Der Teufel von Garmisch
bevor er auf die Bundesstraße einbog, und
bemühte sich um eine zügige, aber nicht zu auffällige Fahrweise. Immer wieder
sah er in den Rückspiegel, aber Selbach tauchte nicht auf.
Neben ihm auf dem Beifahrersitz lag der Revolver.
Vier Schuss, dachte Sebastian. Vier Schuss hab ich noch.
ZEHN
»Immerhin«, sagte Schwemmer, als der Türöffner brummte.
Der Mann, der in der Wohnungstür im zweiten Stock auf sie wartete,
sah ihnen misstrauisch entgegen.
»Grüß Gott. Herr Polz?«, sagte Schwemmer.
»Der do kennt mi«, antwortete der Mann und deutete mit dem Kinn auf
Schafmann.
»Mein Name ist Schwemmer. Kriminalpolizei Garmisch-Partenkirchen.«
Schwemmer hielt ihm seinen Dienstausweis hin.
»I hob nix zum Sagn. I war des ned.«
»Wir würden gerne Ihren Sohn sprechen«, sagte Schwemmer.
Polz’ Blick wurde noch misstrauischer. Seine Augen verengten sich.
»Warum?«, fragte er.
Schwemmer hörte das Klappen einer Wohnungstür im Stockwerk über
ihnen.
»Vielleicht können wir das drinnen besprechen.«
Polz verzog das Gesicht, aber auch er hatte das Türschlagen gehört.
Er hinkte in die Diele hinein und winkte sie mit einer stummen Kopfbewegung
hinter sich her.
Schwemmer meinte, der Wohnung das Fehlen einer weiblichen Hand
anzumerken. Nicht dass es unordentlich oder unsauber gewirkt hätte. Aber die
Einrichtung strahlte eine freudlose Zweckmäßigkeit aus, die auch durch einige
preiswerte und von wenig Geschmack zeugende Dekorationsartikel nicht kaschiert
wurde. Es roch nach Kaffee, der zu lange auf der Wärmeplatte gestanden hatte.
Durch die Stubentür sah Schwemmer einen Fernseher, der ohne Ton ein Autorennen
zeigte.
»Der Bua war des a ned. Mia ham nix zum doa damit.«
»Herr Polz, es geht diesmal nicht um zerkratzte Autos. Ist Ihr Sohn
da?«
Polz schüttelte stumm den Kopf.
»Wo steckt er?«
»Woaß i ned.« Polz verschränkte die Arme vor der Brust und streckte
das Kinn nach vorn.
»Ist er denn aus Köln zurück?«
»Woaß i a ned.«
Schwemmer sah sich um. Die Stuben- und die Küchentür standen offen.
Drei weitere Türen waren geschlossen. Neben der Garderobe stand ein ziemlich
neu wirkender Rollkoffer.
»Welches ist das Zimmer Ihres Sohnes?«, fragte er.
»Da brauch i Eane ned neilassn, des woaß i gnau.«
»Irrtum, Herr Polz. Wir ermitteln in einem Kapitalverbrechen. Gefahr
im Verzug. Den Durchsuchungsbefehl reich ich Ihnen heut noch nach.«
Polz’ eben noch so trotzig vorgerecktes Kinn sank nach unten.
»Kapitalverbrechen? Der Basti?«
»Ist das die Tür?«, fragte Schafmann.
Polz zögerte, aber dann nickte er.
Schafmann drückte die Klinke. Die Tür war unverschlossen.
»Wos denn für an Kapitalverbrechen? Wos soll der denn do ham?«
»Es geht um Mord, Herr Polz«, sagte Schwemmer. »Ob Ihr Sohn etwas
damit zu tun hat, versuchen wir grade herauszufinden.«
Polz begann den Kopf zu schütteln und hörte nicht mehr damit auf.
»Na«, sagte er, »ned der Basti. Der Basti kann des doch gar ned. An Mord.« Er
war leichenblass.
»Vielleicht setzen Sie sich besser hin, Herr Polz«, sagte Schwemmer.
Immer noch schüttelte der alte Mann den gesenkten Kopf. Er rang um
Atem. Schwemmer nahm ihn am Arm und führte ihn in die Stube. Polz wehrte sich
nicht dagegen. Schwach sank er in den Fernsehsessel.
»Ein Glas Wasser?«, fragte Schwemmer.
»Ja, bittschön«, keuchte Polz. Schwemmer begann sich ernsthaft
Sorgen zu machen. Er ging in die kleine Küche und klappte ein paar der
Hängeschränke auf, bis er Gläser fand. Er füllte eins und brachte es in die
Stube. Polz trank gierig daraus.
»Dankschön«, flüsterte er dann.
Schafmann kam aus dem Zimmer.
»Schau mal«, sagte er und reichte ihm einen Brief. Er stammte von
einem Online-Shop für Detektivbedarf. Offensichtlich hatte Sebastian Polz
kürzlich einen beachtlichen Betrag für eine Handyüberwachungssoftware
ausgegeben.
»Was will er denn da mit?«, fragte
Schwemmer.
»Wenn er sie einsetzt, finden wir das raus. Hier ist auch unsere
Vorladung an ihn. Die Briefe sind beide geöffnet. Er ist also aus Köln zurück.
Oder haben Sie die geöffnet, Herr Polz?«
Polz antwortete nicht, er sah starr zu Boden. Sein Atem ging schwer.
Schwemmer und Schafmann tauschten einen Blick, dann zückte Schwemmer
sein Handy.
»Ich ruf Ihnen einen Krankenwagen«, sagte er.
* * *
Er bog von der Schotterstraße in einen noch schmaleren
Arbeitsweg ab. Der Renault quälte sich durch den Schlamm. Als der Weg um einen
Felsen bog und ihn den
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