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Der Teufel trägt Prada

Der Teufel trägt Prada

Titel: Der Teufel trägt Prada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Weisberger
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kann.«
    »Moderedakteurin?«, schnaubte ich. »Ich glaub, du träumst. Versuch es mal mit Modedepp. Willkommen in der Zivilisation.« Ich umarmte sie und hätte sie am liebsten gar nicht mehr losgelassen. Ich hatte es ziemlich schwer genommen, als sie zum Studieren nach Stanford gegangen war und mich als 9-Jährige ganz allein bei meinen Eltern zurückgelassen hatte, und dann war sie auch noch mit ihrem damaligem Freund, ihrem jetzigen Mann, nach Houston gezogen. Houston bedeutete Texas! Nicht nur, dass es dort unerträglich heiß und schwül war und man von Moskitoschwärmen in den Wahnsinn getrieben wurde. Nein, das Schlimmste war, dass sich meine kultivierte, bildschöne gro ße Schwester, die klassizistische Kunst liebte und einen zu Tränen rühren konnte, wenn sie ein Gedicht vortrug, eine texanische Aussprache angewöhnt hatte. Und damit meine ich keinen charmanten Südstaatensingsang, sondern ein derbes Cowboygenöle, das sich ins Trommelfell bohrte. Ich hatte Kyle noch immer nicht ganz verziehen, dass er sie in die texanische Pampa entführt hatte, obwohl er ansonsten kein übler Schwager war – zumindest so lange er den Mund nicht aufmachte.
    »Howdy, Andy-Baby. Du siehst ja noch properer aus als beim letzten Mal. Tät ja zu gerne wissen, was sie euch da bei dieser Runway ins Essen mischen.«

    Am liebsten hätte ich einen Tennisball in den Mund gestopft, aber er lächelte mich so treuherzig an, dass ich zu ihm rüberging und ihn in den Arm nahm. Er klang zwar wie der letzte Hinterwäldler und grinste auch so, aber im Grunde war er ein herzensguter Kerl – und ganz klar noch immer unsterblich in meine Schwester verliebt. Ich schwor mir, nicht zusammenzuzucken, wenn er irgendetwas besonders Texanisches von sich gab. »Am Essen liegt es garantiert nicht. Bei Runway betrachten wir das Essen lediglich als ein notwendiges Übel. Wahrscheinlich mischen sie es uns ins Trinkwasser. Du schaust aber auch nicht schlecht aus, Kyle. Hältst du meine Schwester immer noch bei Laune, in eurem Elendsnest?«
    »Komm uns doch einfach mal besuchen, Baby. Bring deinen Alex mit, gönnt euch eine kleine Luftveränderung. Du wirst sehen, so öde ist es bei uns gar nicht.« Er lächelte erst mich und dann Jill an, die ihm daraufhin sofort liebevoll die Wange tätschelte. Nicht auszuhalten, dieses Geturtel.
    »Er hat Recht, Andy. Houston hat kulturell allerhand zu bieten. Man kann dort wahnsinnig viel unternehmen. Du musst eben öfter mal vorbeikommen. Das geht doch nicht, dass wir uns immer nur bei den Eltern sehen. Und wenn du es in Avon aushältst, hältst du es in Houston gleich zweimal aus.«
    »Andy, du bist ja schon da!«, rief meine Mutter, die gerade aus der Küche kam. »Jay, unsere Karrierefrau aus New York ist eingetroffen. Komm, du musst sie begrüßen. Ich dachte, du rufst vom Bahnhof an, damit wir dich abholen können.«
    »Mrs. Myers hat Erika vom selben Zug abgeholt, da hat sie mich einfach mitgenommen. Wann gibt es was zu futtern? Ich sterbe vor Hunger.«
    »Jetzt gleich. Willst du dich vorher noch frisch machen? Wir warten gern. Du siehst ein bisschen ramponiert aus nach der Fahrt. Es macht uns wirklich nichts aus, wenn wir…«
    »Mutter! Bitte!«
    »Andy! Du siehst fantastisch aus. Komm her, mein Prachtmädel,
und gib deinem alten Vater einen Kuss.« Mein Vater, hoch gewachsen und mit Mitte 50 noch immer eine attraktive Erscheinung, stand lächelnd in der Diele. Als keiner mehr zu uns hinsah, zeigte er mir, dass er ein Scrabble-Spiel hinter dem Rücken versteckt hatte, und flüsterte: »Ich mach dich fertig. Sei gewarnt.«
    Ich grinste und nickte. Entgegen allen Erwartungen freute ich mich auf die nächsten 48 Stunden im trauten Kreise der Familie. Seit meinem Auszug vor vier Jahren war ich nie wieder so gern nach Hause gekommen wie heute. Thanksgiving war mein liebster Feiertag, und dieses Jahr wollte ich ihn nach besten Kräften genießen.
    Wir versammelten uns im Esszimmer und machten uns über die Unmengen von Essen her, die meine Mutter mit dem sicheren Gespür einer traditionsverhafteten Jüdin zum Vorabend von Thanksgiving hatte anliefern lassen. Bagels, Räucherlachs und Frischkäse, Weißfisch und Latkes, von kundiger Hand ansprechend auf Serviertabletts aus Plastik arrangiert, Köstlichkeiten, die nur darauf warteten, auf Pappteller umgeladen und mit Plastikbesteck verspeist zu werden. Meine Mutter lächelte gerührt, als sich ihre Brut hungrig auf das Essen stürzte. Sie sah so stolz aus, als ob

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