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Der Teufel vom Waiga-See

Der Teufel vom Waiga-See

Titel: Der Teufel vom Waiga-See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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umgesehen und den
Touren-Rucksack sowie die übergroße Reisetasche abgesetzt hatte.
    „Toll!“ nickte Gaby. „Das ist
also dein Elternhaus, Thea.“
    „Ich habe das Zeugs von klein
auf vor der Nase und sehe es kaum noch“, meinte die geheilte Ausreißerin mit
leichter Verlegenheit. „Neue Tapeten gibt’s hier nur selten. Und die
Lichtleitungen sind völlig veraltet.“
    „Hierher gehört Kerzenlicht“,
sagte Karl. „Und im Winter Kaminfeuer.“
    „Ein Haus zum Verlaufen“,
meinte Klößchen. „Hoffentlich finde ich den Weg zur Küche.“
    „Die Gemälde“, sagte Oldo und
zog Zigaretten aus einem seiner Stiefel, „sind sozusagen eine Leihgabe meiner
Familie an meinen Onkel Bachti. Später erbe ich mal die Ölschinken. Alle. Ist
nämlich eine Durstilitsch-Tradition, daß dieser Kunstschatz immer von einem
Mann verwaltet wird. Und Thea ist keiner — daran läßt sich nichts rütteln.“
    „Ich gönne dir die Gemälde“,
erwiderte seine Cousine. „Aber das mit der Leihgabe stimmt nicht ganz. Alle
Familienzweige, die Durstilitsch heißen, haben dazu beigetragen, daß die
Gemäldesammlung wächst und wächst. Seit 150 Jahren wurde immer wieder
hinzugekauft. Nicht nur von deinen Eltern, nicht nur von eurer Seitenlinie.“
    „Was heißt Seitenlinie?“
blaffte Oldo. „Es gab nur noch zwei Durstilitsch-Linien. Eure und meine. Nach
dem Tod meiner Eltern bin ich der Rest von meiner Linie. Und als letzter
männlicher Durstilitsch steht mir die Gemäldesammlung zu.“
    „Laßt die Luft raus!“ sagte
Tim. „Streitet euch um was Gescheites! Es gibt Themen, die sich besser dazu
eignen.“
    Thea lachte.
    Oldo rauchte schon wieder.
    Zu sechst standen sie nun hier
— inmitten des Gepäcks, und niemand zeigte sich zum Empfang.
    Den Neffen Oldo störte das
nicht.
    Aber Thea klatschte schallend
in die Hände.
    „Mami! Papa! Wir sind
daaahaaa!“
    Das Echo schallte von den
Wänden der Halle zurück — und auch aus dem Obergeschoß, wo sich jetzt eine Tür
öffnete.
    Gräfin Eugenie zeigte sich auf
der Galerie, lächelte und kam die Treppe herunter.
    Gleichzeitig trat Graf Bachti
durch eine hohe Flügeltür neben dem Kamin.
    Vorstellung, Begrüßung,
Beglotzung folgten.
    Hm, dachte Tim. Theas Vater
würde wohl lieber im vorigen Jahrhundert leben. Hält wohl Strenge für eine
Tugend.
    Genie wirkte etwas zerstreut,
hieß aber — wie auch ihr Mann — die Gäste willkommen.
    Gaby überreichte als
Gastgeschenk einen teuren Bildband über die Heimat-Großstadt der TKKG-Bande.
    Das rief Freude hervor. Dem
Grafen rutschte die Strenge aus dem Gesicht. Er ließ ein Schmunzeln aufziehen
und begann gleich mit dem Durchblättern.
    „Fühlt euch wie zu Hause und
benehmt euch auch so!“ meinte er.
    Tim dankte in aller Namen für
die Einladung und fügte hinzu, daß sie nicht hergekommen seien, um sich vom
Schulstreß zu erholen, sondern gern mit Hand anlegen würden — da es doch rund
um ein Herrenhaus mit Gutsbetrieb eine Menge zu tun gäbe.
    „Darüber reden wir noch“,
lächelte Graf Bachti. „Jetzt bezieht erst mal eure Zimmer.“
    Thea führte die TKKG-Bande in
den Westflügel, wo ein großes Drei-Bett-Gästezimmer mit Bad auf die Jungs
wartete. Von zwei hohen Fenstern reichte der Blick bis zum Waiga-See und den
fernen Bergen.
    Gaby wohnte gleich nebenan. Ihr
Zimmer war kleiner. Auch sie hatte ein eigenes Bad.
    „Insgesamt sind 16 Bäder im
Haus“, erklärte Thea. „So, jetzt lasse ich euch allein. Damit ihr den Reisestaub
abspülen könnt, ja? Und in zehn Minuten — oder reichen euch fünf? — treffen wir
uns zum Mittagessen im Gelben Salon, ja?“
    „Super!“ rief Klößchen. „Mir
hängt schon der Magen schief. Im allgemeinen bin ich zwar nicht der Schnellste.
Aber jetzt brauche ich nur zwei Minuten.“
    „In zehn Minuten, Thea“,
stellte Tim richtig. „Unser Vielfraß muß erst seinen Klumpatsch auspacken. Die
Zimmer sind spitzenmäßig.“
    Während des Auspackens
tauschten die Jungs ihre Meinungen aus über den ersten Eindruck. Daß Theas
Eltern gar nicht so übel seien, war eine einhellige Feststellung.
    Später, genau zur richtigen
Zeit, tanzte die TKKG-Bande im Gelben Salon an.
    Klößchen, der sich nach seinem
Geruchssinn richtete, fand ihn sofort.
    Der Gelbe Salon war offenbar
das Speisezimmer.
    Verändert, dachte Tim, hat sich
hier seit 150 Jahren nicht viel — mal abgesehen vom elektrischen Licht. Jeans
und Pullover wirken fehl an diesem Ort. Reifrock für die Damen und
Vatermörder-Kragen

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