Der Teufel und die Lady
ihr Vater. „Ihr habt mich weggeworfen wie ein Stück Dreck. Dann kamt Ihr um Hilfe bettelnd zu mir zurück, als Ihr merktet, dass Ihr ein Kind erwartetet. Brenna hat mir nichts als Scherereien gemacht, aber ich habe sie großgezogen, wie ich es versprochen hatte.“
Brenna zitterten die Beine. Sie wollte sich die Ohren zuhalten und nichts mehr von dem hören, was ihr Vater sagte – aber sie konnte es nicht.
„Ihr bekommt das Baby nicht“, beharrte die Äbtissin. „Ich werde nicht noch ein Kind weggeben.“
Brennas ganze Welt geriet aus den Fugen. Ihr Vater und die Äbtissin? Das war nicht möglich, das konnte nicht möglich sein. Ihre Mutter war tot, zermürbt von den aufreibenden Pflichten als Herrin einer großen Burg – sie lebte nicht als Äbtissin hier in Italien.
Jedoch hätte das erklärt, warum ihr Vater nur Brenna und nicht ihren anderen Geschwistern gegenüber eine solch seltsame Feindseligkeit an den Tag legte.
Durch den Türspalt sah sie, wie ihr Vater eine Vase vom Tisch nahm. Eine blaue Vase. Er holte aus und schleuderte sie kraftvoll in Richtung Feuerstelle.
Als sie dort lautstark zerschellte, ging das Geräusch Brenna durch Mark und Bein.
Sie verspürte einen brennenden Schmerz auf ihrer Wange, genau dort, wo sich ihre Narbe befand. Unwillkürlich hob sie die Hand zu der Stelle. Da war kein Blut, aber die Narbe brannte wie eine frische Wunde.
Brenna erschauerte. Eine alte Erinnerung drängte sich plötzlich in ihr Bewusstsein. Ihr Vater. Eine zerbrochene Vase. Ihre Narbe.
Das war es! Ihr Vater und die Äbtissin hatten an jenem Tag vor so vielen Jahren gestritten. Er hatte die Vase zerschmettert.
Aber es war doch eigentlich unmöglich, dass sie sich an diesen Zwischenfall erinnern konnte. Sie musste doch noch ein Baby gewesen sein, allenfalls ein ganz kleines Kind, das noch im Krabbelalter war. Vielleicht bildete sie sich das Ganze nur ein?
Doch alle diese Gemälde, auf denen die zerbrochene Vase erschienen war … Brenna war vollkommen verwirrt.
Tief in ihrem Innern jedoch wusste sie, wenn auch nicht woher, dass das, was sie gemalt hatte, eine Erinnerung aus ihrer eigenen Vergangenheit gewesen war. Ihre Wange brannte immer noch, als wäre die Narbe eine Zeugin dessen, was die Wahrheit war.
Sie schloss die Augen, feine Schweißperlen hatten sich auf ihrer Stirn gebildet. Am liebsten wäre sie in ihre Klosterzelle gerannt, um sich dort vor der Wahrheit zu verstecken.
„Ich werde nicht zulassen, dass Ihr Brennas Kind etwas antut“, sagte die Äbtissin mit brüchiger Stimme.
Brenna biss sich auf die Unterlippe, zugleich legte sie schützend die Hände auf ihren Bauch.
Stille. Durch den offenen Spalt sah sie ihren Vater mit geballten Fäusten und einem hämischen Grinsen dastehen. Ihr stockte der Atem, und sie hatte das Gefühl, auf einmal nur noch von hungrigen Wölfen umgeben zu sein. Sollte sie die Tür ganz öffnen? Die beiden zur Rede stellen? Oder lieber weglaufen?
„In diesem Fall“, fuhr ihr Vater fort, „wird es Zeit, dass die Kirchenoberen die Wahrheit erfahren. Glaubt Ihr wirklich, dass Ihr weiterhin Äbtissin bleiben dürft, wenn sie zu hören bekommen, dass Ihr eine Liebschaft mit einem verheirateten Mann hattet, schwanger wurdet, das Kind zur Welt brachtet und Euch vor der Verantwortung dafür drücktet? Glaubt Ihr, Brenna darf weiterhin behütet hier im Kloster bleiben, wenn sie Kenntnis davon bekommen, dass sie der Bastard aus dieser Verbindung ist und dass der König von England sie wegen ihrer Gemälde zum Tode verurteilen will?“
Brennas Knie drohten nachzugeben, in ihrem Kopf drehte sich alles. Sie versuchte tief durchzuatmen, doch es gelang ihr nicht. Was sollte sie bloß tun?
„Seid nicht töricht“, sprach ihr Vater weiter. „Gebt mir das Kind. Ich werde Montgomery damit aus seinem Versteck locken und es dann an eine reiche Familie verkaufen, die sich sehnlichst ein Kind wünscht.“
Ihr Kind verkaufen? Brenna musste sich am Türrahmen festhalten. Er wollte ihr Kind verkaufen ? Zorn überlagerte ihre Verwirrung, und sie erwachte aus ihrem Zustand der Gelähmtheit. So etwas würde sie niemals zulassen. Kinder sollten geliebt, behütet und im Arm gehalten werden. All das, was sie selbst niemals hatte erleben dürfen.
Heiße Tränen stiegen ihr in die Augen, aber sie blinzelte energisch dagegen an. Sie musste jetzt nachdenken, sie durfte sich nicht hilflos ihren Gefühlen überlassen.
Auf einmal war ihr, als hörte sie wieder Montgomerys ruhige,
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