Der Teufel von Herrenhausen
zusammenreimen. Und was dabei
rauskommt …«
Plötzlich fing
Grigoleit an zu schluchzen. Die vier Polizisten schauten ihn verblüfft an. Sie
ließen ihn los, und er legte den Kopf in die Hände.
Charlotte und
Bergheim wechselten einen erstaunten Blick. In diesem Moment betrat Bremer den
Vernehmungsraum und legte eine schwarze Handtasche auf den Tisch. »Das war in
seinem Keller, dazu ein Koffer mit Frauenkleidern. Die Schlüssel, die die Tote
bei sich hatte, passen zur Wohnung und zum Keller.«
Charlotte nahm die
Handtasche, öffnete sie und legte ein abgegriffenes, leeres Portemonnaie auf
den Tisch und den Personalausweis von Jutta Frieder. Dann blickte sie den
bebenden Koloss vor ihrem Tisch an. Fast tat er ihr leid.
»Herr Grigoleit,
warum reden Sie nicht einfach? Dann haben Sie’s hinter sich. Schweigen macht
doch alles nur schlimmer.«
Grigoleit
schniefte und wischte sich wie ein kleiner Junge mit dem Handrücken die Nase
ab.
»Ich hab sie nich
umgebracht, ehrlich nich. Sie … sie war früher mal mit meinem Bruder befreundet.
Ich hab sie auf seiner Beerdigung gesehen. Das is ‘n halbes Jahr her, und vor
zwei Wochen stand se plötzlich bei mir vor der Tür. Hat gefragt, ob se ‘n paar
Tage bei mir schlafen könnte. Würde auch bezahlen, und dann hat se mir ‘n Fuffi
in die Hand gedrückt …« Grigoleit zog die Nase hoch. »Na, ja so ‘n Fuffi. Is mir
ja egal, ob da eine aufm Sofa pennt. Ich bin seit zwei Monaten arbeitslos und
‘n bisschen knapp. Dann hab ich se eben bei mir pennen lassen. Hab se kaum zu
Gesicht gekriegt. Außerdem hat se gesoffen. Die ganze Bude stank nach Schnaps.
Jedenfalls isse irgendwann abends weggegangen und nich wiedergekommen. Und dann
hab ich das Foto im Internet gesehen. Da hab ich nur gedacht, Scheiße, ich
glaub’s nich! Und dann hab ich einfach ihre Klamotten zusammengepackt und erst
mal in den Keller gebracht. Aber mit ihrem Tod hab ich nix zu tun!«, schrie er
dann wieder. »Das müssen Se mir glauben!«
Für einen Moment
sagte niemand etwas. Charlotte fasste sich als Erste.
»Wie lange hat
Frau Frieder bei Ihnen gewohnt?«
»Seit vorletztem
Freitag. Wollte bloß ‘n paar Tage bleiben und dann …«
»Haben Sie mit ihr
gesprochen? Wissen Sie, warum sie nach Hannover gekommen war?«, fragte
Bergheim, der immer noch hinter Grigoleit stand.
Der hatte Mühe,
seine Körperfülle in Bergheims Richtung zu drehen, und schaute ihn an, als sähe
er ihn zum ersten Mal. Wahrscheinlich lag das an dem Veilchen, das Bergheims
Gesicht schmückte.
»Das hat se mir
nich verraten. Hat sowieso immer ziemlich rumgedruckst, kaum reagiert, wenn man
se was gefragt hat.« Grigoleit fuhr sich mit dem Handballen über die Nase und
zuckte mit den Schultern. »Vielleicht war se auch einfach nur ständig dicht,
was weiß ich.«
»Wie kommen Sie zu
einer Wohnung an den Herrenhäuser Gärten?«, wollte Charlotte wissen.
»Die haben mein
Bruder und ich von einem Onkel geerbt. Jetzt, wo mein Bruder tot ist, gehört se
mir allein. Wir kommen ja eigentlich ausm Westfälischen, Bielefeld. Mein
Bruder, der Bernd, hat auch da gearbeitet – bis er krank geworden is, oder wie
man die Sauferei nennen will«, fügte er leise hinzu.
Charlotte nickte.
»Wann haben Sie Frau Frieder zuletzt gesehen?«
»Das weiß ich nich
mehr so genau«, greinte Grigoleit. »Irgendwann letzte Woche. Sie wollte abends
weg und is nich wiedergekommen.«
Charlotte nickte.
»Wo waren Sie in der Nacht von Donnerstag auf Freitag letzter Woche?«, fragte
sie.
Grigoleit verzog
den Mund. »Im Bett, wo denn sonst?«
»Allein?«, fragte
Charlotte.
»Leider ja!«,
sagte er und hob plötzlich die Brauen. »Wieso red ich überhaupt mit Ihnen? Ich
will einen Anwalt.«
Charlotte schürzte
die Lippen und warf Bergheim einen Blick zu. Dann stand sie auf. »Okay, rufen
Sie Ihren Anwalt an.« Sie nickte den beiden Uniformierten, die immer noch neben
Grigoleits Stuhl standen, zu und verließ mit Bergheim den Raum.
»Was meinst du?
Lügt er?«, fragte sie ihn auf dem Gang.
»Glaube ich
nicht«, sagte Bergheim, während er vorsichtig sein Gesicht betastete, »dazu ist
er nicht ausgefuchst genug.«
»Oder er spielt
nur den Dummen«, sagte Charlotte und zupfte an ihrer Unterlippe. »Und der hat
mit Sicherheit genug Kraft, eine Frau zu erwürgen.«
Bergheim
verschränkte die Arme. »Glaubst du, er war’s, weil er groß und stark ist?«
»Ein Alibi hat er
auch nicht«, sagte Charlotte. Dann seufzte sie. »Aber ich glaube nicht,
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