Der Teufel von Garmisch
werkelte. Großvater und Knecht Hias hatten ihr Frühstück
natürlich längst beendet.
»Endlich, du
Langschläfer«, sagte ihre Mutter, ohne sich zu Magdalena umzudrehen. Sie war
dabei, das gespülte Geschirr in den alten Schrank aus hellem Eichenholz zu
räumen.
Ihre Stimme hatte
diesen müden Klang, den sie häufig hatte seit Vaters Tod. Meist lag ein Vorwurf
darin, als wäre Magdalena für ihre Situation verantwortlich. Magdalena hatte lange gebraucht, sich diesen Klang nicht mehr zu Herzen zu nehmen. Aber gerade
morgens fiel es ihr schwer. Sie brummte irgendwas zur Begrüßung.
»I wollt gestern
Abend ned drüber redn, weil der Maiche dabei war«, sagte Reserl, während sie
Kaffee in einen Becher schenkte und ihn Magdalena hinstellte.
Magdalena setzte
sich auf die Bank vor dem Fenster und griff nach dem Becher. Seine Wärme war
angenehm und der Duft vielversprechend.
»Ärger?«, fragte sie
und nahm einen Schluck.
»Maiche hat an
Schedlbauer Berni im Wald gtroffn.«
»Wohin?«, fragte
Magdalena und verfluchte sich sofort für diese dumme Bemerkung.
Reserl fuhr zu ihr
herum. »Des is überhaupt ned witzig, Lenerl«, sagte sie scharf. »I woaß ja a
ned, was er da gsucht hod. Woaßt, was der Maiche getan hod? Mit der Flintn hod
er eam aus seim Wald gjagt. Mit der Flintn! Hoffentlich fängt jetzt ned alles
von vorn an!«
Magdalena stöhnte
auf. Das war starker Tobak für diese Uhrzeit. Die Fehde der Meixners und der
Schedlbauers gehörte fast schon zur Folklore. Alle Meixners waren froh, dass
die Geschichte irgendwann eingeschlafen war – oder besser: fast alle, denn
Großvater Maiche hatte sich nie wirklich abgefunden mit dem, was er für eine
Niederlage hielt. Berni war einer der Söhne von Sippenoberhaupt Rosemarie
Schedlbauer, die jeder nur als Mirl kannte. Und nun waren ausgerechnet die
beiden härtesten Kerle der beiden Familien aneinandergeraten.
Tatsächlich lagen
die Ursprünge dieser Fehde so weit zurück, dass die verschiedensten Versionen
davon im Umlauf waren. Magdalena neigte zu der ihres Vaters, wobei es dafür
keinen konkreten Grund gab außer dem, dass eben ihr Vater sie erzählt hatte.
In dieser Fassung
hatte Maiches Schwester Leni einen Antrag von Berni Schedlbauers Großonkel Max
mit so drastischen Worten abgelehnt, dass der beleidigte Max die körperliche
Auseinandersetzung mit Maiches älterem Bruder Edi gesucht hatte. Der Kampf war
dann derartig unentschieden ausgegangen, dass er bei jeder Gelegenheit zwischen
allen Mitgliedern der beiden Familien fortgesetzt wurde, auch nach dem Ableben
aller direkt Beteiligten. Maiche war damals erst vierzehn gewesen.
Magdalena hatte aber
auch schon die Version gehört, dass Edi Meixner dem Schedlbauer Max eine
kaputte Dreschmaschine verkauft und sich geweigert hatte, sie zurückzunehmen.
Magdalenas Vater
jedenfalls hatte es geschafft, die Fehde in eine Art Waffenstillstand zu
verwandeln, indem er den verblüfften Schedlbauers das Wegerecht für die Zufahrt
zu einer ihrer Skischulen zugestand – gegen den heftigen Widerstand seines
Vaters Maiche. Die Schedlbauers bekamen eine direkte Zufahrt zu ihrer neuen
Geldquelle, und im Gegenzug sagte Konrad Schedlbauer Magdalenas Vater zu, den
Streit zu begraben – gegen den Protest seiner Gattin Mirl Schedlbauer, die
Maiche Meixner in puncto Sturheit in nichts nachstand.
Das war jetzt neun
Jahre her, und die Friedensstifter von damals waren leider beide mittlerweile
verstorben.
Magdalena nahm noch
einen Schluck Kaffee. Die Schedlbauers waren aber auch ein wirklich
unangenehmer Haufen geblieben. Außer Vinzenz, dachte sie.
»De Schedlbauers san
aber a wirklich furchtbare Leut«, sagte Reserl und schnitt eine Scheibe von dem
gekümmelten Brot ab. »Außer dem junga, dem Vinz, vielleicht.«
»Ja. Aber wenn
Großvater in Zukunft jede furchtbare Person mit der Flinte bedroht, kriegen wir
eine Menge Spaß«, sagte Magdalena. Sie nahm die Brotscheibe, strich dick Butter
darauf und säbelte ein Stück vom Speck ab.
»Der wird aber a
immer noch sturer«, sagte Reserl. »Des hab i ma ned vorstelln kenna, dass des
geht. Und beinah jeden Tag in sein Wald. Sakra, der is fünfundachzge …
Wenigstens hat er den Hund dabei. Aber der Sento werd ja a ned jünger.«
Magdalena lachte
leise und biss in ihr Speckbrot. Natürlich war Großvater über die Jahre langsamer geworden und die Brille dicker, aber körperlich war er noch sehr gut
beieinander. Von seinem Wald würde er jedenfalls nicht lassen, solange sein
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