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Der Teufel von New York

Der Teufel von New York

Titel: Der Teufel von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyndsay Faye
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ist ein Pulverfass, dessen Zündschnur unmittelbar zu den Fingern der Demokratischen Partei läuft, und Bird Daly ist Zeugin eines Skandals geworden, und deshalb stört sie.
    Der Rest war ungefähr so:
    Bird glaubt jetzt, du hättest das getan. Sie muss glauben, dass es deine Idee gewesen ist, sie fortzuschaffen.
    Die ganze Zeit suchte ich dabei die Straßen nach einer geschlossenen Kutsche ab. Und ich wusste auch, wie sie aussehen musste. Amtlich genug, um Mrs. Boehm zu täuschen, die nicht leicht zu täuschen war. Mein Bruder hatte sicher an alles gedacht – Gott erbarme sich seiner Seele, wenn ich ihn dafür umgebracht hatte. Die Kutsche musste also Vorhänge haben und einen guten Anstrich und vorzugsweise an der Tür mit dem Wappen einer wohltätigen Einrichtung versehen sein.
    Aber ich sah nichts dergleichen. Und so ritt ich den Broadway hinauf wie ein Schrei im Wind, wich den Omnibussen, Bierkutschen, Droschken und Handkarren aus. Was letztlich gar nicht so schwierig war, denn ich war nur ein Mann auf einem Pferd und hatte keine Zeit, mich vor einem Zusammenstoß zu fürchten. Als ich über die Abzweigung zum Washington Square preschte, überfiel mich einen Augenblick lang die lautlose Erinnerung an Mercy, wie sie in einem Park saß und von London sprach, nachdem sie gerade sehenden Auges in einen Mob hineingelaufen war, um einen schwarzen Mann zu befreien. Das Bild wirbelte nur allzu schnell davon, verscheucht von grässlicheren Dingen. Jenen Dingen, die kleinen Kindern passieren, wenn sie in die Fürsorgeanstalt kommen.
    Bird wird Stofffetzen zusammennähen müssen und mit fünfundzwanzig stockblind sein. Bird wird in die trostlose Prärie versandt werden, in der man sich eigentlich nur noch die Kehle durchschneiden kann, und dort wird sie die Ehefrau eines ärmlichen Farmers werden. Bird wird in den Tombs an Lungenentzündung sterben, weil sie einem reichen Mann die Geldbörse gestohlen hat, in der Überzeugung, keiner könne sie erwischen.
    Bird wird zu ihrer früheren Beschäftigung zurückkehren.
    Ich trieb das arme Tier noch härter an, mein Atem ging so schnell wie das Hämmern der Hufe, mein ganzer Körper verwandelte sich in eine Art Ode an die Schnelligkeit.
    Als ich den arroganten Broadway entlangdonnerte, in meinemWindschatten Aufschreie der Empörung, spürte ich, wie der Rausch der Geschwindigkeit von der wachsenden Verzweiflung über meine Hilflosigkeit verdrängt wurde. Ich hatte sie immer noch nicht entdeckt. Doch ich hätte sie sehen müssen, da war ich mir ganz sicher. Wenn sie hier irgendwo wären.
    Wo hatten sie sie hingebracht?
    Ich dachte ernsthaft darüber nach, umzukehren, das unschuldige Pferd wie wahnsinnig in eine andere Richtung zu hetzen. Irgendeine Richtung.
    Doch dann hörte ich auf nachzudenken.
    Ich war jetzt fast beim House of Refuge angelangt. Es war nicht mehr weit. Und wenn sie so schlau waren, daran zu denken, dass ich jede Sekunde nach Hause kommen und ihren Plan zunichte machen könnte, was hätten sie dann getan?
    Sie waren wahrscheinlich über den Washington Square gefahren und dann zurück auf die Fifth Avenue, hatten einen Umweg in Kauf genommen. Denn sie wussten, wenn ich sie verfolgte, würde ich den Broadway nehmen.
    So in etwa dachte ich, als ich zu den beeindruckenden Toren der Fürsorgeanstalt kam. Ich brachte den Wallach zum Stehen und wartete. Mein harscher Atem durchbrach die mondhelle Stille.
    Ich hoffte inständig, dass ich als Erster hier angelangt war.
    Es ist ein ehemaliges Arsenal. Ich meine das House of Refuge. Kohlrabenschwarz liegt es da in dem beständig schwindenden Farmland, schwärzer als die Bäume, schwärzer als ein echtes Arsenal wäre. Wie schon gesagt, hatten die Polizisten die Pflicht, herumstreunende Kinder dorthinzuschicken. Aber diesem Befehl hatte ich mich immer verweigert. Und ich würde es auch in Zukunft tun. Sollten sie mich dafür bestrafen, wie immer sie wollen. Mich wegen Gehorsamsverweigerung in die Tombs schicken, mir mit jeder beliebigen Strafe drohen, mich zur Zwangsarbeit verdonnern, mir eine Sträflingskugel ans Bein ketten, mich auf ein Fass binden und auspeitschen, mich tagelang in einem Raum ohne Tageslicht von der Größe eines Schranks einsperren.Denn ich war erwachsen und dürfte so eine Behandlung höchstwahrscheinlich überleben.
    Bei einigen Kindern in der Fürsorgeanstalt war das nicht der Fall gewesen.
    Das Pferd zitterte, der Schweiß rann ihm dunkel wie Blut den Hals herunter, während ich wartete. Ich

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