Der Teufel trägt Prada
geschmissen, wenn Miranda etwas von mir verlangt hätte, was übers Wochenende erledigt werden musste, aber inzwischen war ich schon so erfahren – und abgebrüht -, dass ich mir ein paar Freiheiten erlaubte. Da Miranda und die Mädchen nicht selbst am Flughafen sein würden, wenn Harry morgen in Paris eintraf, sah ich nicht ein, warum ich ihn persönlich in die Maschine setzen sollte. Ich verließ mich vorläufig darauf, dass Julia mir schon zwei Exemplare rüberwachsen lassen würde, und machte mich daran, die Übergabe zu organisieren. Ein Anruf hier, ein Anruf da, und nach einer Stunde stand der Plan.
Brian, ein Lektoratsassistent bei Scholastic Books, würde, nachdem er von Julia grünes Licht bekommen hatte, am Abend
zwei Verlagsexemplare mit nach Hause nehmen, damit er deswegen nicht extra noch einmal am Samstag ins Büro musste. Er würde die Bücher bei seinem Portier hinterlegen, wo ich sie am nächsten Morgen um elf mit der Limousine würde abholen lassen. Nachdem mir Mirandas Chauffeur Uri die erfolgreiche Übergabe per Handy bestätigt hatte, sollte er die Potters zum Flugplatz Teterboro bringen, wo sie in Mr. Tomlinsons Privatjet verfrachtet werden würden, um den Flug nach Paris anzutreten. Einen Augenblick lang spielte ich mit dem Gedanken, für die einzelnen Etappen dieses Unternehmens einen Geheimcode einzuführen, damit es sich noch mehr nach einer Story aus einem Spionageroman anhörte, aber dann fiel mir wieder ein, dass Uris Englisch nicht gerade das beste war, so dass ich diesen Plan wieder aufgab. Vorher hatte ich natürlich noch überprüft, wie schnell man die Bücher per Eilkurier über den Atlantik schaffen könnte, aber da man mir eine Zustellung vor Montag nicht garantieren konnte, kam diese Alternative keinesfalls in Frage. Deshalb der Privatjet. Wenn alles wie geplant verlief, konnten sich Klein-Cassidy und Klein-Caroline schon am Sonntagmorgen beim Frühstück in der Hotelsuite in Harrys neueste Abenteuer vertiefen – einen ganzen Tag früher als alle ihre Freundinnen. Ach, bei diesem Gedanken konnte einem ganz warm ums Herz werden.
Ich hatte mit den jeweiligen Beteiligten gerade alles Nötige abgesprochen, als das Telefon klingelte. Es war Julia. Obwohl es sie schier übermenschliche Anstrengungen gekostet hatte und sie deswegen bestimmt noch Ärger bekommen würde, hatte sie es geschafft. Sie würde Brian zwei Exemplare für Ms. Priestly aushändigen. Amen.
»Er hat sich verlobt? Das gibt’s einfach nicht«, sagte Lily, während sie das Ferris-Bueller -Video zurückspulte. »Der Typ ist doch noch keine 24. Wozu die verdammte Eile?«
»Stimmt, das kommt mir auch ein bisschen verdächtig vor«,
antwortete ich aus der Küche. »Vielleicht lassen ihn Mom und Dad nicht an sein riesiges Treuhandvermögen, bis er sesshaft geworden ist. Das wäre nun wirklich ein Grund, in den Hafen der Ehe einzulaufen. Oder vielleicht ist er auch nur einsam.«
Lily lachte. »Dass es Liebe ist und er einfach bis ans Ende seiner Tage mit ihr zusammen sein will, kann’s doch nicht sein, oder? Darüber sind wir uns einig?«
»Total einig. Das kann’s nicht sein. Hast du noch eine Erklärung auf Lager?«
»Aber klar. Hier kommt sie, Nummer drei. Er ist schwul. Er hat es eben erst gemerkt – obwohl ich es schon von Anfang an wusste -, und ihm ist klar, dass Mom und Dad den Schock nicht verkraften würden. Deshalb heiratet er die Erstbeste, die ihm über den Weg läuft. Na, was sagst du?«
Als Nächstes stand Casablanca auf unserem Heimkinoprogramm. Während Lily den Film schon mal bis zur ersten Szene vorspulte, machte ich uns in der Miniküche ihrer Miniwohnung zwei Tassen heiße Schokolade in der Mikrowelle heiß. Den ganzen Freitagabend taten wir nichts außer faulenzen, rauchen und zwischendurch einmal Nachschub aus dem Videoverleih holen. Erst am Samstagnachmittag rührten wir uns tatsächlich wieder freiwillig aus dem Haus. Wir fuhren nach SOHO shoppen, gönnten uns neue Tanktops für Lilys Silvesterparty und teilten uns in einem Straßencafé eine Riesentasse Eierflip. Nachdem wir erschöpft und zufrieden wieder in Harlem eingetrudelt waren, schalteten wir den Rest des Abends zwischen Harry und Sally und Saturday Night Live hin und her.
Das Wochenende war so eine Erholung nach dem Wahnsinn und der Quälerei der letzten Wochen, dass ich das Unternehmen Harry Potter total vergaß – bis irgendwann am Sonntag das Telefon klingelte. O Gott, das musste Miranda sein! Doch es war nur Lilys
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