Der Teufel und die Lady
lief ihr ein kalter Schauer über den Rücken. Die Veränderung, die mit ihrem Körper vorging, hatte sie in der letzten Zeit genauso verdrängt wie ihre Gefühle, und sie tat es auch jetzt wieder.
Wo mochte James gerade sein? Vermisste er sie ebenfalls?
Verwirrt und ratlos schlenderte sie weiter durch den Rebengarten, bis sie die Pforte erreichte, durch die man das Klostergelände verließ. Brenna legte die Hand auf die eiserne Klinke und beschloss, in das nahe gelegene verschlafene Dorf zu wandern. Vielleicht brachte sie das auf andere Gedanken. Das Kloster lag ruhig und abgelegen; selbst für eine Frau allein waren hier die Straßen sicher. Später würde sie dann zurückkommen und vielleicht doch noch weitermalen.
Jemand holte sie ein und legte ihr die Hand auf die Schulter.
Bestimmt Alma! Dieses freche Mädchen!
Brenna drehte sich um und wollte ihr sagen, sie sollte schleunigst in die Malstube zurückkehren und die Pinsel reinigen, ehe die Farbe trocknete und die feinen Borsten ruinierte. Stattdessen verschlug es ihr die Sprache.
Es war nicht Alma.
Ihr Vater stand hinter ihr. Er trug eine prachtvolle Cotte und Beinlinge aus feinstem Tuch. Die italienische Sonne hatte seine Haut gebräunt und sein Haar gebleicht. Er sah durchaus gut aus, aber seine Augen glitzerten vor Wut.
„Nathan hat mir gesagt, dass du dich hier verkrochen hast, du ungehorsames Frauenzimmer“, fuhr er sie an.
Ihr wurde das Herz schwer. Warum hasste ihr Vater sie so sehr, dass jedes Gespräch unweigerlich im Streit verlief? „Ich weiß, Ihr wolltet nie, dass ich Nonne werde“, erwiderte sie sanft.
„Du wirst auf Dauer nicht zufrieden sein im Kloster“, prophezeite er hämisch.
Brenna strich unbewusst wieder über ihren Bauch.
„Trotzdem kannst du jetzt nicht fort von hier“, fuhr er fort. „Ich bin gekommen, um dir zu sagen, dass dein Gemahl aus seinem Verlies ausgebrochen ist. Außerhalb des Klosters bist du nirgends in Sicherheit.“
„Aus seinem Verlies?“ Brennas Herz setzte einen Schlag aus.
„Jawohl.“ Er reckte triumphierend die Faust. „Ich habe gehört, dass man ihn gefoltert, ihm die Knochen gebrochen und sein hübsches Gesicht grün und blau geschlagen hat.“
Der Rebengarten verschwamm vor ihren Augen. „M…Montgomery ist in keinem Verlies.“
Seine Augen funkelten diabolisch. Er pflückte ein Weinblatt und zerfetzte es. „Pah, was weißt du schon, dummes Gör.“
Angsterfüllt griff sie nach dem Arm ihres Vaters. Das stimmte doch nicht, das konnte nicht stimmen. „Wovon redet Ihr? Mein Gemahl ist auf Windrose Castle!“
Ihr Vater lachte. „Dein Gemahl …“, er sprach das Wort aus wie einen Fluch, „… hat sich als Verräter erwiesen. Nathan sind unsere Ländereien wieder zugesprochen worden.“
Ihre Knie wurden weich und sie musste sich an der eisernen Pforte festhalten, um nicht aus dem Gleichgewicht zu geraten. „Aber … wie? Warum?“
„Man wirft Montgomery vor, eine Reihe widerwärtiger Miniaturen mit dem Titel ‚Die Mätressen des Königs‘ gemalt zu haben.“
Brenna riss erschrocken die Augen auf, Schuldgefühle drohten sie zu überwältigen. „Nein!“
Ihr Vater lächelte höhnisch. „Gwyneth hat die Miniaturen aus deiner Kammer entwendet und sie gegen Belohnung dem König zukommen lassen. Es ist nicht schwer, beim König Misstrauen zu säen.“
Sie hatte plötzlich das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen.
Sein Gesicht nahm einen siegesgewissen Ausdruck an. „Wenn du von hier fort gehst, ist das dein sicherer Tod. Montgomery wird nach dir suchen.“
„Er glaubt, ich sei längst tot.“
„Mag sein. Aber eine so hässliche Frau wie dich vergisst man nicht so schnell. Durch deine Narbe bleibst du jedem in Erinnerung. Vielleicht spricht es sich ja bis zu ihm herum, dass du noch lebst.“
Brenna richtete sich schmerzerfüllt auf. „Warum seid Ihr erschienen? Um mich zu warnen, wenn Ihr mich doch so sehr hasst?“
Sie hätte schwören können, flüchtig einen zutiefst verletzten Ausdruck an ihm wahrgenommen zu haben, ehe er sich wieder hinter seiner Grausamkeit versteckte. „Weil du dieses Los verdient hast. Genau wie deine Mutter damals.“ Damit drehte er sich um und ging davon.
24. KAPITEL
Brenna sah ihrem Vater fassungslos nach, hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, mehr Einzelheiten zu erfahren, und dem Bedürfnis, ihn zu erschlagen.
Wie furchtbar, dass sie überhaupt je versucht hatte, seine Zuneigung zu gewinnen. Dass sie sich darauf eingelassen hatte,
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