ! ABER KLAMOTTEN SIND KEINE REKLAMETAFEL FÜR DEINE LIEBLINGSSTELLUNGEN, MEIN FREUND. IST DAS SOWEIT KLAR?«
»Also, Nigel!« James mimte überzeugend den Besiegten, um nicht zu zeigen, wie sehr er Nigels ungeteilte Aufmerksamkeit genoss.
»NIX ›NIGEL‹, SÜSSER. UND JETZT AB MIT DIR ZU JEFFY, SAG IHM, ICH HÄTTE DICH GESCHICKT. ER SOLL DIR DAS NEUE TANK-TOP VON CALVON GEBEN, DAS WIR FÜR DIE AUFNAHMEN IN MIAMI BESTELLT HABEN. DAS, WAS DIESES HINREISSENDE SCHWARZE MODEL TRAGEN SOLL – GOTT, DER KERL IST ZUM ANBEISSEN, WIE EIN SCHOKOCREME-TÖRTCHEN. KSCH, NUN SCHWIRR AB. UND DANN LASS DICH ANSEHEN!«
James flitzte los wie ein frisch aufgezogenes Spielzeughäschen, und Nigel wandte sich der versammelten Damenwelt zu: »WIE STEHT ES MIT IHRER KLEIDERBESTELLUNG?«
»Sie will erst die Modekataloge abwarten«, sagte Emily gelangweilt. »Sie meinte, es hat Zeit, bis sie zurück ist.«
»HAUPTSACHE, IHR SEHT ZU, DASS ICH RECHTZEITIG BESCHEID WEISS, DAMIT ICH FÜR DIESE PARTY ALLES AUF
DIE REIHE KRIEGE!« Er verschwand Richtung Kleiderkammer, wahrscheinlich in der Hoffnung, in der Umkleidekabine noch einen Blick auf James zu erhaschen.
Was die Bestellprozedur für Mirandas neue Garderobe anging, so hatte ich eine Runde davon bereits durchgestanden – keine schöne Erfahrung. Bei den Modenschauen pendelte sie mit dem Skizzenblock in der Hand von einem Laufsteg zum anderen und bereitete damit die Paradevorstellung auf der einzig maßgeblichen Bühne von Runway vor, bei der die New Yorker Gesellschaft erfuhr, was sie in der kommenden Saison zu tragen hatte – und die Mittelschicht Amerikas, was sie gern tragen würde. Damals ahnte ich allerdings noch nicht, dass Miranda den Kreationen auf den Laufstegen nicht zuletzt deshalb so große Aufmerksamkeit widmete, weil sie dort zum ersten Mal zu Gesicht bekam, worin sie selbst sich in den nächsten Monaten hüllen würde.
Ein paar Wochen nach Mirandas Rückkehr ins Büro bekam Emily dann von ihr eine Liste mit den Namen der Designer, deren Kataloge sie interessierten: die üblichen Verdächtigen, die daraufhin zusahen, schleunigst in die Gänge zu kommen – bis zum Zeitpunkt von Mirandas Anfrage waren die Aufnahmen von den Modenschauen häufig noch gar nicht entwickelt, geschweige denn bearbeitet oder zu Musterbüchern zusammengefasst. Derweil stand bei Runway, in Erwartung der Kataloge, die gesamte Belegschaft Gewehr bei Fuß. Allen voran natürlich Nigel, zur allgemeinen Durchsicht und zur Auswahl der für Miranda persönlich bestimmten Outfits. Dazu nach Möglichkeit jemand von der Abteilung für Accessoires, der bei der Zusammenstellung der passenden Schuhe und Taschen behilflich sein sollte, und unter Umständen noch eine extra abgeordnete Moderedakteurin zur allgemeinen Abstimmung – insbesondere wenn größere Posten wie etwa ein Pelzmantel oder ein Abendkleid anstanden. Sobald die diversen Abteilungen alle angeforderten Stücke zu einem überzeugenden Ganzen zusammengefügt hatten, quartierte sich Mirandas Privatschneider für ein
paar Tage in der Redaktion ein, um die notwendigen Änderungen vorzunehmen. Kein Mensch bekam dann mehr irgendetwas geschafft, weil Jeffy die Kleiderkammer komplett ausräumen musste und Miranda sich mit dem Schneider dort ewig und drei Tage verbarrikadierte. Bei der ersten Anprobenrunde kam ich zufällig genau im richtigen Moment vorbei, um Nigel brüllen zu hören: »MIRANDA PRIESTLEY! RUNTER MIT DEM FETZEN, ABER EINSZWEIFI. IN DEM SIEHST DU AUS WIE DIE LETZTE SCHLAMPE. EIN X-BELIEBIGES FLITTCHEN!« Ich klebte förmlich mit dem Ohr an der Tür, die jeden Moment aufgerissen werden konnte, riskierte also buchstäblich Kopf und Kragen, bloß um Zeugin zu sein, wie sie ihn in ihrer unnachahmlich gekonnten Weise zur Schnecke machte – doch ich hörte nichts weiter als eine leise gemurmelte Zustimmung und das Rascheln des Kleides, das sie sich über den Kopf zog.
Nachdem ich mittlerweile schon eine gewisse Zeit bei Miranda diente, schien die Ehre, die neue Garderobe für sie zu bestellen, nunmehr mir zuzufallen.
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