Der Teufel von Garmisch
wie vor fünfzehn Jahren, als sie
noch den Stall ausgebaut hatten, aber für zwei alte Männer gab es immer noch
mehr als genug zu tun. Vor allem wenn einer der beiden sich ständig im Wald
rumtrieb.
»Wie geht es dem
Großvater?«, fragte Magdalena.
»Nimmt mi nimmer mit
auf d’ Jogd«, sagte Hias. »Sogd, i schnauf z’ laut. Dawei triffd der nur
nimmer, mit der neien Bruilln.« Hias verzog den Mund zu seinem typischen
schiefen Grinsen. »Mochd nix. Ko i länga schlafa.«
»Was war denn das
mit dem Schedlbauer Berni?«, fragte Magdalena.
Hias zuckte die
Achseln. »Wos treibt der se da rum da drobn? Is Meixner-Woid. Des woaß der a.«
»Hat der Maiche ihn
wirklich mit der Flinte bedroht?«
»So hod er’s gsogt.«
Magdalena nickte ihm
zum Abschied zu. »Pfüati«, sagte sie und ging zu ihrem Minivan.
So verliefen die
Unterhaltungen mit Hias. Er sprach halt nicht gern. Schon gar nicht, wenn er es
für unnötig hielt.
Als sie gerade
einsteigen wollte, rollte Maiches alter Lada auf den Hof. Magdalena sah auf die
Uhr; es wurde Zeit für sie, sie musste um acht im Hotel sein. Aber natürlich
wollte sie ihren Großvater begrüßen, bevor sie in den Ort fuhr.
Als Maiche aus
seinem Wagen stieg, war Magdalena sofort klar, dass etwas passiert war.
Sie ließ die Tür
ihres Wagens wieder zufallen und ging zu ihm hinüber. Ihr Großvater öffnete die
Heckklappe, und Sento sprang heraus. Maiche nahm seine Jagdflinte und seinen
alten Rucksack aus dem Kofferraum.
»Was schaust du so
bös?«, fragte Magdalena. Sento, der sonst immer freudig auf Magdalena
zugesprungen kam, schien von der düsteren Stimmung seines Herrn angesteckt. Die
Rute zwischen den Hinterläufen schlich er sich außer Sicht.
Maiche sah Magdalena
nicht an. »Wilderer«, knurrte er nur und stapfte auf Hias zu.
Magdalena lief neben
ihm her. »Wilderer? Und?«, fragte sie.
Er zuckte die
Schultern. »Naufbrennt hab i eam eine.«
»Was?« Magdalena blieb fassungslos stehen.
»Du hast auf einen Menschen geschossen?«
»A Wuildara«, wandte
Hias ein. Für ihn schien das ein Unterschied zu sein.
»In meim Wald«,
fügte ihr Großvater noch hinzu. »Und der hod zerscht gschossn. Koane
zwoa Meter neben mir hat’s eigschlagn.«
»Notwehr«, sagte
Hias.
Maiche brummte nur
verächtlich. »I lass ned auf mi schiaßn, scho gar ned in meim Wald.«
»Hast du ihn denn
getroffen?«, fragte Magdalena.
»Glaub scho«, sagte
Maiche. »Wissn kann i’s fei ned. Is den Hang nunter, zur Klamm. Glebt hat er
scho no, glaub i.«
Magdalena ließ
entgeistert die Schultern sinken. » Glaubst du?«, sagte sie
kopfschüttelnd.
»Der is nunter glaufa .
Und dann hod er si hinter am Fels versteckt.«
»Und jetzt?«
Maiche winkte ab.
»Was scho? Meinst, der geht zur Polizei? Dass sie eam wegn Wilderei
drankriegn?«
»Wenn er verletzt
ist und zum Arzt geht, muss der das melden mit der Schusswunde.«
»Schaun mer mal.«
Hias trat näher an
ihn heran. »Recht hod’s scho«, sagte er leise mit einem Seitenblick zum Haus,
als wolle er sichergehen, dass sie nicht von Reserl gehört wurden. »Besser
war’s, wannst nachste Zeit wos anders trogst ois a Flintn.«
Der alte Bauer und
sein Knecht sahen sich in die Augen, und schließlich wurde Maiches sturer Blick
einsichtig.
»Da«, sagte er und
hielt Hias das Gewehr hin. »Pack’s aber gscheit ei.«
Hias nahm die Waffe
wortlos an sich und ging zur Scheune.
Magdalena ging ihm nach.
Er kletterte die Leiter zum Heuboden hinauf.
»Wo tust du es
hin?«, fragte sie.
»In d’ Wand an der
oidn Heiklappn«, antwortete Hias, ohne zu zögern.
»Gut«, sagte
Magdalena nur. Dort hätte sie das Gewehr auch versteckt. Ein Stück hohle Wand,
das damals durch den Stallausbau entstanden war.
»Des passt dem Baurn
grod goar ned«, hörte sie Hias von oben sagen, wo er außer Sicht an der Klappe
herumhantierte.
»Weiß ich auch«,
antwortete Magdalena.
Eigentlich hatte sie
etwas sagen wollen wie »Außergewöhnliche Situationen erfordern außergewöhnliche
Maßnahmen«, aber sie wusste, dass solche Feinheiten von Hias nicht gewürdigt
wurden.
»Achtest du mit
drauf, dass er sie da nicht wieder rausholt?«, fragte sie noch und erhielt als
Antwort ein Knurren, das sie als Zustimmung erkannte. »Ich muss jetzt wirklich
los«, sagte sie dann. »Und sag Mutter besser nichts davon.«
Ihre letzte
Bemerkung verdiente sich bei Hias nicht mal mehr ein Knurren, so
selbstverständlich war es für ihn, Reserl da rauszuhalten.
Großvater war im
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