Der Teufel und die Lady
nachdem er seine Untersuchung beendet und sich aufgerichtet hatte. Besorgt studierte er Evelindes Gesicht. »Geht es Euch gut?«
»Ja, mir …«, setzte sie an, aber Mildrede unterbrach sie.
»Natürlich geht es ihr nicht gut!«, blaffte die Magd. »Sie ist nämlich gerade diese verwünschte Treppe hinuntergestürzt.«
Mildrede drängte ihn aus dem Weg, um Evelinde selbst noch einmal in Augenschein zu nehmen. Cullen hatte vor allem Arme und Beine auf Knochenbrüche hin untersucht, wohingegen Mildrede Evelindes Bauch befühlte, ihre Herrin dann dazu bewegte, sich aufzurichten, und auch ihren Rücken abtastete.
»Ehrlich, mir geht es gut, Mildrede«, murmelte Evelinde und versuchte, die Magd abzuwehren.
Diese jedoch presste nur die Lippen zusammen. »Es geht Euch nicht gut«, entgegnete sie dann. »Ihr werdet grün und blau werden – wieder einmal«, betonte Mildrede mit einem wütenden Blick auf Cullen, den sie offenbar für diesen jüngsten Unfall verantwortlich machte.
»Was ist denn nun schon wieder passiert?«, fragte eine Stimme verdrossen.
Evelinde wandte sich um und sah Fergus, dicht gefolgt von Tavis.
»Sie ist die Treppe hinuntergefallen«, knurrte Cullen. Sein Tonfall sorgte dafür, dass Evelinde sich wieder ihm zuwandte. So wie er sie anfunkelte, schien er tatsächlich sie für die Sache verantwortlich zu machen, dachte sie gereizt.
»War sie schon immer so ungeschickt?«
Evelinde fuhr herum und bedachte Tavis, von dem diese – wenngleich spöttisch gemeinte – Frage kam, mit einem zornigen Blick. Er grinste sie nur mit einem vergnügten Funkeln in den Augen an.
»Keineswegs, Mylord!«, fuhr Mildrede ihn an. Offenbar war sie ebenso wenig zu Späßen aufgelegt wie Evelinde. »Tatsächlich ist es so, dass sie kaum je in Bedrängnis geraten ist – zumindest bis zu dem Tag, an dem Euer Laird auf d’Aumesbery erschienen ist. Aber dies ist ja schließlich nicht der erste Unfall, der sich in seiner Gegenwart ereignet hat.«
Evelinde riss erschrocken die Augen auf, als ihr aufging, dass Biddy Mildrede erzählt haben musste, wie Cullens Vater, Onkel und erste Ehefrau zu Tode gekommen waren. Auf d’Aumesbery hatte man nur gehört, dass Cullen seine Verwandten umgebracht haben sollte, nicht aber, dass die Todesfälle auf verdächtig anmutende Unfälle zurückzuführen waren. Das hatte Evelinde erst hier auf Donnachaidh erfahren. Sie blickte zu ihrem Gatten hinüber, um zu sehen, wie er die Worte aufnahm, doch seine Miene gab wie üblich nichts preis.
»Willst du damit etwa sagen, dass unser Laird etwas damit zu tun hat?«, verlangte Fergus zu wissen. Er schob Tavis mit dem Ellenbogen beiseite, um die Magd mit einem erbosten Blick zu bedenken.
»Mildrede«, sagte Evelinde warnend, als die Magd gerade zu einer Erwiderung ansetzte.
Mildrede zögerte, schluckte ihre Bemerkung dann aber herunter. Evelinde wollte gerade erleichtert aufatmen, als Cullen sie plötzlich aufhob und zur Treppe trug.
»Was tut Ihr da?«, fragte Evelinde missbilligend.
»Euch ins Schlafgemach bringen, damit Ihr Euch ausruhen könnt«, erklärte er.
»Ich muss mich nicht ausruhen, Mylord«, entgegnete Evelinde. »Es geht mir hervorragend. Ich habe mir dieses Mal nichts getan, ich konnte mir nämlich selbst helfen«, betonte sie, wobei sie die Schmerzen im Arm missachtete, die sie sich dabei eingehandelt hatte. Verglichen mit dem, was hätte passieren können, war ein leichtes Ziehen zu verkraften.
»Ich werde Euch Met bringen und einen stärkenden Trank bereiten«, verkündete Mildrede und verschwand in Richtung Küche.
»Wirklich, mein Gemahl«, sagte Evelinde ungeduldig. »Mir geht es gut.«
»Nein, tut es nicht«, erwiderte dieser. »Ihr habt Euch beinahe den Hals gebrochen, und deshalb werdet Ihr Eurem Körper nun Ruhe gönnen, damit Ihr Euch erholen könnt.«
Evelinde wollte etwas entgegnen, doch da waren sie schon am oberen Treppenabsatz angelangt. »Seid vorsichtig«, warnte sie Cullen statt einer gereizten Erwiderung. »Kurz vor der Treppe bin ich über irgendetwas gestolpert.«
Er blieb stehen und sah Evelinde im Halbdunkel an, und sie nickte bestätigend.
»Das hat mich zu Fall gebracht«, erklärte sie.
Cullen begegnete stumm ihrem Blick, und für einen Moment dachte Evelinde, er glaube ihr nicht, doch dann wandte er sich zur Treppe um. »Bringt mir eine Fackel«, rief er nach unten.
Es dauerte nicht lange, da erschien Tavis mit dem gewünschten Licht. Auf Cullens Geste hin schritt er an ihnen vorbei und
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