Der Teufel Von Muenster
zum zweiten Mal mit einer immer deutlicher hervortretenden Falte auf der Stirn. Dann legte sie auf und wandte sich an Branagorn. »Herr Schmitt, Schwester Nadine hat heute etwas früher Schluss gemacht und ein paar Überstunden abgefeiert. Es tut mir leid. Sie ist nicht im Haus.«
»Mich dünkt, dass Ihr dafür nichts könnt, werte Frau Kemper.«
»Tja, ich kann Ihnen leider wohl doch nicht weiterhelfen, werter Herzog von Schmitt oder wie Sie sich nennen.«
»Könnt Ihr mir den Weg zu ihrem Heim beschreiben? Ich kenne nur die Adresse, war aber viele Zeitalter nicht mehr hier in der Stadt.«
»Nein, tut mir leid, dass kann ich nicht«, erklärte Ilona Kemper nun mit einem veränderten Gesichtsausdruck. Sie schien misstrauisch geworden zu sein. »Und um ehrlich zu sein, weiß ich auch nicht so ganz, was ich davon nun halten soll.«
»Falls meine Bitte ungebührlich war, so verzeiht mir und habt Dank für die Hilfe, die Ihr mir trotz alledem habt angedeihen lassen.«
Branagorn verließ mit langen Schritten das Marienhospital.
In unmittelbarer Nachbarschaft befanden sich ein großer Parkplatz und das Café Mauritius. Branagorn blieb einen Moment lang stehen und ließ den Blick schweifen. Sein Handy klingelte. Nein, ich werde dem sprechenden Artefakt jetzt keine Bedeutung zumessen, nahm er sich vor. Er war auf das Höchste konzentriert und konnte jetzt keinerlei Ablenkung gebrauchen. Darüber hinaus gab es nur eine einzige Person, die seine gegenwärtige Handynummer kannte – und das war Anna van der Pütten, die er als Seelenträgerin seiner geliebten Cherenwen zu erkennen glaubte. Nur sie konnte es sein, aber wenn er jetzt mit der Frau sprach, deren Seele ihm schon in einer anderen Welt so sehr verbunden gewesen war, so konnte er gewiss seine Konzentration nicht mehr aufrechterhalten. Zu aufwühlend wäre das gewesen. In diesem Punkt hegte er keinerlei Zweifel. Also ließ er das sprechende Artefakt klingeln, bis es von selbst aufhörte. Der nächste Schritt war, Nadine Schmalstiegs Privatadresse aufzusuchen. Er bemerkte einen großformatigen Stadtplan in einem Schaukasten, ganz in der Nähe des Cafés Mauritius. Das wird mir helfen, dachte Branagorn.
Dann, als er den Blick auch über den Parkplatz schweifen ließ, bemerkte er etwas, was ihn stutzen ließ. Eine Frau und einen Mann. Die Frau wollte offenbar in einen Wagen steigen, denn dessen Tür war offen. Ihr Gesicht konnte Branagorn nicht sehen, sie wandte ihm den Rücken zu. Aber den Mann konnte er dafür umso besser erkennen. Er war nicht viel größer als sie und anhand des Größenverhältnisses zu den Dächern der benachbarten Kleinwagen schätzte er ihn auf ungefähr einen Meter siebzig. Branagorn hatte selbst auf die Entfernung hin nicht den kleinsten Zweifel, dass er niemand anderen als Timothy Winkelströter sah, dessen Gesicht er zuletzt in einer noch sehr viel jugendlicheren Version auf der Stellwand im Polizeipräsidium gesehen hatte.
Timothy Winkelströter hob sehr häufig seine Hände, denn er gestikulierte wild herum. So hoch ausholend, dass oft genug sogar der Arm aus dem Ärmel seines Ledermantels hervorschaute, unter dem er nur ein schwarzes T-Shirt trug, dessen Aufdruck der Tätowierung in allen wesentlichen Details entsprach. Ein Stierkopf auf einem Kreuz. Und dieses Kreuz hatte acht Spitzen wie das Kreuz der Tempelritter. Dieses Detail entging Branagorn natürlich nicht. Manche Zeichen wurden eben immer wieder in wechselnden Zusammenhängen und in verschiedenen Zeitaltern benutzt. Man durfte sich nicht täuschen lassen, wusste Branagorn. Die Bedeutung blieb keineswegs konstant. Sie verkehrte sich manchmal sogar in ihr Gegenteil.
Dann drehte sich die Frau um. Branagorn konnte jetzt mehr sehen, als nur die Rückseite eines kecken Pagenschnitts. Er war sich nun vollkommen sicher, dies war Nadine Schmalstieg – auch wenn sie seit ihrer ersten Begegnung die Haarfarbe geändert hatte. Ihr Haar war nun rotbraun und nicht mehr dunkelbraun.
Nadine stieg in den Wagen. Sie knallte die Tür.
Timothy Winkelströter wischte sich mit der Hand über die Stirn und schüttelte den Kopf. Er zog seinen Ledermantel aus, öffnete ebenfalls die Tür seines Wagens und warf den Mantel auf den Rücksitz. Dann stieg er ein.
Jetzt, dachte Branagorn, werde ich Eile walten lassen müssen.
Nadine Schmalstieg trat mit aller Kraft auf die Bremse. Ihr Wagen rutschte noch einen halben Meter über den Asphalt, und ein quietschender Laut ertönte. Ein Laut, wie
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