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Der Teufel von Garmisch

Der Teufel von Garmisch

Titel: Der Teufel von Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
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Resultate?«
    Schafmann ließ sich in den Besucherstuhl fallen und zog seinen
Notizblock aus der Jackentasche. Fahrig blätterte er darin herum.
    »Wirklich Konkretes nicht … Jemand hat jemanden in einen Hauseingang
gehen sehen.«
    »Klingt ja aufregend.«
    »Ja. Einen eher älteren Mann, möglicherweise leicht gehbehindert.«
    »Und?«
    Schafmann winkte ab. »In dem Haus wohnen zwölf Parteien. Soll ich
die etwa alle überprüfen?«
    Schwemmer sah ihn verblüfft an. »Etwa? Was ist denn mit dir los? Natürlich
sollst du! Das ist unser verdammter Job, oder?«
    Mit einem Seufzer klappte Schafmann seinen Block wieder zu und sah
auf seine Armbanduhr.
    »Gleich morgen«, sagte er.
    Auch Schwemmer sah auf die Uhr. »Morgen? So spät ist es ja noch
nicht. Grad eben haben die vom Tagblatt angerufen, und ich hab denen gesagt,
dass wir intensiv an der Sache arbeiten. Von daher wäre ein bisschen pronto gar nicht schlecht.«
    Schafmann sah zum Fenster hinaus. Er reagierte nicht auf die sanfte
Ermahnung. Schwemmer kam es vor, als habe er ihn gar nicht gehört.
    »Hallo?«, fragte er. »Alles klar?«
    Schafmann fuhr herum. »Bitte?«
    Schwemmer legte ungläubig den Kopf schief. »›Presse‹, sagte ich.
Und: › Pronto. ‹ Ist alles in Ordnung bei dir?«
    »Ähm … ja, ja. Alles in Ordnung.«
    »Oder bist du krank?«
    »Nein, nein, mir geht’s bestens.«
    »Bestens?« Schwemmers Verwunderung steigerte sich zur Besorgnis. Er
hatte sich gewappnet für eine ausführliche Schilderung unklarer Symptome, die
unzweifelhaft auf ernsthafte Beschädigungen lebenswichtiger innerer Organe oder
des Bewegungsapparates hinwiesen. Schafmanns Hypochondrie war in der ganzen
Dienststelle gefürchtet – und die einzige ernsthafte Krankheit, an der der
Kollege je gelitten hatte. Ein »Bestens« hatte Schwemmer seiner Erinnerung nach
von ihm noch nie zu hören bekommen.
    Schafmann erhob sich mit einem leichten Ächzen aus dem Stuhl und
ging mit hängenden Schultern zur Tür.
    » Pronto. Na schön«, sagte er und ging
hinaus.
    * * *
    »Wuillst was essn?«, fragte sein Vater durch die geschlossene
Tür. Es klang nicht sehr freundlich.
    Sebastian wusste nicht, was er antworten sollte. Einerseits war der
Gedanke an Essen im Moment nur mit Ekel verbunden. Andererseits spürte er, dass
er essen musste, wenn er nicht zusammenbrechen wollte. Allerdings hatte der
Gedanke, einfach zusammenzubrechen, auch etwas Verlockendes. Einfach
kollabieren, dachte er. Und dann fortgetragen werden. Wohin auch immer.
    »Wos is?«, knurrte sein Vater.
    Wohin auch immer? Er würde fortgetragen werden, um den Rest seines
Lebens hinter Gittern zu verbringen. Er riss sich zusammen.
    »Ja«, sagte er in Richtung Tür. »Ich komm gleich.«
    »Zehn Minutn«, sagte sein Vater. »Leberkas mit Spiegelei.«
    »Passt schon«, antwortete Sebastian. Die Chance, dass es Leberkäs
gab, lag über fünfzig Prozent, wenn sein Vater sich entschloss, den Herd anzumachen.
Heute war es ihm gerade so recht wie irgendwas anderes.
    Sebastian ging ins Bad. Zögernd sah er in den Spiegel. Selbst die
dicken Gläser seiner Brille konnten nicht verbergen, wie verschwollen seine
Augen waren. Er warf sich kaltes Wasser ins Gesicht und ließ es sich über den
Kopf laufen. Dann rubbelte er seine Haare trocken, vorsichtig, denn sein
Hinterkopf schmerzte noch immer.
    Zurück in seinem Zimmer zog er sich frische Sachen an und ging dann
in die Stube, wo sein Vater gerade vier Scheiben Leberkäse aus der Pfanne hob
und auf zwei Teller verteilte.
    »Bier hob i vergessn«, brummte er. »Holst mir a Hells ausm
Kühlschrank.«
    Sebastian tat, wie ihm geheißen. Nach kurzem Zögern nahm er eine
zweite Flasche aus dem Kühlschrank. Eigentlich trank er kein Bier um diese
Tageszeit, aber er hatte das Gefühl, heute würde es ihm guttun.
    Sein Vater sah ihn forschend an, als er die Flasche vor ihn
hinstellte, aber er sagte nichts. Sie schenkten sich ein, tranken und
vertilgten stumm ihr Mahl. Als sein Vater aufgegessen hatte, griff er nach
seinem Glas, nahm einen großen Schluck und stieß dann einen Rülpser aus.
    »Scheiße schaugst aus«, sagte er dann.
    Sebastian nickte nur. Er wagte nicht, aufzusehen.
    »Wos host angstellt in der Nacht?«, fragte sein Vater.
    »Mir hat jemand eins übergebraten«, sagte Sebastian.
    »Wer?«
    Sebastian zuckte die Schultern. »Weiß nicht. Von hinten.«
    »Wo?«
    Sebastian zögerte. »Im Ort halt«, sagte er.
    »Warum?«
    »Keine Ahnung …«
    Sein Vater trank sein Glas

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