Der Teufel und die Lady
können. Zumeist hatte Evelinde allerdings über Mildrede und Mac gesprochen. Sie vermisste beide fürchterlich und sagte dies auch bei jeder sich bietenden Gelegenheit.
Als Antwort auf all dies hatte Cullen nur gebrummt.
Er war nicht einmal auf ihre Frage eingegangen, welche Pflichten er denn für sie vorgesehen habe, nun, da sie auf Donnachaidh war. Als ihr das übliche entmutigende Schweigen entgegenschlug, hatte sie diese Frage fallen gelassen und stattdessen ihr Biddy gegebenes Versprechen eingelöst und ihn gefragt, ob er nicht ein paar der Männer abkommandieren könne, damit sie den Frauen bei den schwereren Arbeiten in der Küche zur Hand gingen. Doch alles, was Evelinde für ihr Bemühen erntete, war ein Blick, der besagte, dass ja wohl schon allein die Vorstellung närrisch sei.
Wäre nicht der Umstand gewesen, dass Evelinde beobachtet hatte, wie Cullens Lippen sich im Gespräch mit anderen bewegten, dann hätte sie denken können, dass er gar nicht in der Lage sei, ganze Sätze zu bilden. Doch sie hatte es gesehen, und nun nahm Evelinde an, dass er in Wahrheit einfach keine Lust hatte, mit ihr zu sprechen. Sie war fast so weit, zu glauben, dass er es bedauere, sie geheiratet zu haben. Nicht dass Cullen etwa gemein oder gewalttätig gewesen wäre, doch seitdem sie ihre Ehe besiegelt hatten, hatte er sie nicht mehr angerührt. Es schien so, als habe Cullen das, was für Evelinde ein wunderschönes, aufregendes und bahnbrechendes Ereignis gewesen war, nicht einmal ansatzweise genossen. Warum sonst hatte er dieses Erlebnis nicht wiederholt?
Dies war die Frage, die Evelinde regelmäßig heimsuchte, wenn sie nachts im Dunkeln neben ihm lag und seinem Atem lauschte: Warum nur rührte er sie nicht mehr an?
Evelinde fühlte sich erbärmlich. Sie vermisste Mildrede und Mac, kam sich bar jeden Beistands vor, litt in ihrem neuen Zuhause an Einsamkeit und konnte sich bei alldem nicht einmal mit den Küssen und Liebkosungen ihres Mannes trösten. Stattdessen blies sie den ganzen Tag über Trübsal, lag nachts schlaflos im Bett und spürte, wie ihr die Tränen über die Wangen rannen angesichts der Vorstellung, dass dies von jetzt an ihr Leben sein würde: ein schweigsamer, liebloser Gemahl und nicht ein Freund an der Seite, mit dem sie reden konnte.
Nun, natürlich war da Biddy, ermahnte sich Evelinde. Doch Cullens Tante war immerzu beschäftigt, wirbelte in der Küche umher, gab Anweisungen, zerlegte Hühnchen oder tat irgendetwas anderes. Evelinde störte sie nur ungern, solange sie voll und ganz darin aufging, die Köchin von Donnachaidh zu vertreten, und daher vermied sie es, ihr allzu sehr zuzusetzen. Was dazu führte, dass sie sich zunehmend verlorener fühlte, bis sie sich vergangene Nacht gar einen Moment lang gewünscht hatte, zurück auf d’Aumesbery zu sein. Zwar konnte einem Edda das Leben vergällen, doch zumindest hatte Evelinde dort Menschen, mit denen sie reden konnte. Und während der seltenen Gelegenheiten, in denen sie sich von der Burg hatte fortstehlen können, um Lady zu reiten oder einfach auf der Lichtung zu sitzen, hatte sie in sich Frieden und sogar ein gewisses Maß an Freude verspürt – Dinge, die sie auf Donnachaidh, wie sie fürchtete, niemals finden würde.
Ja, es hatte sich herausgestellt, dass das Eheleben doch nicht so großartig war, wie sie noch am Tag nach ihrer Ankunft hier geglaubt hatte. Evelinde seufzte, als sie feststellte, dass sie die letzten Nadelstiche schief gesetzt hatte. Sie schnitt eine Grimasse und trennte die Naht wieder auf. Nichts schien ihr mehr zu gelingen. Zumindest war keiner Sache, an der sie sich auf Donnachaidh versucht hatte, bislang Erfolg beschieden gewesen. Sie hatte ihren Gemahl nicht zum Reden bewegen können, bekam nicht einmal eine gerade Naht hin und schaffte es nicht, auch nur das Geringste darüber in Erfahrung zu bringen, warum Cullens Onkel, Vater und erste Ehefrau umgebracht worden sein könnten.
Beim Gedanken an diese Angelegenheit seufzte Evelinde erneut. Wann immer sie in den letzten Tagen nicht gerade bemüht gewesen war, ihrem Laird einen verständlichen Laut zu entlocken oder ihren Pflichten als Lady Donnachaidh nachzukommen, hatte sie ihre Zeit damit verbracht, mehr über die drei Todesfälle herauszufinden.
Eigentlich hatte Evelinde lediglich Fragen gestellt. Sie hatte bei Cullens Tante angefangen und versucht, ungezwungen zu klingen, doch Biddy hatte den Braten gerochen. »Lasst die Sache ruhen«, hatte sie Evelinde geraten.
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