Der Teufel Von Muenster
Zumindest habe ich die Fakten so gedeutet – aber Jennifer war da völlig blind. Sie wollte es einfach nicht wahrhaben.«
»Wann war das genau?«, fragte Haller.
»Das ist sicher schon zwei Monate her. Danach schien es so, als hätten sich dieser Timothy und Jennifer noch mal zusammengerauft. Aber nur bis zur nächsten Krise … Er hat mit ihr Schluss gemacht. Trotzdem hat er sich breitschlagen lassen, sich mit ihr auf dem Mittelalter-Markt zu treffen.«
»Woher wissen Sie das?«
»Sie hat mir eine SMS geschrieben. Und ich denke, sie war der Meinung, dass nun wieder alles eingerenkt werden könnte. Aber das war meiner Ansicht nach eine Illusion.«
»Haben Sie auf die SMS geantwortet?«
»Nein, ich habe Jennifers Nachricht erst gefunden, als schon in der Zeitung stand, was mit ihr passiert ist. Ich hatte nämlich zwischendurch mein Handy verlegt.«
»Werden einem bei diesem Baphomet-Ritual, von dem Sie sprachen, auch die Haare abrasiert?«, hakte Anna nach. »Hat Jennifer davon irgendwann mal etwas erwähnt?«
»Nein – das gehört zu den Strafen für diejenigen, die sich der Macht Baphomets verschlossen haben, sich innerlich abwenden oder sogar die Geheimnisse aus dem Innenleben dieser Sekte nach außen tragen. Und zu den wichtigsten Geheimnissen gehört der Ablauf der Rituale. Und deswegen glaube ich ja, dass dieser Jürgen Tornhöven Jennifer umgebracht hat. Es war am Mittwoch oder Donnerstag vor dem Markt auf der Planwiese … Jennifer und ich haben uns abends getroffen und mal wieder über alles Mögliche geredet. Ich habe mit meiner Meinung nicht hinter dem Berg gehalten und ihr klipp und klar gesagt, was ich von diesen Sektenspinnern und diesem ganzen Mist halte.«
»Aber sie hat Ihnen trotzdem in aller Ausführlichkeit davon berichtet – obwohl sie doch Angst haben musste, dass sie dafür bestraft wird, wie Sie gesagt haben«, gab Haller zu bedenken.
»Ja, aber sie musste sich offenbar irgendjemandem anvertrauen. Und ich gebe zu, dass ich auch etwas nachgebohrt habe. Jedenfalls saßen wir bei ihr zu Hause im Wohnzimmer ihrer Eltern. Es war schon ziemlich spät geworden. Da klingelte jemand an der Tür. Jennifers Eltern waren nicht zu Haus, also ging Jennifer hin und schaute durch den Spion. Sie kam schreckensbleich zurück und meinte, es wäre der Prior – Jürgen Tornhöven.«
»Was habe Sie beide getan?«, fragte Haller.
»Nur abgewartet. Wir dachten, wenn keiner aufmacht, wird er irgendwann verschwinden.«
»Und?«
»Stattdessen tauchte er vor dem Wohnzimmerfenster auf. Ich habe ihn gesehen – und er uns auch. Er schrie dann irgendetwas, dass sie eine Abtrünnige sei, und außerdem einige Sachen, die ich nicht verstanden habe. Irgendwas Lateinisches oder so. Ich habe nur Französisch in der Schule gehabt, müssen Sie wissen. Dann ist er abgezogen, und ein paar Tage später war Jennifer tot. Ihr wurde der Kopf rasiert – genau, wie Jennifer es mir beschrieben hatte. Und davon abgesehen hat dieser Tornhöven eine ganz eindeutige Geste hier am Hals gemacht, die man nur als blanke Drohung deuten konnte. Genau das ist dann doch auch mit Jennifer geschehen. Man hat ihr die Kehle durchgeschnitten!«
»Warum haben Sie sich nicht früher bei uns gemeldet?«, fragte Haller und versuchte dabei gar nicht erst zu verbergen, wie ärgerlich er darüber war, diese Hintergründe erst jetzt zu erfahren.
Pamela Strothmann schluckte.
»Ich denke, Sie hatten Angst«, antwortete Anna van der Pütten an ihrer Stelle. »Nicht wahr?«
Sie nickte stumm. Dann öffnete sie halb den Mund, so als wollte sie noch etwas sagen, aber es kam kein einziger Ton über ihre Lippen. Sie starrte wieder vor sich auf das Tischdeckenmuster.
Der Würger von Osnabrück
»Wir hätten besser was bei Rabbel essen sollen«, meinte Anna, als sie die fünf Kilometer zwischen Tecklenburg und Lengerich bereits wieder zurückgelegt hatten und jetzt in einem der zahlreichen Döner-Imbisse in der Innenstadt saßen. Haller aß mit großem Appetit einen Döner Kebab. Anna nahm nichts. Das Essen war ihrer Ansicht nach alles zu kalorienhaltig, und außerdem hatte sie eine tiefe Abneigung gegen Knoblauch. Dessen Genuss erschien ihr unvereinbar mit der Ausübung sozialer Berufe. Haller schien da keinerlei Skrupel zu haben. Er aß einfach, was ihm schmeckte.
»Schon mal davon gehört: Wer Knoblauch zu sich nimmt, ist fit, aber einsam«, konnte sie sich schließlich eine bissige Bemerkung nicht verkneifen.
»Ich habe nichts gegen Fitness und
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