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Der Teufel Von Muenster

Der Teufel Von Muenster

Titel: Der Teufel Von Muenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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interessant.«
    »Anscheinend seid Ihr von recht vorurteilsfreiem Charakter.«
    Klaus musterte Branagorn. »Ich habe eine Menge durchgemacht. Weißt du, früher war ich mal Ingenieur und hatte Familie, ein Haus und einen Mercedes in der Garage. Das ist alles nach und nach den Bach runtergegangen. Aber wenn ich mir dich so ansehe, dann denke ich: Um so durchgeknallt zu sein wie du, muss man noch viel Schlimmeres erlebt haben.«
    »Welchen Sinn hat es, sich bei den höheren Mächten zu beklagen?«, sagte Branagorn.
    »Das sage ich mir auch immer, wenn ich im Amt eine Nummer gezogen habe und darauf warte, dass ich endlich dran bin«, meinte Klaus. »Erzähl mal was über dich. Woher kommst du und was hast du erlebt?«
    »Das ist eine sehr lange und verworrene Geschichte«, erwiderte Branagorn. Doch dann begann er doch zu erzählen. Von den anderen Welten, in denen er gewesen war, von der Drachenhölle, die er durchlitten und vor allem von Cherenwen, die er zuerst verloren und in dieser Welt vielleicht wiedergefunden hatte. Klaus kaute dabei auf seinem platt gesessenen Schokoriegel herum, aber diese Kaubewegungen wurden immer langsamer, je länger er zuhörte. Er vergaß sogar, mit einem Schluck aus der geöffneten Bierflasche in seiner Manteltasche etwas nachzuspülen.
    »Auf jeden Fall ist deine Erzählung besser als das Gequatsche der Heilsarmee oder der Sozialarbeiter«, meinte Klaus schließlich, als Branagorn lange nach Mitternacht geendet hatte. »Eins sag ich mal an deine Adresse: Manche Medikamente sind aber auch nicht harmlos!«
    »Wie oft seid Ihr eigentlich hier, an diesem Ort der inneren Einkehr?«, fragte Branagorn.
    »Aufm Friedhof? Fast jeden Tag«, erwiderte Klaus, der etwas irritiert über den für ihn plötzlichen Themenwechsel war.
    »Dann beobachtet Ihr gewiss auch, welche Menschen und Fahrzeuge man in dieser Gegend findet und wie ihre Gewohnheiten beschaffen sind?«
    »Man könnte sagen, ich bin ein Teil der Nachbarschaft. Allerdings ein nicht ganz so gern gesehener Teil, wie ich leider zugeben muss.«
    »Ja, ich glaube, ich verstehe, was Ihr meint, werter Herr Klaus.«
    »Tja, wir verstehen uns.«
    »So seid auch Ihr offenbar ein Ausgestoßener und Vagabund zwischen den Welten.«
    »Eine so schöne Umschreibung für das gute alte und vor allem auch sehr gebräuchliche deutsche Wort Penner habe ich ehrlich gesagt noch nie gehört«, gestand Klaus ein. »Klingt auf jeden Fall sehr viel freundlicher.«
    »Im richtigen Wort steckt Magie, guter Freund. In der Formel schlummert die Kraft des Verborgenen, die imstande ist, die Realität zu verändern.«
    »Wenn du damit sagen willst, dass man sich eine Menge einreden kann, stimme ich dir voll und ganz zu.« Klaus zuckte mit den Schultern, nahm einen Schluck Bier und sah dann auf die Flasche. »Es gibt natürlich auch die Möglichkeit, sich das Leben schön zu saufen. Aber ich glaube, dein Weg ist auf jeden Fall nicht so schädlich für die Leber, Branadings!«

    Der ehrenwerte Klaus legte sich schließlich auf die Bank und schnarchte. In Branagorns Anwesenheit schien er sich sicher zu fühlen, auch wenn er, kurz bevor er einschlief, noch scherzhaft bemerkte: »Aber schlag mir nicht im Schlaf die Rübe mit deinem langen Messer ab! So besoffen, dass ich das nicht merken würde, bin ich nämlich auch wieder nicht.«
    Für Branagorn blieb nur ein kleiner Teil der Bank übrig, und so schlief er im Sitzen, was ihm jedoch nicht sonderlich viel ausmachte. Schließlich schafften es doch auch die großen Meister des Zen oder die tibetischen Lamas, in allen möglichen, auch scheinbar unbequemen Körperhaltungen, vollkommene Ruhe und Erholung zu finden. Alles eine Frage der geistigen Disziplin, dachte Branagorn und murmelte vor dem Einschlafen eine magische Formel, die den ehrenwerten Klaus um ein Haar wieder aufgeweckt hätte.

    Trotz all seiner inneren Versenkung und seiner überdurchschnittlichen Konzentrationsfähigkeit blieb Branagorns Schlaf in dieser Nacht nur sehr leicht. Das Geräusch eines aufbrausenden Motors weckte ihn. Er konnte nicht sehen, was für ein Wagen das war, aber er war sich ziemlich sicher, dass er von Nadine Schmalstiegs Adresse aus zurück in die Stadt fuhr.
    Der aufbrausende Herr Timothy, ging es Branagorn durch den Kopf. Wer anderes als Timothy Winkelströter kam dafür in Frage? Offenbar hatte er Nadine jetzt verlassen.
    Es war noch völlig dunkel. Nicht einmal ein erster zaghafter Sonnenstrahl kroch im Osten über den Horizont. Ein

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