Der Teufel trägt Prada
gar keinen Empfang hatte. Ich war einfach davon ausgegangen, dass es schon klingeln würde, wenn es Probleme gab. Fehler Nummer eins. Ich suchte die ganze Wohnung ab, bis ich tatsächlich eine Stelle ohne Funkloch fand, und wählte mit angehaltenem Atem meine Mailbox an.
Da war Mom mit einem witzigen Spruch, die mir ein schönes Wochenende mit Lily wünschte. Ein Bekannter aus San Francisco war zufällig in der Stadt und wollte etwas mit mir unternehmen. Meine Schwester erinnerte mich daran, ihrem Mann eine Geburtstagskarte zu schicken. Und als ich schon fast glaubte, ich wäre noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen – Miranda, der gefürchtete englische Akzent, der mir ins Ohr dröhnte. »Aan-dreh-aa. Miranda hier. Es ist Sonntagmorgen, neun Uhr, und die Mädchen haben ihre Bücher noch nicht. Rufen Sie mich im Ritz zurück, um mich über die baldige Ankunft zu unterrichten. Das wäre alles.« Klick.
Mir kam die Galle hoch. Wie üblich, kein freundliches Wort. Kein Hallo, auf Wiederhören oder danke. Natürlich nicht. Aber das war nicht das Schlimmste. Das Schlimmste war, dass die Nachricht fast einen halben Tag alt war und ich mich bis jetzt noch nicht bei ihr gemeldet hatte. Ein Kündigungsgrund, das war mir klar. Und ich konnte nichts dagegen machen. Wie ein Amateur hatte ich mich einfach darauf verlassen, dass mein Plan schon aufgehen würde. Mir war noch nicht mal aufgefallen, dass der Anruf von Uri ausgeblieben war, mit dem er mir die erfolgreiche Abholung und Übergabe der Bücher bestätigen sollte. Hektisch ging ich das Telefonverzeichnis des Handys durch und rief ihn an. Miranda hatte ihn natürlich ebenfalls mit einem
Mobiltelefon ausgestattet, damit auch er sieben Tage die Woche rund um die Uhr erreichbar war.
»Hallo, Uri. Andrea hier. Entschuldigen Sie, dass ich Sie an einem Sonntag störe. Nur eine kurze Frage. Haben Sie gestern die Bücher an der angegebenen Adresse abgeholt?«
»Challo, Andy! Was fur eine nette Uberraschung«, brummte er mit seinem warmen russischen Akzent. Er hatte mich vom ersten Tag an Andy genannt, wie ein guter alter Onkel. Bei ihm störte mich das nicht im Geringsten, anders als bei BTB. »Natürlich chabe ich die Bucher abgecholt, wie Sie gesagt chaben. Ich will Ihnen doch chelfen.«
»Aber ja, Uri. Ich habe bloß gerade eine Nachricht von Miranda bekommen, dass sie noch nicht angekommen sind. Nun versuche ich herauszufinden, was passiert ist.«
Er schwieg einen Augenblick, dann gab er mir den Namen und die Telefonnummer des Privatjetpiloten durch.
»Danke, danke, herzlichen Dank!«, sagte ich, während ich hastig mitschrieb. Hoffentlich konnte der Pilot mir weiterhelfen. »Dann muss ihn gleich anrufen. Tut mir Leid, keine Zeit für ein Schwätzchen. Schönes Wochenende noch.«
»Ja, ja, Ihnen auch, Andy. Ich denke, der Pilot kann Ihnen weiterchelfen. Viel Gluck«, sagte er fröhlich und legte auf.
Lily war in der Küche und backte Waffeln. Ich hätte ihr so gern geholfen, aber ich musste erst diese Katastrophe beheben, sonst war ich meinen Job los. Oder vielleicht war ich auch schon längst gefeuert, und es hatte mir bloß noch keiner gesagt. So etwas konnte bei Runway durchaus passieren. Eine Redakteurin war zum Beispiel entlassen worden, während sie auf Hochzeitsreise war. Davon erfahren hatte sie nur, weil sie zufällig auf Bali in der Women’s Wear Daily über die Meldung gestolpert war. Ich rief den Piloten an. O nein, bloß der Anrufbeantworter.
»Hallo, Jonathan. Hier spricht Andrea Sachs von der Zeitschrift Runway . Ich bin Miranda Priestlys Assistentin und hätte eine Frage bezüglich Ihres gestrigen Fluges. Ach, da fällt mir
ein, womöglich sind Sie ja noch in Paris oder auf dem Rückflug. Ich wollte nur mal kurz anfragen, ob das Päckchen – und Sie natürlich auch – heil in Paris angekommen sind. Könnten Sie mich wohl auf dem Handy zurückrufen? Die Nummer ist: 917-555-8702. Möglichst bald, bitte. Danke. Auf Wiederhören.«
Ich überlegte, ob ich im Pariser Ritz anrufen sollte. Vielleicht erinnerte sich ja jemand von der Rezeption daran, ob die Bücher vom Privatflughafen ins Hotel gebracht worden waren. Aber dann fiel mir ein, dass ich mit meinem Handy keine Auslandsgespräche führen konnte. So viele Funktionen, aber die, die ich am dringendsten brauchte, war natürlich nicht dabei. Lily rief, dass in der Küche ein Teller Waffeln und eine Tasse Kaffee auf mich warteten. Ich ging zu ihr rüber, den Blick immer sorgfältig auf die
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