Der Teufel und die Lady
hatte, weil diese angeordnet hatte, es zu entfernen und zu zerstören? Und mit dem Porträt ihres Vaters, das nach dessen Tod aus demselben Grunde in Evelindes Kammer Zuflucht gefunden hatte …?
Es gab so vieles, was sie nicht zurücklassen wollte. Mildrede aber war das Wichtigste. Und Evelinde hatte gehofft, mit ihrem Gemahl darüber zu reden, dass sie womöglich auch Mac mitnehmen könnten. Er war Schotte und hätte nach Donnachaidh gepasst, und sie hatte ein ungutes Gefühl dabei, ihn bei Edda zurückzulassen. Die Frau würde ihr Mütchen künftig an jemand anderem kühlen wollen, nun, da Evelinde nicht länger da war, um sich schikanieren zu lassen. Es war anzunehmen, dass Mac ihr nächstes Opfer werden würde.
Stattdessen aber hatte Evelinde nichts von alldem. Nicht einmal einen kleinen Beutel mit etwas Wäsche zum Wechseln hatte sie, soweit sie wusste. Sie ging, erkannte sie, einem neuen Leben entgegen und besaß nichts außer den Kleidern, die sie am Leibe trug. Evelinde spürte, wie Angst und Beklemmung sie in Besitz nahmen.
Es war das, was alle Mädchen erwartete, wenn diese ins heiratsfähige Alter kamen, und tatsächlich hatte Evelinde noch Glück gehabt, weil sie dieses Los nicht schon in viel jüngeren Jahren ereilt hatte, wie es bei den meisten anderen der Fall war. Fast wäre es allerdings so gekommen, wenn das Schicksal nicht eingegriffen hätte. Der Bräutigam, dem sie eigentlich versprochen war, war im Alter von zwölf Jahren ertrunken. Ehe ihr Vater noch einen anderen für Evelinde finden konnte, war ihre Mutter erkrankt, und ihr Vater war vollkommen von seiner Sorge um sie beansprucht gewesen. Nachdem Margaret d’Aumesbery verschieden war, hatte Evelindes Vater es immer wieder hinausgezögert, seine Tochter zu verloben, weil er sie in seiner Nähe haben wollte, nun da ihm die Gemahlin genommen worden war – die er zwar nicht gekannt hatte, als er sie heiratete, für die er aber bald schon Liebe empfunden hatte. Schließlich hatte er doch damit begonnen, sich nach einem Ehemann für Evelinde umzusehen, aber dann hatte ihn das Brustleiden dahingerafft.
Doch obwohl Evelinde älter war als die meisten Mädchen, wenn diese ein neues Leben mit ihrem Gemahl weit weg von ihrem vertrauten Heim begannen, fand sie es nicht leichter. Ihr Gatte war ein vollkommen Fremder für sie, und ihr neues Zuhause war ein ferner Ort, über den sie nichts wusste. Das alles ängstigte sie.
Noch etwas, angesichts dessen sie sich zusammenreißen und das sie würde ertragen müssen, sagte sie sich. Von solcherlei Dingen schien es im Leben einer Frau jede Menge zu geben. Sie erkannte, dass sie durch diese Gedanken nur Wehmut schürte und sich elend fühlte. Also beschloss Evelinde, stattdessen die Augen zu schließen und zu schlafen. Derzeit konnte sie kaum etwas anderes tun.
5. KAPITEL
»Wir sind zu Hause.«
Evelinde öffnete die Augen und schaute zu ihrem Gemahl auf. Dann setzte sie sich in seinem Schoß ein wenig aufrechter hin und folgte seinem Blick zu der düsteren Burganlage, die vor ihnen in der Dunkelheit aufragte. Sofort stieg Beklemmung in ihr auf.
Donnachaidh Castle, so beschied Evelinde, als Cullen sein Pferd den Hügel hinauf auf das Burgtor zu lenkte, war wahrlich eine finstere, trostlose Festung, derzeit in den dunklen Mantel der Nacht gehüllt. Evelinde lehnte sich gegen Cullens Brust und rieb sich das Gesicht, um die Müdigkeit zu vertreiben. Während der dreitägigen Reise war sie immer wieder eingeschlafen. Nicht wegen Mildredes Elixier, sondern weil der Ritt lang und ereignislos und scheinbar endlos gewesen war. Zum ersten Mal aufgewacht war sie am Morgen, nachdem sie d’Aumesbery verlassen hatten. Sie war aus dem Schlaf hochgefahren und hatte festgestellt, dass die Wirkung des Elixiers so gut wie abgeklungen war. Dies stellte Evelinde nicht ohne Erleichterung fest, denn was sie geweckt hatte, war der starke Drang, einem natürlichen Bedürfnis nachzukommen. Wäre es nicht beschämend gewesen, wenn sie noch immer keine Kraft in ihren Gliedern gehabt hätte?
Cullen hatte nur eben lange genug gehalten, damit Evelinde sich erleichtern konnte, und sie dann eilig wieder zu seinem Pferd geführt. Er hatte sie in den Sattel gehoben, war hinter ihr aufgestiegen, und schon waren sie wieder auf dem Weg gewesen. Kurz darauf hatte Cullen einen Apfel, etwas Käse und Brot aus einem Beutel geholt, der am Sattel hing, und Evelinde angeboten. Da ging ihr auf, dass sie nur anhalten würden, wenn jemand
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