Der Teufel trägt Prada
müssten wir die ganzen Sachen mitnehmen und zu Hause einpacken. Geschenke im Wert von 25 000 Dollar, für die Elias-Clark aufkommt.«
»Wahrscheinlich würde es doppelt so viel kosten, wenn man sich alles schon geschenkverpackt liefern lassen würde?«, überlegte ich laut, in Gedanken noch ganz mit der Hierarchie der Beschenkten beschäftigt.
»Das kann uns doch egal sein«, schnaubte sie. »Glaub mir, das merkst du schon auch noch, dass Geld hier kein Thema ist. Nein, Miranda mag bloß das Geschenkpapier der Lieferfirma nicht. Letztes Jahr haben wir ihnen unser weißes Papier geschickt, aber das hat auch nicht viel genützt. Die Päckchen sehen eben einfach
adretter aus, wenn wir sie selber einwickeln.« Sie machte ein stolzes Gesicht.
Während wir vor uns hin packten, weihte mich Emily in die Geheimnisse meines seltsamen Jobs ein. Kurz vor sechs, als sie mir gerade beschrieb, welchen Kaffee Miranda am liebsten trank – einen großen Milchkaffee mit zwei Stück Rohrzucker -, schleppte eine blonde Modeassistentin atemlos einen Weidenkorb von der Größe eines Kinderwagens herein. Vor Mirandas Bürotür blieb sie stehen, als ob sie befürchtete, der weiche graue Teppichboden könnte sich unter ihren Jimmy Choos in Treibsand verwandeln, wenn sie es wagte, die Schwelle zu übertreten.
»Hallo, Em. Hier sind die Röcke. Tut mir Leid, dass es so lange gedauert hat, aber so kurz vor Thanksgiving sind fast alle wichtigen Leute ausgeflogen. Hoffentlich ist etwas dabei, was ihr gefällt.« Sie warf einen zweifelnden Blick in den Korb, der von Röcken fast überquoll.
Emily musterte sie mit kaum verhohlener Verachtung. »Stell ihn auf meinen Schreibtisch. Die Ausgemusterten schicke ich dann wieder zurück. Und das werden bei deinem Geschmack vermutlich die meisten sein«, schob sie, selbst für mich kaum hörbar, hinterher.
Die Blonde machte ein verwirrtes Gesicht. Sie war vielleicht nicht der Hellsten eine, aber sie machte einen durchaus netten Eindruck. Ich hätte gern gewusst, was Emily gegen sie hatte, aber ich konnte mich nicht aufraffen, sie zu fragen. Es war ein langer Tag gewesen, die neuen Kollegen, die Telefongespräche, dann die Kurierfahrten kreuz und quer durch die Stadt, die vielen Namen und Gesichter, die ich mir einprägen musste.
Emily stemmte die Hände in die Hüften und baute sich vor ihrem Schreibtisch auf. Ich hockte noch auf dem Fußboden, doch selbst aus dieser niederen Stellung heraus konnte ich erkennen, dass der Korb mindestens 25 Röcke in den unterschiedlichsten Stoffen, Farben und Schnitten enthielt. Hatte Miranda
wirklich nicht gesagt, was für einen Rock sie wollte? Hatte sie Emily nicht einmal verraten, ob sie ihn für eine vornehme Abendgesellschaft brauchte, für einen zwanglosen Restaurantbesuch oder bloß, um ihn nach dem Baden über den Bikini zu ziehen? Schwebte ihr ein Jeansstoff vor, oder wäre ihr mit einem Chiffonfähnchen besser gedient? Wie sollten wir erahnen können, was ihr vorschwebte?
Die Antwort auf diese Frage ließ nicht lange auf sich warten. Emily wuchtete den Korb in Mirandas Büro und stellte ihn fast ehrfürchtig ab. Dann breitete sie die Röcke rings um uns auf dem Fußboden aus. Die Auswahl war überwältigend: ein fuchsienroter Häkelrock von Celine, ein perlgrauer Wickelrock von Calvin Klein und ein schwarzer Lederrock, der am Saum mit schwarzen Perlen bestickt war, von Mr. de la Renta persönlich. Rote Röcke, ekrüfarbene Röcke, lavendelblaue Röcke, manche mit Spitze, andere aus Kaschmir. Einige waren lang genug, um elegant die Knöchel zu umspielen, andere so kurz, dass sie eher wie ärmellose Tops aussahen. Ich hielt mir einen wadenlangen, braunen Seidenrock an, der so schmal geschnitten war, dass der Stoff höchstens für eines meiner Beine gereicht hätte. Der nächste, den ich aus dem Stapel zog, ergoss sich als Traum aus Tüll und Chiffon bis auf den Boden und sah so aus, als ob er am liebsten auf einer eleganten Gartenparty in den Südstaaten getragen werden wollte. Ein vorgewaschener Jeansrock war mit dem dazu passenden breiten Ledergürtel geliefert worden, ein anderer bestand aus einem hauchzarten Silbermaterial in Knitteroptik. Ich war überwältigt.
»Steht Miranda besonders auf Röcke?«, fragte ich, nur um überhaupt etwas zu sagen.
»Eigentlich nicht. Sie hat eher einen kleinen Schaltick. Es ist schon fast eine Manie.« Emily vermied den Blickkontakt, als ob sie mir soeben gestanden hätte, höchstpersönlich an Herpes zu leiden.
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