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Der Teufel von Garmisch

Der Teufel von Garmisch

Titel: Der Teufel von Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
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hin und her, aber es fielen ihm keine weiteren Fragen
mehr ein. Er zog einen Strich unter das Geschriebene und stand auf. »Vielen
Dank, Herr Polz. Wenn wir noch Fragen haben, melden wir uns bei Ihnen.«
    Polz wischte sich die Hand an der Hose ab, bevor er sie Schafmann
reichte. Sie war trotzdem feucht.
    * * *
    Schwemmer saß auf der Couch und sah sich die Abendschau im
Dritten an. Neben sich auf der Sofalehne balancierte er ein Bierseidel und
überlegte, ob es halb voll oder halb leer war. Er nahm noch einen großen
Schluck und fällte so die Entscheidung für halb leer und freute sich des
Bewusstseins, heute genug Flaschen vom Tegernseer kalt gestellt zu haben.
    Ein Mordfall mit so unklarer Spurenlage wie der aktuelle hatte nur
einen einzigen Vorteil: Man konnte nichts überstürzen, weil es nichts zu
überstürzen gab. Deswegen konnte sogar der Leiter der Mordkommission pünktlich
Feierabend machen.
    Ob es aber ein Vorteil war, allein vor dem Fernseher zu sitzen, ohne
so ganz genau zu wissen, wo die Gattin steckte, musste er dahingestellt sein
lassen.
    »Ich weiß noch nicht, wann ich heimkomm. Wart nicht auf mich, Kuss,
d. B.«, war alles, was sie ihm an Informationen hatte zukommen lassen, auf
einem Zettel, der mit einem Magneten an die Kühlschranktür gepappt war.
    Er nahm noch einen Schluck Bier und schaltete schnell um, als ein
Bericht über das neue Album von Margot Hellwig angekündigt wurde. Am Ende blieb
er bei einem Bericht über Biber hängen, der ihn zwar nicht wirklich
interessierte, aber immerhin gab es putzige Bilder. Er zwang sich, nicht auf
die Uhr zu schauen, aber beim nächsten Umschalten erwischte er das Zweite, wo
die Uhr auf blauem Hintergrund die Sekunden vor neunzehn Uhr herunterzählte.
    Er schaltete aus. Es gab an der Situation nichts zu beschönigen: Er
hatte Hunger.
    Schwemmer erhob sich von der Couch und ging mit seinem Bier in die
Küche. Er öffnete den Kühlschrank und wühlte sich mit rasch schrumpfender
Vorfreude durch die Fächer. Es gab nichts, was ihn ansprach oder das man auf
die Schnelle hätte verschnabulieren können. Zu einer großen Kochaktion hatte er
keine Lust, aber nur Spiegeleier waren ihm dann doch zu wenig. Und das
Tiefkühlfach musste erst abgetaut werden, um die geplatzte Flasche und den
großen gelblichen Brocken zu entsorgen, der einmal eine Bierflasche gewesen
war.
    Also doch Spiegeleier. Es gab auch noch ein paar Scheiben Tiroler
Speck, die er anbraten konnte. Er holte die Pfanne aus dem Schrank und stellte
sie auf den Herd.
    Als er gegessen, Teller und Besteck in die Spülmaschine geräumt und
sich sein drittes Bier eingeschenkt hatte, setzte er sich wieder vor den
Fernseher, aber kein Programm schaffte es, ansatzweise sein Interesse zu
wecken. Fußball gab es auch nicht. Immerhin kam bald die Tagesschau, und
irgendwo hinten, weit in der Türkei, würde ja wohl irgendjemand
aufeinanderschlagen.
    Eigentlich sollte er zufrieden sein, konnte er das Treffen mit dem
ehemals flotten Ferdi doch durchaus als deutlichen Punktsieg verbuchen.
    Andererseits war Burgl nicht da.
    Er nahm noch einen Schluck Bier.
    Dr. Ferdinand Schurig hatte höflich auf seinem Besucherstuhl
Platz genommen und sich sogar dafür entschuldigt, unangekündigt in die Sitzung
hereingeplatzt zu sein, aber nach seiner Darstellung hatte Hessmann ihn
geradezu überrumpelt. Eigentlich hatte er sich nur bei der Leitung der Kripo
Garmisch vorstellen wollen – eine Formulierung, die Schwemmer immer noch
irritierte, sofern nicht er damit gemeint war –, und Polizeidirektor Hessmann
hatte ihn nach ein paar warmen Worten schnurstracks in den Besprechungsraum
geführt.
    Wie er so dasaß, mit dem unglücklich geschnittenen Leinenanzug und
dem schütteren Haar, hatte Schwemmer beinah ein bisschen Mitleid bekommen mit
ihm.
    Er hatte sich nach Ferdis Werdegang erkundigt, und der hatte nicht
sehr aufregend geklungen. Ein paar Jahre Privatdozent an der Uni in Würzburg,
wo er seinen Doktor gemacht hatte, dann eine Praxis in Randersacker, wo er mit
einer Winzerstochter verheiratet gewesen war. Ferdi hatte weit drumherum
geredet, aber die Scheidung von der Dame musste zumindest wirtschaftlich,
wahrscheinlich aber auch seelisch, erhebliche Verwüstungen angerichtet haben.
Jedenfalls lebte er nun wieder in Partenkirchen, im Haus seiner verstorbenen
Eltern und betrieb die Praxis in Hechendorf.
    Die Antwort auf die Frage, wie es mit der Praxis denn so laufe, war
ein wenig schwammiger ausgefallen, als Schwemmer

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