Der Teufel trägt Prada
Modezeitschrift angestellt bin. Bis jetzt ist die Arbeit ziemlich geisttötend. Aber eine Herausforderung ist es trotzdem, weil alles so neu ist.«
Er nickte.
»Ich weiß, es ist ein ›cooler Job‹, aber wie ich da etwas lernen soll, was mir beim New Yorker weiterhilft, kann ich mir nicht vorstellen. Irgendwie traue ich dem Braten nicht so recht. Es ist einfach zu schön, um wahr zu sein. Wahrscheinlich bilde ich mir bloß etwas ein.«
»Das glaube ich nicht, Spätzchen. Du bist nur sensibel. Aber ich muss dir Recht geben, es sieht ganz so aus, als ob du das gro ße Los gezogen hast. Was du in diesem einen Jahr an Erfahrungen sammeln wirst, davon können andere nur träumen. Überleg doch mal! Frisch von der Uni, dein erster Job, und du arbeitest für die wichtigste Frau bei der erfolgreichsten Zeitschrift des größten Zeitschriftenverlags der Welt. Was meinst du, was du da für Einblicke bekommst? Noch dazu von ganz oben. Wenn du die Augen offen hältst und nie vergisst, was im Leben wirklich zählt, wirst du in dem Jahr mehr lernen als die meisten anderen Leute aus dieser Branche in ihrem ganzen Leben.« Er legte sein erstes Wort aus: JUTE.
»Nicht übel«, sagte ich und notierte den Punktestand: Dad – 22, Andrea – 0. Meine Buchstaben sahen nicht sehr vielversprechend aus. Ich hängte ein D, ein E und ein L an sein E und schrieb mir für EDEL mickrige 6 Punkte gut.
»Ich wünsche mir bloß, dass du dich richtig bewährst«, sagte er und ordnete seine Spielsteine neu. »Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr glaube ich, dass große Dinge auf dich zukommen.«
»Hoffentlich hast du Recht, und es bleibt nicht beim Geschenkeeinpacken. Davon habe ich fürs Erste wirklich die Nase voll. Ein bisschen anspruchsvoller könnte der Job ruhig sein.«
»Das kommt noch, Spatz. Du wirst schon sehen. Natürlich hast du momentan den Eindruck, dass man Albernheiten von dir verlangt, aber ich bin überzeugt, dass dies nur der Anfang einer großen Erfolgsstory ist, das hab ich im Gefühl. Ich habe mich nämlich ein bisschen über deine Chefin kundig gemacht. Diese Miranda Priestly ist ein harter Brocken, keine Frage, aber ich könnte mir durchaus vorstellen, dass ihr gut miteinander auskommen werdet.«
Er pfropfte meinem L das Wort WIRBEL auf und machte ein zufriedenes Gesicht.
»Hoffentlich hast du Recht, Dad.«
»Sie ist die Herausgeberin von Runway , der Modezeitschrift«, flüsterte ich eindringlich ins Telefon und kämpfte entschlossen meinen aufkommenden Frust nieder.
»Ach, ich weiß, welche Sie meinen«, sagte Julia aus der Werbeabteilung von Scholastic Books. »Eine tolle Zeitschrift. Am besten finde ich immer die Artikel mit den peinlichen Menstruationsstorys. Sind die Mädchen echt, die diese Sachen erlebt haben? Wissen Sie noch, die eine Geschichte, in der…«
»Nein, nein, nicht die Teenie-Illustrierte. Eine Zeitschrift für erwachsene Frauen.« Zumindest theoretisch. »Sagen Sie bloß, Sie kennen Runway tatsächlich nicht?« Konnte das sein, war das überhaupt denkbar? »Jedenfalls schreibt sie sich P-R-I-E-S-T-L-Y. Miranda, ja«, sagte ich mit einer Engelsgeduld. Ich fragte mich, wie die Genannte reagieren würde, wenn sie wüsste, dass ich jemanden in der Leitung hatte, der noch nie von ihr gehört hatte. Vermutlich nicht gerade entzückt.
»Also dann, herzlichen Dank schon einmal. Es wäre schön, wenn Sie mich so bald wie möglich zurückrufen könnten«, sagte ich zu Julia.
Es war Mitte Dezember, ein Freitagmorgen, nur noch zehn Stunden, dann winkte das Wochenende. Es hatte mich fast übermenschliche Überredungskünste gekostet, Julia von Scholastic Books klarzumachen, dass Miranda Priestly eine extrem wichtige Person war, für die man ruhig einmal die Vorschriften ein bisschen dehnen und die Logik überstrapazieren durfte. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass sich das Gespräch so schwierig gestalten würde. Aber wie hätte ich auch ahnen können, dass die Frau, die ich mit Mirandas einflussreicher Stellung beeindrucken wollte, noch nie von der renommiertesten Modezeitschrift der Welt gehört hatte – von ihrer berühmten Herausgeberin ganz zu schweigen? In den nun vier Wochen als Mirandas Assistentin hatte ich immerhin schon begriffen, dass dieses Imponiergehabe und Um-den-Finger-Wickeln Teil meines Jobs war. Aber normalerweise genügte es, wenn ich nur den Namen meiner Chefin fallen ließ, um meinem Gegenüber alles abzuschwatzen oder abzutrotzen, was ich brauchte.
Es war
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