Der Teufel und die Lady
Euch.« Evelinde stand auf, legte Biddy dankbar die Hand auf die Schulter und wandte sich zum Gehen.
In der großen Halle ließ sie ihren Blick umherschweifen. Für einen Wohnturm, in dem vor allem Frauen das Regiment führten, war er sehr karg ausgestattet. Es gab wenig, das nicht unbedingt notwendig war. In der Mitte standen Tische, die zu einer kantigen Hufeisenform zusammengerückt waren, und vor dem Kamin fanden sich zwei Stühle, doch beide waren klotzig und hatten keine Kissen. Sie wirkten nicht gerade einladend. Und damit erschöpfte sich die Einrichtung der großen Halle. Zwar war der Boden mit Binsen bestreut, doch die Wände waren nicht mit Teppichen verziert, ja nicht einmal gekalkt, stellte Evelinde stirnrunzelnd fest. Sie fragte sich, ob Cullens erster Ehefrau es tatsächlich so gefallen hatte oder ob die Halle gemütlicher ausgesehen hatte, als sie noch lebte, und erst später so verkommen war.
Der Anblick der kahlen Wände erinnerte Evelinde an die beiden Wandbehänge, die sie zurückgelassen hatte. Ihr Vater hatte sie nach der Hochzeit für ihre Mutter gekauft. Auf dem ersten waren Adam und Eva im Garten Eden zu sehen, und auf dem zweiten waren ein Einhorn und eine Dame abgebildet. Beide hatten bis zu Eddas Ankunft in der großen Halle von d’Aumesbery gehangen. Als Edda aber erfahren hatte, dass sie Geschenke an die erste Gemahlin ihres Mannes gewesen waren, hatte sie darauf bestanden, sie zu entfernen. So war sie mit allem verfahren, was an die erste Lady d’Aumesbery gemahnt hatte.
Evelindes Vater hatte Edda nicht widersprochen. Er hatte einfach angeordnet, dass man die Wandteppiche zusammenrollen und verstauen solle. Zu Evelinde hatte er gesagt, dass sie die Behänge mitnehmen könne, wenn sie heirate und in ihr neues Heim ziehe.
Es war eine Schande, dass sie diese nicht hatte mitbringen können, dachte Evelinde traurig. Sie hätten sich gut an der Wand hier gemacht und den Ort ein wenig aufgehellt. Ebenso wie die Kissen, die sie eines Abends mit ihrer Mutter zusammen genäht hatte. Sie hätten die Stühle am Feuer etwas anheimelnder gemacht. Und dann war da noch …
Evelinde riss sich aus den Gedanken, denn sie wusste, dass es sinnlos war, sich nach Dingen zu sehnen, die sie nun einmal nicht haben konnte.
Zumindest Kissen würde sie selbst nähen können, sagte sie sich, während sie durch das Portal des Wohnturms nach draußen auf die Treppe trat, die in den Hof hinunterführte. Einen Wandteppich dagegen konnte sie natürlich nicht selbst anfertigen. Für etwas derart Aufwendiges hatte sie weder die Gabe noch die Zeit, ganz abgesehen von dem dafür notwendigen Webstuhl. Weber, die Wandbehänge fertigten, waren durchweg Männer, und schon für ein Stück Teppich von nur zwölf mal zwölf Zoll mussten zwei Männer zwei Monate lang arbeiten. Deshalb waren diese Stoffe so kostspielig, und eben deshalb war es auch eine solche Schande, dass Evelindes Gemahl es ihr nicht ermöglicht hatte, die Wandbehänge wie auch die übrigen Dinge von d’Aumesbery mit nach Donnachaidh zu nehmen.
Mit finsterer Miene raffte Evelinde den Rock des ausladenden blauen Kleids und stieg die Treppe hinunter, wobei sie diese Sorge im Geiste zu den anderen kleinen Ärgernissen schob, die sie ihrem frisch angetrauten Gemahl bislang zu verdanken hatte. Es schien, als häuften sich diese in ihrem Kopf zu einem ansehnlichen Stapel auf. Nun waren sie gerade einmal drei Tage verheiratet, und schon hatte Evelinde eine umfangreiche Liste an Dingen zusammengestellt, die sie Cullen vorzuhalten hatte.
Am Fuße der Treppe angelangt, ließ Evelinde den Blick über den Hof wandern. Dieser lag fast ebenso verlassen da wie die große Halle, nur hier und da gingen ein paar Frauen ihren Aufgaben nach. Hätte Evelinde sich nicht mit Biddy unterhalten, dann hätte sie sich wahrscheinlich darüber gewundert, aber dank Cullens Tante wusste sie, wo sie die Männer finden würde. Auf der Weide.
Sie entsann sich, in welcher Richtung Fergus in der vergangenen Nacht mit den Pferden verschwunden war, und da sie annahm, dass sich die Koppel in der Nähe der Ställe befinden musste, wandte sie sich dorthin, überzeugt, dass die Weide leicht zu finden sei. Sie musste lediglich nach Männern Ausschau halten und ihren Stimmen folgen. Ihrer Erfahrung nach neigten Männer dazu, laut und ein wenig rauflustig zu werden, wenn sie »feierten«, und sie zweifelte nicht daran, dass sie die Bande schon von Weitem hören würde.
Als Evelinde an den
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