Der Teufel und die Lady
begreife einfach nicht, warum irgendwer Liam umbringen sollte. Du bist der Einzige, der durch seinen Tod einen Vorteil hatte.«
Cullen erstarrte, doch Biddy fügte rasch hinzu: »Aber ich weiß, dass du deinen Vater geliebt hast, Cullen. Du hättest ihn niemals umgebracht. Auch die kleine Maggie hast du gemocht und hättest ihr nie ein Leid zugefügt. Und selbst, wenn ich all das angezweifelt hätte, weiß ich doch mit Gewissheit, dass du deine Evelinde liebst und ihr niemals nach dem Leben trachten würdest.«
Cullen entspannte sich. »Woher wisst Ihr, dass ich Evelinde liebe?«, fragte er.
Biddy lächelte. Es war ein schwaches Lächeln, doch das erste, das sie zeigte, seit Cullen ihr in der oberen Halle begegnet war. »Deine Liebe zu ihr, mein Junge, spricht jedes Mal, wenn du das Mädchen ansiehst, aus deinen Augen.«
Er erwiderte das Lächeln seiner Tante und nickte, kehrte dann aber mit seinen Gedanken zu der Frage zurück, wer hinter Liams und Maggies Tod und den Anschlägen auf Evelinde stecken könnte.
»Glaubst du mir?«, fragte Biddy.
Cullen sah seine Tante fragend an.
»Dass ich Liam und Maggie nicht umgebracht und auch nicht Evelindes Unfälle bewirkt habe, meine ich«, erklärte Biddy. »Ich weiß, dass du dies geargwöhnt hast, bevor du mich auf diesen Ausritt mitgenommen hast, aber glaubst du mir jetzt, dass ich …«
»Ich glaube Euch«, unterbrach Cullen sie, und das stimmte. Er glaubte ihr in der Tat. Biddy war nicht die Art von Frau, die unter normalen Umständen töten konnte. Er mutmaßte auch, dass sie Darach nicht umgebracht hätte, wenn sie sich nach dem Lesen des Briefs Zeit zum Nachdenken genommen hätte. Sie hatte es aus der Wut des Augenblicks heraus getan. Eine solch leidenschaftliche Wut hatte sie wohl kaum im Hinblick auf seinen Vater empfunden, ganz zu schweigen von der kleinen Maggie. Nay, Biddy hatte weder Liam noch seine erste Gattin umgebracht – was bedeutete, dass noch immer ein Mörder auf Donnachaidh herumstrolchte und versuchte, Cullen zum Witwer zu machen.
»Kommt«, sagte er und wendete sein Pferd. Mit einem Mal überkam ihn der Drang, zurückzureiten und ein Auge auf seine Gemahlin zu haben, um sicherzustellen, dass ihr kein Leid widerfuhr. Zwar hatte er einen Teil des Rätsels um die vergangenen Ereignisse gelöst und eine Täterin gefunden, doch gab es noch einen weiteren Mörder, der weit gefährlicher war.
»Warte, Neffe.«
Der feste Tonfall ließ Cullen sein Pferd anhalten und sich umsehen. Biddy sah ihn ernst an. »Was wirst du nun mit mir tun?«, fragte sie.
Cullen zögerte und verzog unwillig den Mund. Er hätte seiner Tante gerne gesagt, dass er gar nichts tun werde und dass sein Onkel Darach nur die eigene Saat geerntet habe, aber als Laird stand er in der Verantwortung, Recht walten zu lassen. Allerdings war er nicht sicher, ob er dies in diesem Fall konnte.
»Ich weiß es nicht«, gestand er schließlich. »Ich muss darüber nachdenken.«
Biddy blickte ihn eine Weile schweigend an, nickte dann und trieb ihr Pferd an.
»Du bist ein guter Laird«, sagte sie leise, als sie an ihm vorbei auf die Burg zuritt. »Du wirst das Richtige tun, und ich werde deine Entscheidung akzeptieren. Um die Wahrheit zu sagen, wird es eine Erleichterung für mich sein, endlich für das bestraft zu werden, was ich getan habe.«
Cullen blieb während des gesamten Rückwegs stumm, doch im Stillen sagte er sich, dass Biddy sich in den vergangenen siebzehn Jahren für das Verbrechen an ihrem Gemahl wohl schon zur Genüge selbst bestraft hatte. Sie hatte sich von allen Menschen zurückgezogen, die ihr lieb und teuer waren, hatte sich selbst in die Küche verbannt und sich alle Annehmlichkeiten versagt, die ihr zugestanden hätten. Es war Cullen durchaus nicht entgangen, dass Biddys Schlafgemach klein und eng war und seine Tante all ihre kostbaren Betttücher und Kissen schon vor langer Zeit weggeräumt hatte und auf einem schmalen, harten Bett schlief, das in einer Kammer stand, die so karg wie eine Mönchszelle war. Nur selten erwarb sie Stoff, um sich neue Kleider anzufertigen, und wenn sie es doch einmal tat, dann kaufte sie nie die wertvolleren Tuche, sondern Material, das so rau und minderwertig war, dass eine Dame von ihrem Stand es gerade noch tragen konnte, ohne ihre Familie zu beschämen.
Aye, dachte Cullen, wahrscheinlich würde es eine Erleichterung für Biddy sein, bestraft zu werden. Dann konnte sie wenigstens aufhören, es selbst zu tun. Wenn nur nicht er
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