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Der Teufel von Herrenhausen

Der Teufel von Herrenhausen

Titel: Der Teufel von Herrenhausen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Griffiths-Karger
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fühlen, steckte die Karte aber
trotzdem mit einem Lächeln ein. Sie würde es sich überlegen, sagte sie, gab dem
grinsenden Hohstedt ein Zeichen, und die beiden verabschiedeten sich.
    »Du meine Güte«,
schnaubte sie, als sie wieder auf der Straße stand. »Wenn Arroganz reich macht,
weiß ich, wo die ihr Geld herhat. Kaum zu glauben, dass dieses Frauchen vom
Dr. Hofholt aus demselben Stall kommen soll.«
    »Echt ein
Wahnsinnsweib«, hauchte Hohstedt.
    Charlotte blickte
ihren Kollegen von der Seite an. »Sie scheint ja schwer Eindruck auf dich
gemacht zu haben.«
    »Oh ja, die ist
wirklich eine wandelnde Reklame für ihre Kosmetiksalons. Und dann so ein
großzügiges Angebot zur Runderneuerung«, schmunzelte er und stieg in den Wagen.
    »Hör auf, witzig
sein zu wollen«, sagte Charlotte und schwang sich auf den Beifahrersitz.
    Hohstedt schwieg
und warf beleidigt den Wagen an.
    »Ich würde zu
gerne wissen, warum sich die Dame so lange gegen eine Befragung gesträubt hat«,
überlegte Charlotte. »Und außerdem bin ich mir nicht sicher, ob sie Jutta
Frieder wirklich nicht gekannt hat. Das ging alles ein bisschen zu schnell.«
    Hohstedt zuckte
mit den Schultern. »Wer ist schon scharf auf eine polizeiliche Befragung?«,
sagte er und fuhr auf der Hindenburgstraße Richtung Emmichplatz.
    Charlotte musterte
Hohstedt. »Was soll daran schlimm sein, wenn man nichts zu verbergen hat?«
    »Jeder hat doch
was zu verbergen«, sagte Hohstedt.
    »Ja«, sagte
Charlotte langsam, »so wird’s wohl sein.«
    Rüdiger Bergheim
war unterdessen am Lister Kirchweg dabei, eine hysterische Mutter und einen
hilflosen Vater zu beruhigen. Sie saßen in einem dunklen, geräumigen
Wohnzimmer, an das ein Wintergarten angebaut war, dessen Dach dem Raum das
Sonnenlicht raubte. Das Zimmer musste auch tagsüber künstlich beleuchtet
werden.
    »Das passt nicht
zu Timon«, schluchzte die dunkelhaarige Frau, die ein altmodisches, geblümtes T-Shirt
trug, und knetete ihr Tempotuch, »der läuft nicht weg.«
    Bergheim nahm
seine Sonnenbrille ab – es war einfach zu dunkel – und akzeptierte die zwei
verdutzten Augenpaare, die sich augenblicklich auf sein Veilchen hefteten.
    »Hat Ihr Sohn
Probleme in der Schule?«, fragte er.
    Der Vater
schüttelte heftig den Kopf. »Nein, er ist ein guter Schüler. Wir sind ja so
stolz auf ihn, dass er sein Abitur machen will …« Der Mann sprang auf und lief
im Zimmer auf und ab.
    »Und es gab keinen
Streit?«, vergewisserte sich Bergheim nochmals.
    »Aber nein, wenn
ich es Ihnen doch sage«, beteuerte die Frau und warf ihrem Mann einen Blick zu.
»Oder hattest du was mit ihm?«
    »Nein«, sagte
Matthias Wegener. »Du weißt doch, wie er gestern Mittag war.«
    »Wie war er denn
gestern Mittag?«, fragte Bergheim, der sich eigentlich nicht wunderte, dass der
Junge abgehauen war. Diese Eltern konnten einem schon den letzten Nerv rauben.
Aber andererseits konnten einem Halbwüchsige auch den letzten Nerv rauben. Da
kannte er sich aus.
    »Ach, da war gar
nichts Besonderes, gestern«, beteuerte die Frau wieder, »wir haben ganz normal
zusammengesessen, und Timon ist dann rauf in sein Zimmer. Allerdings war er
ziemlich in Gedanken und schweigsam, das ist sonst nicht seine Art. Er redet
ganz gern.«
    »Und Ihre Tochter
war bei einer Freundin?«
    Frau Wegener
nickte. »Ja, da ist sie immer noch. Sie weiß noch gar nicht, dass Timon
verschwunden ist.«
    Herr Wegener
setzte sich wieder hin.
    »Und Sie haben ihn
gestern Mittag zum letzten Mal gesehen?«, fragte Bergheim.
    Frau Wegener
nickte und schlug dann die Hände vors Gesicht.
    »Mein Gott, wenn
dem Jungen was passiert ist …«
    Bergheim erhob
sich. »Kann ich mir mal sein Zimmer ansehen?«
    Wegener sprang
wieder auf. »Natürlich, kommen Sie!« Damit führte er Bergheim durch einen Flur
in ein kleines Zimmer.
    »Könnten Sie mich
bitte einen Moment allein lassen?«, fragte Bergheim.
    Herr Wegener
guckte verwirrt, verließ aber dann den Raum.
    Bergheim sah sich
um. Er stand in einem ungewöhnlich ordentlichen Jungenzimmer. Offensichtlich
räumte die Mutter hier ab und zu auf.
    Es gab einen
Ikea-Schreibtisch und ein kleines Regal, in dem Schulbücher und einige CD s gestapelt waren. Im Kleiderschrank hing einsam ein
schwarzer Anzug, wahrscheinlich noch von der Konfirmation, dachte Bergheim.
Ansonsten stapelten sich T-Shirts, Jeans und Pullover in den Fächern. Der
Schreibtisch wirkte unbenutzt. Es gab keinen Computer. Bergheim durchsuchte

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