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Der Teufel Von Muenster

Der Teufel Von Muenster

Titel: Der Teufel Von Muenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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und die Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag.
    Das musste er sein! Der Traumhenker!
    Für einen Moment stand Branagorn wie erstarrt da und schien unfähig zu sein, sich auch nur einen Zentimeter zu bewegen. Ihm war auf einmal eisig kalt, und eine Schwäche fuhr ihm in Arme und Beine, wie er sie lange nicht gekannt hatte.
    Seit jenem besonderen Augenblick, den er aus seiner Erinnerung verbannt hatte.
    Die Zeit schien ihm jetzt auf eigenartige Weise gedehnt zu werden, so, als würde sie nur im Schneckentempo voranschreiten.
    Der Wagen fuhr los.
    Nein, ich darf ihn nicht entkommen lassen! Diesmal nicht, ging es Branagorn durch den Kopf. Er murmelte eine Formel, die ihm helfen sollte, die innere Erstarrung zu überwinden, die ihn so plötzlich befallen hatte. Die letzten magischen Worte dieser Formel gipfelten in einem lauten, durchdringenden Kampfschrei. Er riss das Schwert heraus, fasste den Griff mit beiden Händen und sprang mit ein paar schnellen Sätzen auf die Straße.
    Genau in der Mitte der Fahrbahn stellte sich Branagorn aufrecht und breitbeinig auf. Die Schwertspitze zeigte in Richtung des nur schattenhaft erkennbaren Fahrzeugs.
    »Stell dich, Traumhenker!«, rief Branagorn.
    Der Wagen beschleunigte. Der Fahrer trat das Gaspedal voll durch. Der Motor brüllte auf, und Branagorn stand im gleißend hellen Lichtkegel der Scheinwerfer.
    Branagorn sprang, bevor der Wagen ihm die Beine wegreißen konnte. Mit der Schulter rollte er über die Motorhaube. Und für den Bruchteil eines Augenblicks sah er ein Paar weit aufgerissener Augen. Augen voller Hass, aus denen der unzähmbare Drang zu töten sprach. Branagorn riss das Schwert herum, wollte damit die Scheibe zerschlagen, aber die Fliehkräfte rissen ihn fort. Er wurde von der Motorhaube heruntergeschleudert und kam hart auf dem Boden auf, während der Wagen erst bremste und dann wieder beschleunigte. Die durchdrehenden, über den Asphalt quietschenden Räder rollten über sein Schwert, das ihm dadurch aus der Hand gerissen wurde.
    Der Wagen raste davon, bremste an der nächsten Abzweigung und bog dann ein. Danach war nichts mehr von ihm zu sehen.
    Branagorn griff nach dem Schwert und stand auf. Als er die Waffe hob, sah er im Mondlicht, dass die Klinge dort verbogen war, wo das Fahrzeug sie überfahren hatte.
    »Verflucht seist du, Traumhenker!«, rief er. »Auch wenn du mir heute entkommen konntest – eines Tages wirst du meine Klinge und die Macht meiner Magie zu spüren bekommen. Und wenn es noch eine Ewigkeit dauern sollte und ich dich bis in die letzte und einsamste Welt des Polyversums verfolgen müsste!«
    Sein Ruf verklang, und Branagorn selbst fand, dass sich der Klang seiner Stimme entsetzlich schwach anhörte.
    Die Verfolgung aufzunehmen hatte wohl keinen Sinn. Sein Feind war ihm an Schnelligkeit einfach überlegen. Also drehte er sich um und wandte sich dem Haus von Nadine Schmalstieg zu. Eine furchtbare Ahnung beschlich ihn.
    Er ging zur Tür und fand sie einen Spalt offen.
    Mit dem Schwert sorgte er dafür, dass sie sich zur Gänze öffnete. Anschließend trat er in einen dunklen Flur. Namenlose Schatten waberten dort. Er lauschte. Kein Geräusch war zu hören.
    »Werte Heilschwester! Nadine! Seid Ihr dort irgendwo? Branagorn von Elbara spricht hier – und er ist gekommen, um Euch seinen Schutz zu gewähren … Ich hoffe nur, dass ich nicht zu spät eingetroffen bin.«
    Branagorn fand schließlich einen Lichtschalter. Im Flur wurde es hell.
    Blut war auf dem Boden zu sehen. Kleine Tropfen nur, aber für Branagorn waren sie sehr deutlich erkennbar.
    Und Haare.
    Nicht nur ein einzelnes, sondern ein Büschel, so dick wie Branagorns schlanker Zeigefinger. Auch dieses Haarbüschel war blutverschmiert. Branagorn murmelte eine weitere Formel vor sich hin, dann stieß er mit dem Schwert die halb offen stehende Tür zum Wohnzimmer auf. Auch dort waren um den Griff herum blutige Spuren zu sehen.
    Branagorn trat in das Halbdunkel des Wohnzimmers. Eine Stehlampe verbreitete gelbliches Licht und schien auf Nadine Schmalstiegs starres, totes Gesicht.
    Sie saß mit durchschnittener Kehle in einem klobigen Ledersessel. Ihr Kopf war vollkommen kahl. Beim Rasieren waren ihr allerdings einige Schnitte zugefügt worden, die zu stark blutenden Wunden geführt hatten. Aus manchen dieser Schnitte sickerte es noch immer heraus.
    »Bei den vergessenen namenlosen Göttern des elbischen Lichtvolkes«, murmelte er. »Was hast du nur getan, Traumhenker? Was hast du nur

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