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Der Teufel von Herrenhausen

Der Teufel von Herrenhausen

Titel: Der Teufel von Herrenhausen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Griffiths-Karger
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die Schulter. Er sah sie fragend an, und Charlotte zog ihm den
Stöpsel aus dem Ohr.
    »Kommst du essen?«
    »Ja«, sagte er,
nahm ihr den Stöpsel ab und stopfte ihn sich in die Ohrmuschel. Dann widmete er
sich wieder dem Bildschirm.
    Charlotte verdrehte
die Augen und ging. Sollte doch sein Vater dafür sorgen, dass der Junge hin und
wieder etwas anderes aß als Brot mit Nougat-Schoko-Creme.
    Als sie zurückkam,
stand Bergheim im Wohnzimmer und hörte den Anrufbeantworter ab. Charlotte hörte
eine Männerstimme, konnte aber nicht verstehen, was gesagt wurde. Dann war die
Nachricht auch schon zu Ende.
    Bergheim drehte
sich zu ihr um. »Jans Klassenlehrer. Offensichtlich schwänzt mein Sohn die
Schule.«
    »Oh«, sagte
Charlotte.
    Bergheim hatte
sein Hemd gegen ein T-Shirt eingetauscht. Seine Arme waren muskulös und
gebräunt, er machte weiß Gott nicht den Eindruck, als würde er nicht mit einem
Fünfzehnjährigen fertig. Er ballte die Fäuste und preschte an Charlotte vorbei
zu Jans Zimmer.
    »Oh, oh«, sagte
Charlotte und verzog sich in die Küche.
    Sekunden später
hörte sie Bergheim schreien. »Was fällt dir ein? Seit wann hängst du hier zu
Hause rum? Dein Klassenlehrer hat mich für morgen in die Schule zitiert … Jetzt
steh endlich auf!« Kurz darauf kam Jan aus seinem Zimmer geschlurft. Sein Vater
hatte ihn am Schlafittchen gepackt, was den Jungen aber nicht sonderlich zu
beeindrucken schien. Er guckte gelangweilt. Kaum waren die beiden in der Küche,
drückte Bergheim seinen Sohn auf einen Stuhl und setzte sich daneben.
    »Soll ich euch
allein lassen?«, fragte Charlotte, die gerade den letzten Teller in die
Mikrowelle geschoben hatte.
    »Nein«, blaffte
Bergheim, »es gibt nichts zu verheimlichen.« Dabei knallte er mit der Faust auf
den Tisch. »Und jetzt rede!«
    Jan musterte
seinen Vater und grinste. »Hattest wohl ‘ne Schlägerei, was?«
    Bergheim
ignorierte die Bemerkung. »Wieso bist du nicht in der Schule, und seit wann
spielst du dieses Spielchen schon?«
    Jan fand das
ziemlich uncool. »Weiß gar nicht, warum der Wolfram sich aufregt. Mit geht’s
seit ein paar Tagen nicht so gut. Bin ich halt zu Hause geblieben. Ja und? Mach
ich immer so.«
    »Aha«, sagte
Bergheim mit verhaltenem Zorn. »Und was hast du für Symptome, wenn ich fragen
darf?«
    »Weiß nich, mir
ist irgendwie schlecht.«
    Charlotte verkniff
sich die Bemerkung, dass zwischen Übelkeit und Ernährung ein Zusammenhang
bestehe.
    »Und dann bleibst
du einfach zu Hause, ohne ein Wort zu sagen? Du brauchst doch eine
Entschuldigung.«
    »Schreib ich
selber.«
    Das verschlug
Bergheim für einen Moment die Sprache. Charlottes Gabel stockte auf halbem Weg
zum Mund.
    »Wie …«, fragte
Bergheim heiser, »du schreibst die selbst?«
    In diesem Moment
fing Jan an, sich für den Teller vor Bergheims Nase zu interessieren. »Was is
‘n das?«, fragte er und nahm die Gabel.
    Bergheim sah
hilflos zu Charlotte, die aber auch nur mit den Schultern zucken konnte. Was
sollte der Junge machen, wenn der Vater nie Zeit hatte? Sie stand auf, nahm den
dritten Teller aus der Mikrowelle und stellte ihn vor Jan auf den Tisch.
    »Iss, das mit der
Schule erledigt ihr, wenn ihr satt seid.«
    Zu ihrer
Überraschung ließ Jan sich nicht lange bitten, sondern begann mit großem
Appetit, die Nudeln in sich hineinzuschaufeln.
    Bergheim
beobachtete seinen Sohn aus zusammengekniffenen Augen. So schlimm schien das
mit der Übelkeit nicht zu sein. Er umfasste Jans kauenden Kiefer und zwang ihn,
seinen Vater anzusehen.
    »Morgen bringe ich
dich persönlich zur Schule, damit das klar ist«, raunte er.
    Jan musterte
Bergheim und grinste. »Mit dem Veilchen? Cool!«

SECHS
    Am nächsten
Vormittag kam Bergheim zu spät ins Büro. Er stürmte durch die Tür, warf den
Autoschlüssel auf den Tisch und ließ sich auf seinen Stuhl fallen. Charlotte,
die gerade mit ihrem Chef telefoniert hatte, legte sachte den Hörer auf und sah
ihren Freund erwartungsvoll an.
    »Na, wie war’s?«
    Bergheim seufzte
und betupfte sein lädiertes Auge. »Seh ich wirklich so schlimm aus? Dieser
Lehrer hat mich angeguckt, als wär ich der Gosse entstiegen.«
    »Weiß der denn
nicht, dass du ‘n Bulle bist?«
    »Doch. Hab einen
Pulk von Halbwüchsigen hinter mir hergezogen, die alle mal meine Waffe sehen
wollten.«
    Charlotte riss die
Augen auf. »Hattest du etwa deine Waffe in der Schule dabei?«
    »Natürlich nicht«,
entrüstete sich Bergheim, »das wollten mir diese Bengel aber nicht

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