Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Teufel Von Muenster

Der Teufel Von Muenster

Titel: Der Teufel Von Muenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
Vom Netzwerk:
früher Zeitpunkt, um eine Geliebte zu verlassen, überlegte Branagorn. Selbst für die ob ihrer Kurzlebigkeit so eiligen Menschen …
    Hatte es vielleicht Streit zwischen Timothy und Nadine gegeben? Selbst ohne die Anwendung irgendeiner Form von Magie lag dieser Schluss ziemlich nahe, wie Branagorn fand.
    Aber die Tatsache, dass Timothy Winkelströter vermutlich das Haus von Nadine Schmalstieg verlassen hatte, bot Branagorn endlich die Gelegenheit, sich noch einmal ungestört mit ihr zu unterhalten und ihr die Fragen zu stellen, die ihm auf der Seele lagen.
    Auch wenn es jetzt noch sehr früh für einen Besuch war, so dachte Branagorn, dass er sich doch zumindest schon mal auf den Weg zum Haus machen und dann vielleicht den Rest der Nacht vor ihrer Haustür verbringen konnte, sodass er dann auch auf keinen Fall den Moment verpasste, wenn sie morgens zur Klinik fuhr, um dort ihren Dienst anzutreten.
    Branagorn drehte sich noch einmal nach Klaus um, der noch immer arglos vor sich hin schnarchte.
    Eine gute Seele muss das sein, wenn er so tief in den Schlaf zu sinken vermag, dass ihn selbst das Geräusch eines so aggressiv aufheulenden Fahrzeugs nicht wecken kann. Der Schlaf des Gerechten eben, dachte Branagorn. Und zumindest darum beneidete er diesen Mann, denn ihm selbst war es schon lange nicht mehr möglich, diese besonders tiefe Form der Ruhe zu finden. Nicht, seit er zum ersten Mal die Anwesenheit des Traumhenkers in den Augen eines anderen Menschen gesehen hatte …
    Für den Bruchteil eines Moments drohte eine Erinnerung in ihm aufzusteigen. Eine Erinnerung, die sich um ein Augenpaar und einen kahl geschorenen Kopf drehte. Ein flüchtiger Schatten einer Vergangenheit, die noch viel weiter zurücklag als jene Begegnung in der Lengericher Klinik, von der er seiner geliebten Cherenwen in Gestalt von Anna van der Pütten schon berichtet hatte.
    Doch diese anderen Augen, von demselben Wahnsinn gezeichnet, hatte er nie erwähnt, und er war sich eigentlich auch sicher, dass er das niemals tun würde. Um keinen Preis. Es war schon schlimm genug, von dem Erlebnis in Lengerich zu erzählen. Und auch das hätte Branagorn nicht getan, wenn er eine Chance gesehen hätte, der Spur des Traumhenkers auf andere Weise zu folgen. Doch ihm war gedämmert, dass er es allein nicht schaffen würde. Er war auf die Hilfe der Hüter der Ordnung angewiesen, sosehr ihm dieser Umstand auch missfallen mochte, denn er hatte von deren Fähigkeiten keine allzu hohe Meinung. Und außerdem war er auf Cherenwen angewiesen. Nur sie schien ihn zumindest einigermaßen zu verstehen. Davon abgesehen hatte sie aber auch die Gabe, mit den Hütern der Ordnung auf eine Weise zu sprechen, dass sie sich der Wahrheit dieser grausamen Täuschungsmagie stellten, die Branagorn entlarvt zu haben glaubte.
    Ich hoffe nur, dass es noch nicht zu spät ist, dachte er. Die Unruhe, die nun schon seit Langem seine nahezu ständige Begleiterin war, trug ebenfalls dazu bei, diesen Zustand andauernder Angespanntheit aufrechtzuerhalten.
    Branagorn rückte sich sein Schwert auf dem Rücken zurecht und warf den Umhang zurück.
    Dann setzte er mit weiten Schritten seinen Weg fort.
    An einem der Grabsteine blieb er stehen. Das fahle Mondlicht schien genau auf die Beschriftung, und das war wohl auch der Grund, weshalb gerade dieser Stein seine Aufmerksamkeit erregt hatte.
    Dort stand:
     

    Wilhelmine Auguste Schmalstieg
    2.8.1919 – 1.2.2008
     
    ICH BIN DIE AUFERSTEHUNG UND DAS LEBEN.
    WER AN MICH GLAUBT, WIRD LEBEN,
    WENN ER AUCH STÜRBE.

    Branagorn verharrte einige Augenblicke vor dem Grab, dann nickte er leicht, so, als wäre ihm gerade eben etwas klar geworden.
    Mit eiligeren Schritten als zuvor ging er weiter.
    Wenig später erreichte er die Straße. Fast nirgendwo brannte jetzt Licht. Viele Hauseingänge waren nun Orte vollkommener Finsternis, und der Mond stand zu tief, um die Straße wirklich beleuchten zu können.
    Branagorn ging auf das Haus von Nadine Schmalstieg am Ende der Straße zu. Es wirkte wie ein besonders dunkler Klecks schwarzer Farbe auf einem ohnehin schon sehr düsteren Gemälde.
    Ein Wagen wurde gestartet. Das Motorengeräusch unterschied sich deutlich von jenem Fahrzeug, das Branagorn zuerst gehört hatte.
    In der Einfahrt leuchteten Scheinwerfer grell auf und blendeten Branagorn.
    Das Gaspedal wurde im Leerlauf durchgetreten. Der Motor heulte auf.
    Das geht nicht mit rechten Dingen zu, durchfuhr es Branagorn. Schweiß perlte ihm über die Stirn,

Weitere Kostenlose Bücher