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Der Teufel von Mailand

Der Teufel von Mailand

Titel: Der Teufel von Mailand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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und Lärchen neben dem Hotel gab es einen kleinen Kinderspielplatz mit Sandhaufen, Rutschbahn, Karussell und einer aus groben Balken gezimmerten Burg. Die beiden Häusermann-Töchter mußten abwechselnd ihre kleinen Brüder dorthin begleiten und auf sie aufpassen. An diesem Morgen war Melanie an der Reihe gewesen.
    Pascal und Dario rannten mit Gebrüll voraus, und Melanie trottete mißmutig hinterher. Als sie den Spielplatz erreichte, kamen ihr die Jungen schon aufgeregt entgegen und schleppten sie zur Spielburg. Dort, an einem kurzen Strick an einem Balken festgemacht, führte der verkleidete Bango winselnd einen Freudentanz auf. Bellen konnte er nicht, seine Schnauze war mit einem Tuch fest zugebunden. Kaum hatten die Kinder ihn befreit, war er zum Hotel gerast.
    Barbara Peters herzte den begeisterten Bango und ließ sich von ihm das tränennasse Gesicht lecken. Sonia half ihr, das Tier aus seiner entwürdigenden Verkleidung zu befreien, und begleitete die beiden in die Turmwohnung. Dort sah sie schweigend zu, wie Bango eine Dose Hundefutter, ein Döschen Thon und eine halbe Schachtel Pralinen verschlang und einen Napf voll mit Wasser, das mit etwas Milch aufgehellt war, leer soff.
    »Schade, daß die Polizisten schon weg waren«, bemerkte Sonia.
    »Was hätte das gebracht, wenn sie noch hier gewesen wären?« Auf Barbara Peters’ bleicher Haut hatten sich ein paar hektische rote Flecken gebildet.
    »Es hätte die Theorie bestätigt.«
    Barbara Peters antwortete nicht.
    »Nicht wahr«, sagte Sonia, »Sie haben die Sage nicht erwähnt.«
    »Die haben mich so schon nicht ernst genommen.«
    »Was haben Sie denen gesagt?«
    »Das vom Kiffer. Und daß ich glaube, es sei Reto Bazzell.«
    »Und nichts von den andern Vorfällen?«
    »Wenn sie Bazzell das Handwerk legen, hört das alles auf.«
    Bango legte sich vor seinem Frauchen auf den Rücken, und sie tätschelte gehorsam seine Brust.
    »Und das von Bango? Wollen Sie auch nicht sagen?«
    »Doch. Mit Bango ist er zu weit gegangen.«
    »Ich finde, schon mit Pavarotti«, bemerkte Sonia kühl.
    »Verzeihung, natürlich.« Barbara Peters kamen wieder die Tränen. Sonia legte den Arm um sie und zog sie zu sich heran. Sofort wurde sie von lauten Schluchzern geschüttelt.
    Sonia strich mit der freien Hand über ihr zerzaustes Haar. Ab und zu drängte sich ein ersticktes »Entschuldigung« zwischen die Schluchzer.
    Als sich Barbara Peters etwas beruhigt hatte, holte Sonia einen kleinen Sessel und setzte sich ihr gegenüber. Sie zog ihr den Mokassin aus und legte den Fuß auf ihr Knie. Er war klein, höchstens eine siebenunddreißig, gepflegt und pedikürt. Die Zehennägel waren im gleichen Korallenrot lackiert wie ihre langen Fingernägel.
    Sonia legte die Hände locker um den Fuß, drückte ihn vor und zog ihn zurück, vor und zurück in immer schnellerem Rhythmus. Als sie spürte, daß er sich entspannt hatte, faßte sie die Zehenbasis mit der Linken und drückte ihren rechten Daumen in die Zwerchfell- und Solarplexuszone direkt unter dem Fußballen.
    Barbara Peters hatte aufgehört zu weinen. Sie lag in den Kissen des Sofas und hatte die Augen geschlossen. »Ich habe Angst«, sagte sie.
    »Ich weiß.«
    »Ich habe sonst nie Angst.«
    »Ich fast immer.«
    »Wollen wir uns duzen?«
    »Gerne.«
    Sonia nahm die Ferse in die linke Hand, faßte mit der rechten die Fußspitze und rotierte den Fuß behutsam erst in die eine, dann in die andere Richtung.
    »Das mit der Angst, hat das mit deinem Mann zu tun?«
    »Mit ihm hat sie angefangen. Und jetzt springt sie mich beim kleinsten Anlaß an. Es ist, als hätte mein Gehirn gelernt, Angst zu haben.«
    »Hat er dich geschlagen?«
    »Er wollte mich umbringen.«
    Bango war eingeschlafen. Jetzt stieß er ein kurzes leises Bellen aus, und seine Pfoten bewegten sich im Traum.
    »Wenn er aufwacht, hat er alles vergessen«, sagte Sonia.
    »Was tust du dagegen? Gegen die Angst?«
    »Früher Pillenschlucken und davonrennen.«
    »Und heute?«
    »Die Ursache bekämpfen statt die Symptome.«
    »Wie macht man das?«
    »Zeig dieses Schwein an. Erzähl alles, was er getan hat. Damit er aus dem Verkehr gezogen wird.« Sonia hatte ihre Stimme nicht erhoben, aber sie verlieh ihren Worten dadurch Nachdruck, daß sie den Daumen kräftig in die Magenreflexzone drückte. Barbara sog hörbar Luft durch die Zähne.
    »Verzeihung«, sagte Sonia.
    »Gleich nachher ruf ich an.«
wie heißt er
wer
der wegen dem du nicht zurückkommst
frederic
den andern meine ich

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