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Der Teufel von Mailand

Der Teufel von Mailand

Titel: Der Teufel von Mailand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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dort, daß sie schon damals in Begleitung eines Fräulein Seifert war, kaum jünger als die Frau Professor. Sie war auch diesmal mit von der Partie und ertrug die Launen, Boshaftigkeiten und Schikanen der Alten mit der Demut einer armen Verwandten, was sie vielleicht auch war.
    Lea stand von ihrer Liege auf, räumte ihre Sachen zusammen und ging. Frau Professor Kummer aber machte keine Anstalten, das Bad zu verlassen. Sie stand bei einer Unterwasserdüse und schielte immer wieder herüber. Wahrscheinlich in der Hoffnung, daß Sonia sich wieder in ihren Kreislauf einmischen würde.
    Manuel kam die Treppe herauf. »So schön ruhig hier, hast du die Kinder ertränkt?«
    »Viel hätte nicht gefehlt.«
    Er setzte sich auf den Stuhl neben Sonia und schwieg ein Weilchen. Dann, unvermittelt: »Hast du nie welche gewollt?«
    »Kinder?« Sonia war überrascht. »Nein. Doch. Es gab eine Zeit, da wollte ich.«
    »Und? Weshalb hast du keine?«
    »Passagestörungen.«
    »Was ist das?«
    »Wie genau willst du es wissen?«
    »Ach so.«
    Sie beobachteten schweigend die Frau Professor, die gerade von der letzten Unterwasserdüse zurück zur ersten wechselte. Manuel nahm den Faden wieder auf. »Kann man da nichts machen?«
    »Kommt darauf an, wie sehr man will.«
    »Du wolltest nicht sehr?«
    Sonia schüttelte den Kopf. »Je länger, desto weniger.«
    »Verstehe.« Er deutete mit dem Kinn zu der alten Frau an den Massagedüsen. »Wie lange ist sie schon drin?«
    »Zu lange. Aber ich hol sie nicht raus. Sie sucht nur Streit.«
    »Hol Frau Felix. Vor der hat sie Angst.«
    »Ich auch.«
    »Ach was. Im Grunde ist sie ganz nett.«
    »Wußtest du, daß sie hier mit einem Kind Vojta-Therapie macht?«
    »Das hat sie mir erzählt. Sie hat mit der Chefin ausgehandelt, daß sie ihre privaten Patienten hier weiterbehandeln darf.«
    »Ob sie ihr auch gesagt hat, daß die Kinder dabei schreien wie am Spieß?«
    »Scheiße!« Manuel rannte zum Thermalbecken und sprang hinein. Sonia folgte ihm. Von Frau Professor Kummer war nur noch die rote Badekappe zu sehen. Manuel hob die Ertrinkende in die Höhe, bis ihr Kopf wieder über Wasser war. »Frau Professor!« rief er. »Hören Sie mich? – Scheiße, wir müssen sie beatmen.«
    Die alte Frau öffnete die Augen und zeigte triumphierend ihre falschen Zähne. »Das würde Ihnen so passen.«
    Die Glastür glitt auf, und Barbara Peters kam in Begleitung eines rothaarigen Mannes in einem grauen Overall herein. Er hatte die Hand in eine Serviette gewickelt.
    »Herr Wepf hat sich verätzt, kennt sich jemand damit aus?«
    Manuel ließ Frau Professor Kummer im Pool stehen und ging eine Brandsalbe holen.
    »Jemand hat den Ficus mit Säure vergiftet«, erklärte Barbara Peters.
    »Schwefelsäure«, ergänzte Wepf. »Riecht wie eine ausgelaufene Autobatterie.«
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    Yves Montand steuerte einen Lastwagen voller Nitroglyzerin über eine gefährliche Paßstraße. Das Nachglühen im Röntgenbereich der geheimnisvollen Supernova 1979C wurde in den letzten fünfundzwanzig Jahren einfach nicht schwächer. Ein weiteres verstümmeltes Opfer des Tierquälers wurde gefunden.
    Sonia schaltete den Fernseher aus und löschte das Licht. Es war noch früh, und sie war nicht müde, aber sie wollte die Astlöcher nicht mehr sehen. Sie könnten wieder lebendig werden.
    Sie lauschte auf die Geräusche des Abends. Das leise Klimpern, wenn Pavarotti in seinem Käfig die Position wechselte. Das Knarren, wenn jemand herumging. Das Rascheln, wenn der Wind durch die Blätter der Birke vor ihrem Fenster strich. Die Kirchenglocke, die dumpf die Viertelstunden schlug.
    Die Geräusche wurden wieder sichtbar. Auf der Projektionsfläche vor ihren Augen zeigte sich Pavarottis Klimpern als hellgelbe Noppen. Die Schritte waren graubraune Würfel mit unscharfen Konturen. Das Blätterrascheln zog diagonale silberne Streifen, von einem zittrigen Pinsel gemalt. Und die Schläge der Kirchenglocke verzerrten alle diese Bilder, wie eine bewegte Wasseroberfläche den seichten Seegrund.
    Sonia stand auf, zog ihren Bademantel an und stellte sich ans Fenster. Sie ahnte die tiefhängende Wolkendecke und die steilen Felswände dahinter. Der Wind trug den Geruch der Misthaufen herbei, die da und dort noch vor den Ställen dampften.
    Nichts Heimeliges,

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