Der Teufel und die Lady
würde etwas in den Baum einschlagen«, erklärte sie.
Als sie sah, wie Cullen seine Augenbrauen zusammenzog, setzte sie schnell hinzu: »Es war bestimmt nur ein Zweig oder ein Vogelnest, das im Fall gegen den Baum geschlagen ist. Durch mein Klettern habe ich die Äste ziemlich schwanken lassen.«
Seine Züge entspannten sich jedoch nicht.
»Jedenfalls«, fuhr Evelinde fort, »habe ich unwillkürlich den Zweig losgelassen, an dem ich mich festhielt, um mich umdrehen und sehen zu können, was ich da gehört hatte. In dem Augenblick brach der Ast, auf dem ich stand, und ich griff verzweifelt nach etwas, an dem ich mich festhalten konnte. Als ich Halt gefunden hatte und aufblickte, um zu sehen, an was ich mich da klammerte, entdeckte ich, dass es ein Pfeil war.« Wieder zog sie die Schultern hoch. Dann lächelte sie verschämt. »Ich weiß, es ist lächerlich, aber in diesem Moment habe ich gedacht, dass dieser Pfeil vielleicht das Sirren verursacht hatte, das ich gehört hatte.«
Ihr Gemahl sah immer noch nachdenklich und ernst aus. Evelinde schaute ihn beunruhigt an. Ernst wirkte er stets, doch dies hier war anders und verstörte sie. Sie fand, dass es an der Zeit war, einen anderen Gesprächsstoff aufzugreifen, und wählte den erstbesten, der ihr in den Kopf kam.
»Liebster Gemahl, was haltet Ihr davon, in der oberen Halle tagsüber Fackeln anzuzünden?«, fragte Evelinde. »Der Raum hat keine Fenster und ist sehr dunkel.«
Cullen zuckte nur die Achseln. »So war es immer schon«, sagte er abwesend. »Ihr werdet Euch daran gewöhnen.«
Evelinde sah ihn aus schmalen Augen ungehalten an, doch ehe sie zu einer Bemerkung ansetzen konnte, schob Cullen sie plötzlich behutsam von seiner Brust und stieg aus dem Bett.
»Wo wollt Ihr hin?«, erkundigte sich Evelinde. Sie richtete sich ebenfalls auf und sah ihm beim Ankleiden zu.
»Es ist mitten am Tag, und ich habe viel zu erledigen«, erklärte er.
»Aber …« Evelinde blickte zum Fenster und sah, dass die Sonne ihren höchsten Punkt erreicht hatte. Es war in der Tat Mittag. »Was ist mit unserem geplanten Mahl auf der Lichtung?«
Cullen zögerte kurz, schüttelte dann aber den Kopf und fuhr fort, sich anzuziehen. »Das wird warten müssen. Ich habe heute schon genug Zeit vergeudet.«
»Vergeudet?«, rief Evelinde entrüstet, glitt aus dem Bett und eilte ihrem Gemahl nach. »Aber ich würde gern über einige Dinge mit Euch reden.«
Er hielt an der Tür inne, wandte sich um und sah sie an, wobei er jedoch kaum wahrzunehmen schien, dass sie gänzlich entblößt vor ihm stand. »Worüber?«, fragte er ungeduldig.
Nun, da sie reden sollte, geriet Evelinde ins Stocken, doch als Cullen sich daraufhin zur Tür wandte, kamen ihr die Worte doch. »Über die Fackeln für die Halle«, platzte sie heraus. »Und darüber, dass einige Männer den Frauen bei den schwereren Arbeiten auf der Burg zur Hand gehen sollten. Und was für Pflichten habe ich denn nun überhaupt hier?«
»Über die Fackeln haben wir schon gesprochen«, wandte Cullen ein. »Die sind nicht notwendig. Und warum besteht Ihr immerzu darauf, dass Ihr Männer für die Arbeit bräuchtet?«
Evelinde ließ das Thema Fackeln ruhen, um wegen der Hilfe für die Frauen nachzuhaken. »Die Frauen tun die ganze Arbeit, während die Männer mit ihren Schwertern spielen, Mylord«, hielt sie ihm entgegen. »Wenn sie bei den schwereren Arbeiten helfen würden, würde dies den Frauen das Leben sehr erleichtern.«
»Die Männer ›spielen‹ keineswegs mit ihren Schwertern, Mylady«, erwiderte Cullen ungehalten. »Sie üben damit, um notfalls die Frauen und Kinder von Donnachaidh verteidigen zu können.«
»Aye, natürlich«, räumte Evelinde besänftigend ein. »Doch Donnachaidh befindet sich jetzt schon so lange im Frieden, und es ist ungerecht, dass die Frauen so hart arbeiten müssen, wenn doch schon ein wenig Unterstützung vonseiten der Männer dafür sorgen würde, dass sie es leichter hätten. Sicherlich könntet Ihr dann und wann einen oder zwei Eurer Krieger entbehren, damit sie den Frauen helfen?«
Cullen brummte nur ungehalten und legte die Hand auf den Türriegel. »Die Frauen kommen seit unzähligen Jahren schon allein zurecht, und ich sehe daher keine Notwendigkeit, etwas zu ändern. So ist es immer schon gewesen.«
»Aber …«
»Und Eure Pflicht als meine Gemahlin ist es, mir zu gehorchen«, fügte Cullen hinzu. Die Tür bereits geöffnet, drehte er sich noch einmal um. »Bleibt künftig auf der
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