Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Teufel von Garmisch

Der Teufel von Garmisch

Titel: Der Teufel von Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
Vom Netzwerk:
das alles nicht
finden. Jetzt musste er Tante Kati erklären, dass
eine Straftat nicht erwiesen, die Beweislage zu dünn und das Ganze sowieso
komplett lächerlich war, und Burgl war fein raus. Wieder eine Runde im
Tante-Kati-Schwarzer-Peter verloren. »Hauptsache, sie will nicht bei uns
einziehen.«
    »Nicht wenn du die Vroni hinter Gitter bringst, sagt sie.«
    Schwemmer sah zur Uhr. Es war eigentlich arg spät, aber die
Gesamtsituation ließ ihm keine Wahl.
    Er stand auf und holte die zweite Flasche Riesling aus dem
Kühlschrank.
    »Bringst du auch einen Grappa mit?«, fragte Burgl.
    »Freilich«, antwortete Schwemmer.
    Als er wieder saß und sie mit dem Grappa angestoßen hatten, war es
an ihm, nach ihrem Tag zu fragen. Sie verzog ein wenig das Gesicht.
    »Ferdis Sohn war heute bei mir.«
    »Ich dachte, der wollte nicht?«
    »Er scheint mich zu mögen.«
    »Verständlich.«
    »Danke schön.«
    »Was für Probleme hat der Junge denn eigentlich?«
    »Er ist verhaltensauffällig und seinem Vater gegenüber extrem
aggressiv, manchmal sogar körperlich. Er hat keine Freunde, kein Hobby, in der
Schule ist er unbeliebt und schlecht. Da ist nichts, mit dem er punkten könnte.
Der einzige Hebel, den er hat, ist der Hass zwischen den Eltern. Und den weiß
er anzusetzen.«
    »Das kann ein mächtiger Hebel sein«, sagte Schwemmer.
    »Das kannst du laut sagen.«
    »Und? Wie ist der Bursche so?«
    Burgl stieß einen langen, pfeifenden Atemzug aus und griff nach
ihrem Grappa.
    »Unsympathisch«, sagte sie.
    * * *
    Sebastian hatte seinem Vater die Treppen hinaufgeholfen und
anschließend das Tragerl Helles hochgetragen, was ihm mit seinem lädierten
Ellbogen nicht leichtgefallen war.
    Sein Vater saß in der Stube. Die Joppe hatte er noch an, auch den
Hut hatte er noch auf dem Kopf, aber den rechten Schuh und auch die dicke rote
Stricksocke hatte er abgestreift. Der Knöchel hatte den Umfang einer
Pampelmuse. Sebastian ging ins Bad und wühlte im Medizinschrank herum. Er fand
eine Salbe zur Behandlung von Sportverletzungen und eine elastische Binde.
    »Was machst denn da?«, sagte sein Vater scharf, als er sich damit
vor ihn hinkniete.
    »Ich wollt das behandeln«, sagte Sebastian.
    »Ah geh. Des mach i selber.«
    Sebastian reichte ihm die Salbe und die Binde und stand wieder auf.
    »Wieso hast nix gsagt, dass d’ auf Köln naufgehst?«
    Mühsam bückte sein Vater sich zu seinem Knöchel. Er erreichte ihn
nur mit den Fingerspitzen.
    »Ich hab es heute erst erfahren. Bei uns ist jemand … ausgefallen.«
    Sein Vater massierte mühsam die Salbe ein, ohne Sebastian anzusehen.
»Ausgfalln? Daschossn moanst.«
    »Ja … Woher weißt du das?«
    »Ausm Wirtshaus. Der Strohacker Sepp is von Grainau, der hod gwusst,
dass die Frau bei euch gschafft hat.«
    »Was erzählen sie denn noch?«
    »Muss ja grad ganz a Lockere gwesn sei, die Dame.«
    »Was?«, fragte Sebastian. Er verstand nicht.
    »Hat jede Woch an andern im Bett ghabt.«
    »Wie kommen die denn da rauf?« Sebastian
traute seinen Ohren nicht. Wer konnte so etwas über Sanne sagen? Ja, ein-,
zweimal hatte sie Besuch gehabt, und gewiss waren auch Männer über Nacht
geblieben, aber …
    »So wird’s halt verzählt, in Grainau. Schau mi ned so o. I kann nix dafür. Wos host denn mit dera z’ schaffn ghabt?«
    Sebastian zuckte die Schultern. »War halt eine Kollegin. Eine gute
Kollegin.«
    Sein Vater versuchte, die elastische Binde an seinem Knöchel zu
fixieren, aber sie rutschte immer wieder ab.
    »Lass mich das machen«, sagte Sebastian, und dieses Mal wehrte sich
sein Vater nicht.
    »Wann fahrst denn morgen?«, fragte er, während Sebastian das Gelenk
umwickelte.
    »Früh. Fünf vor sechs nach München, ab Pasing dann ICE nach Köln.«
    »Köln. Da war i no nie. Den Dom musst oschaugn.«
    »Ich fürchte, dafür werd ich keine Zeit haben.«
    »Schad … War übrigens a guade Idee, mit dem Tragerl. Nett, dass d’
drodenkt hast.«
    Sebastian hörte das einigermaßen verwundert, während er die Binde
mit zwei kleinen Häkchen schloss. Es kam selten vor, dass sein Vater sich bei
ihm für irgendetwas bedankte. Nie, eigentlich.
    »Traust du dich jetzt doch wieder ins Wirtshaus?«, fragte er und stand
aus der Hocke auf.
    »Jo mei, de ham mi gfragt, und i hob gsogt, i war’s ned. Was
sollns da sagn?«
    »Verstehe«, sagte Sebastian. »Ich muss jetzt fertigpacken.«
    Er half seinem Vater aus dem Sessel hoch, damit er die Joppe
ausziehen konnte. Der machte ein paar prüfende

Weitere Kostenlose Bücher