Der Teufel von Herrenhausen
gab. Aber wenn Sie dabei sind, wird sie vielleicht nicht reden.«
»Aber sie will
nicht mit der Polizei sprechen«, sagte Frau Wegener und putzte sich umständlich
die Nase.
»Lassen Sie mich
einen Moment zu ihr. Es ist wichtig, dass sie redet, auch für ihre Zukunft,
glauben Sie mir.«
»Ich weiß.« Frau
Wegener nickte. »Versuchen Sie es und bringen Sie diesen Kerl hinter Gitter!«
»Worauf Sie sich
verlassen können«, sagte Charlotte und stand auf.
Eine blasse,
hohläugige Tabea Wegener blickte Charlotte genauso misstrauisch entgegen wie
vorher ihre Mutter, die jetzt vor der Tür wartete.
Charlotte schob
den Stuhl ans Bett und setzte sich.
»Um es kurz zu
machen«, begann sie, »ich brauche deine Hilfe.«
Tabea hob
zweifelnd die Brauen. »Wozu?«
»Ich weiß, was dir
passiert ist, und du bist nicht die Einzige, der es passiert ist.« Sie beugte
sich vor und sprach leise weiter. »Anton Sokolow liegt schwer verletzt im Koma,
und Mark Ziemer ist verhaftet worden. Wir haben bereits eine Anzeige gegen
ihn.«
»Ich weiß«, sagte
Tabea, »aber was nützt das. Irgendwann kommt er wieder raus.«
»Irgendwann ja«,
sagte Charlotte, »und wenn er wieder rauskommt, sollte er wissen, dass du keine
Angst davor hast, ihn anzuzeigen.«
Tabea spielte mit
ihrem Handy und wich Charlottes Blick aus.
»Du musst wissen,
dass Menschen wie Sokolow und Ziemer sich schwache Opfer suchen. Solche, bei
denen sie wenig oder keine Gegenwehr zu erwarten haben. Das wäre für sie eine
Komplikation. Und Komplikationen können diese Typen weniger als alles andere
gebrauchen. Sie brauchen Menschen, die Angst vor ihnen haben.«
Tabea legte ihr
Handy weg und sah Charlotte aufmerksam an. »Sie wissen ja nicht, was das für
einer ist. Bis vor Kurzem wusste ich’s auch nicht. Ich fand ihn sogar toll.
Aber jetzt … der kann mich für alle Zeiten fertigmachen, wenn er will.«
»Du meinst die
Fotos«, sagte Charlotte, »sein Computer ist beschlagnahmt, ebenso wie sein
Handy und alles andere, was auch nur im Entferntesten interessant für uns ist.«
Tabea riss die
Augen auf. »Heißt das … heißt das, Sie haben die alle gesehen?«
»Nicht alle,
aber …«, sie zog erneut das Foto aus ihrer Tasche, »es würde uns brennend
interessieren, wer der Mann auf diesem Bild ist.«
Tabea schluckte,
sah sich das Bild kurz an, warf es dann weg und fing an zu weinen. Charlotte
setzte sich zu ihr aufs Bett. »Du wirst noch eine ganze Weile brauchen, um das
alles zu verarbeiten. Aber du brauchst unbedingt Hilfe, und die bekommst du
auch. Du darfst das Ganze nur nicht totschweigen. Glaub mir, das würde dir dein
Leben kaputtmachen.«
»Aber«, Tabea
schluchzte, »wenn meine Eltern …« Sie sprach nicht weiter und warf sich auf die
andere Seite.
»Deine Mutter hat
es bereits gesehen und hofft, dass du diesen Kerl entlarven kannst.«
Tabea drehte sich
um und starrte Charlotte entsetzt an. »Wirklich?«
»Natürlich. Soll
ich sie reinbitten? Sie wartet draußen.«
Tabea zog die
Decke bis ans Kinn. »Nein!«
»Okay, kannst du
mir sagen, wer der Mann auf dem Foto ist?«
Tabea zupfte an
der Decke. »Nein, er … er hatte immer diese Maske auf und hat nur geflüstert.«
»Würdest du ihn
eventuell an der Stimme wiedererkennen?«
»Ich weiß nicht,
er hat ja nicht viel gesagt und dann nur geflüstert.«
»Kannst du dich an
irgendwas Besonderes erinnern, vielleicht ein Muttermal oder so was?«
Tabea dachte nach.
»Nein«, sagte sie langsam, »es war dann auch ziemlich dunkel.«
»Okay«, sagte
Charlotte, »kannst du mir sonst irgendwas sagen? Warst du oft in dieser
Wohnung?«
»In der Wohnung
nur einmal. Sonst waren wir immer in dieser Gartenlaube.«
»Und war es immer
derselbe Mann?«
Tabea zog die
Schultern hoch und nickte.
»Wann wart ihr in
der Wohnung?«, fragte Charlotte.
»Ich weiß nicht,
ist schon ein paar Wochen her.«
»Wer war sonst
noch da?«
»Nur Anton und
Mark.«
Charlotte nickte.
»Möchtest du zu den beiden eine Aussage machen?«
Tabea knüllte die
Bettdecke zusammen und zog sie dann glatt. Ihre Hände waren so weiß und zart.
»Anton … hat mir
Fotos gezeigt, von dem, was in der Laube passiert ist.« Sie zog wieder die
Bettdecke hoch. »Aber ich kann mich nicht daran erinnern.«
Charlotte nahm
Tabeas Hände und drückte sie. »Kann ich eine Beamtin vorbeischicken, die deine
Anzeige aufnimmt?«
Tabea nickte.
»Das ist gut«,
sagte Charlotte lächelnd, »und jetzt holen wir deine Mutter rein.«
Charlotte
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