Der Teufel von Herrenhausen
Anschuldigungen, sonst
marschieren wir beide sofort hier raus.«
Jetzt war
Charlotte an der Reihe zu lächeln. »Wir haben eine Anzeige wegen Erpressung und
eine wegen Vergewaltigung und Zuhälterei – dabei handelt es sich um eine
Fünfzehnjährige.« Hier machte Charlotte eine vielsagende Pause.
»Eine Anzeige ist
noch lange kein Beweis«, sagte der Anwalt, aber Charlotte fuhr unbeirrt fort.
»Die Bilder, die wir bis jetzt auf dem Computer Ihres Mandanten gefunden haben,
sind Beweis genug. Und wir sind mit der Auswertung noch nicht mal fertig.«
Ziemer knabberte
an seinen Fingernägeln. Das sollte wohl gelangweilt wirken, aber Charlotte
konnte sehen, wie seine Kiefermuskeln unter der pickligen Haut arbeiteten. So
kalt, wie er es sie glauben machen wollte, schien ihn das Ganze wohl doch nicht
zu lassen.
Bremer kam herein
und übergab Charlotte einen Ordner. Sie warf einen kurzen Blick hinein und
lächelte.
»Eine weitere
Anzeige. Vom Vater eines Schülers, den Ihr Mandant bedroht hat.«
Ziemer saß mit
verschränkten Armen wie ein trotziger Junge da und starrte an Charlotte vorbei
an die Wand.
»Aber das
Schlimmste kommt ja noch, nicht wahr, Herr Ziemer?« Sie versuchte es auf die
milde Tour. »Erklären Sie mir doch mal, warum Sie auf der Hochzeit Ihres
Lehrers so lange mit der ermordeten Frau aus dem Georgengarten unterwegs
waren.«
Der Anwalt warf
seinem Mandanten einen Blick zu. Offensichtlich wollte er ihn dazu bewegen,
endlich den Mund aufzumachen, aber der stellte sich stur.
»Herr Ziemer, wir
haben Zeugen, die Sie mit der Frau zusammen gesehen haben, es liegen mehrere
Anzeigen gegen Sie vor, und Sie haben kein Alibi für die Tatzeit. Und
außerdem«, Charlotte wartete einen Moment, »haben wir die DNA von Jutta Frieder in dem Schrebergarten gefunden.
Was hatten Sie mit der Frau zu tun?«
Ziemer schien
langsam weichzukochen. »Hören Sie endlich auf damit!«, schnauzte er. »Ich hab
die Alte einmal genagelt, das war’s. Außerdem war die doch nicht ganz dicht …«
Wenn sie mit dir
in die Kiste gestiegen ist, bestimmt nicht, schoss es Charlotte durch den Kopf.
»… hat
wahrscheinlich ihr Hirn versoffen. Ständig hat sie davon geredet, dass der
Hofholt Dreck am Stecken hat und dass er damit nicht durchkommen würde.«
»Was meinte sie
damit?«
»Ja, das hab ich
versucht rauszukriegen, aber …« Ziemer tippte sich mit dem Finger an die Stirn.
»Hat sie mir nicht verraten. Hat nur gesagt, dass ihr Leben sich jetzt ändern
würde.«
»Welchen Hofholt
meinte sie?«
»Keine Ahnung.
Fragen Sie Sokolow, der weiß Bescheid«, sagte er dann mit einem hämischen
Grinsen.
Charlotte seufzte.
»Was wissen Sie sonst von der Frau?«
»Gar nichts«,
sagte Ziemer und verschränkte wieder die Arme vor der Brust.
Charlotte musterte
ihn. Sie hatte das Gefühl, dass sie hier nicht weiterkommen würde. Entweder
Ziemer wusste tatsächlich nicht, worüber Jutta Frieder gesprochen hatte, oder
er wollte es aus irgendeinem Grund nicht sagen.
»Was wissen Sie
von der Wohnung in der Osterstraße?«, lenkte sie ab.
Ziemer warf ihr
einen schnellen Blick zu, stellte sich aber dann dumm.
Charlotte öffnete,
ohne den Blick von Ziemer zu wenden, den Ordner, der vor ihr lag, und schob ihm
ein Foto hin.
»Dieses Bild haben
wir auf Ihrem Computer gefunden. Es wurde in der besagten Wohnung aufgenommen.
Was spielt sich hier ab?«
Ziemer warf einen
Blick auf das Foto. »Na, das ist ja wohl klar, oder? Wofür brauchen Sie mich
noch?«
»Wer hat dieses
Foto geschossen? Sie oder Sokolow?«
»Anton, ich
fotografier so was nicht.« Er wandte sich kurz an seinen Anwalt. »Ist
Fotografieren neuerdings strafbar?«
Der Anwalt schien
seinen Mandanten nicht besonders zu mögen, aber immerhin schüttelte er den
Kopf.
»Wer ist der
Mann?« Charlotte zeigte auf einen nackten Mann, der sich einem apathisch daliegenden
Mädchen auf dem Bett in der Wohnung in der Osterstraße näherte. Das Mädchen
schien Tabea Wegener zu sein. Der Mann trug eine Maske.
»Woher soll ich
das wissen? Warum fragen Sie nicht Anton?«
Plötzlich hatte
Charlotte keine Lust mehr. Abrupt stand sie auf, gab die Unterbrechung der
Vernehmung zu Protokoll und ließ Ziemer abführen.
»Schaff mir sofort
diesen Hofholt her«, schnauzte sie Bremer an, der gerade in der Schusslinie
stand. Der eilte sofort zum nächsten Telefon.
Charlotte stürmte
in ihr Büro, an Hohstedt und Maren vorbei, die sich einen verblüfften Blick
zuwarfen. Sie griff zum Hörer und
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