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Der Teufel von Garmisch

Der Teufel von Garmisch

Titel: Der Teufel von Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
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hast.«
    »Genau.«
    Sie sahen sich in die Augen.
    »Lass uns kochen«, sagte er.
    »Ja. Lass uns kochen.«
    * * *
    Sein Vater stand in der Diele, als Sebastian von der Arbeit
heimkam. Er schien auf ihn zu warten, was ungewöhnlich war. Normalerweise saß
er um diese Zeit entweder im Wirtshaus oder vor dem Fernseher.
    »Ist was?«, fragte Sebastian.
    »Polizei war da.«
    Sebastians Kehle krampfte sich zusammen. Er starrte seinen Vater
wortlos an. Der starrte zurück.
    »Wuillst ned wissn, was die gwollt ham?«
    »Schon«, krächzte Sebastian.
    »Die verdächtign mi!«
    Sebastian verstand nicht. »Hä?«, presste er hervor.
    »Die glaubn, i würd Karrn zerkratzn. Und i
hätt den Hund vergift’!«
    »Hund?« Sebastians Kopf schwirrte.
    »An Hund von dem Doktor, dem depperten. Des Trum, was dem halbn Ort
d’ Nervn raubt. Kennst den ned?«
    »Nein«, sagte Sebastian. Er verstand zwar immer noch kein Wort, aber
offenbar kümmerte sich die Polizei auch um Dinge, die nichts mit zwei toten
Frauen in Grainau zu tun hatten.
    Ein Hund also. Vergiftet.
    »Und?«, fragte Sebastian. »Warst du’s?«
    Die Frage bereute er in derselben Sekunde. Unter normalen Umständen
wäre er nie auf die Idee gekommen, sie zu stellen. Erstaunlicherweise
explodierte sein Vater nicht, wie er es eigentlich erwartet hatte, sondern sah
zur Seite.
    »Naaa«, sagte er nur.
    Sebastians Brauen hoben sich. »Wie kommen die denn überhaupt auf
dich?«
    Sein Vater steckte die Hände in die Hosentaschen und zog die
Schultern hoch wie ein trotziger Junge. »Irgend so a Schlampn aus der
Nachbarschaft wird dene irgendwos verzählt ham.«
    »Welche Schlampn?«
    »Woaß i ned. Wahrscheinlich die von drübn, was immer raucht, am
offnen Fenster. Im Bademantl. Schämt sich fei gar ned, des Fraunzimmer.«
    »Und was hat sie erzählt?«
    »Dass oaner Autos zerkratzt, und jetzt glauben s’, der hätt auch den
Hund vergift’.«
    »Autos zerkratzt? Welche Autos?« Sebastian verstand gar nichts mehr.
    »Jo mei, da zerkratzt doch oaner Autos, de ned richtig parkt ham, da
um d’ Ludwigstraßn rum.«
    »Und das sollst du gewesen sein?«
    »De wissen’s halt ned.« Sein Vater zuckte die Achseln.
    »Und jetzt?«, fragte Sebastian.
    »Koa Ahnung. Wenn die des hier rumratscht, dann kann i mi ned amoi
mehr ins Wirtshaus neitraun.«
    »Wieso das denn?«
    Sein Vater stieß ein Grunzen aus. Die Hände immer noch in den
Taschen, ging er ins Wohnzimmer und starrte durch die Gardinen auf die Straße
hinunter.
    Für Sebastian war es keine besonders angenehme Vorstellung, dass
sein Vater die Zeit, die er bisher im Wirtshaus saß, in Zukunft daheim
verbringen würde.
    »Wieso kannst du nicht mehr ins Wirtshaus?«, fragte er noch einmal.
    »Den 5er vom Poschinger Toni ham s’ ja a zerkratzt. Und den A3 vom
Laubinger Sepp. Wenn i da jetzt auftauch, und die glaubn …« Er starrte weiter
durch die Gardinen.
    »Wieso macht einer denn so was?«, fragte Sebastian.
    Jetzt zog sein Vater die Rechte aus der Tasche und wies auf die
Straße hinunter. »Schau’s dir doch o, wie’s da stehn. Wie Kraut und Ruam. Als
ob’s ned unordentlich genug wär, da drunten. Und kriegn die an Zettel? Wann’s
jeder Fünfte is von dene, war’s vui. Da kunnt oam ja scho mal der Kragn
platzn.«
    »Also hast du die Wagen zerkratzt?«
    Sein Vater steckte die Hand wieder in die Tasche.
    »Naa. Aber verstehn kann i’s scho.«
    Sebastian wusste nicht, was er sagen sollte. Dass sein Vater ein
Mensch mit grundsätzlich schlechter Laune war, hatte er zu akzeptieren gelernt
– hatte es lernen müssen. Aber dass er als Bewahrer der öffentlichen Ordnung
die Nachbarschaft terrorisierte, konnte er sich nicht vorstellen.
    Einerseits.
    Andererseits war sein Verhalten im Moment so untypisch, dass er ihm
das Leugnen nicht so recht abnahm.
    »I vergift doch koan Hund ned«, hörte er ihn in die Gardinen
hineingrummeln.
    Sebastian stieß einen Seufzer aus, dann ging er in sein Zimmer. Die
Polizei im Haus. Er wusste nicht, was er gerade weniger gebrauchen konnte. Der
Wecker auf seinem Nachttisch zeigte halb sieben. Es fiel ihm schwer, die
Augenlider oben zu halten. Er ließ die Jalousie herunter, streifte die Schuhe
ab und zog Hemd und Hose aus. Doch in dem Moment, da er sich aufs Bett fallen
ließ, begannen seine Gedanken zu schwirren, und seine Augen, die er eben noch
kaum hatte offen halten können, starrten weit aufgerissen an die Decke des im
Zwielicht liegenden Zimmers. Sein Herz pochte gegen die Rippen.
    Er

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