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Der Teufel von New York

Der Teufel von New York

Titel: Der Teufel von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyndsay Faye
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hinten und hatte gar nichts an. Seine Hand bedeckte die blasse Rundung von Mercys Brust, und sein kleiner Finger folgte der Linie ihrer Rippe.
    »Dieser Raum ist besetzt «, sagte er arrogant. »Seien Sie so gut ...«
    Ich riss ihn von ihr herunter, was ihn zum Verstummen brachte.
    »Was immer Sie ihr angetan haben, ich werde es Ihnen dreifach heimzahlen«, schwor ich, während ich seinen Unterarm fest gepackt hielt und ihm mit der anderen Hand fast das Haar ausriss.
    »Er tut mir nicht weh, Sie Narr«, sagte Mercy nach Luft japsend. Sie hatte sich im Bett aufgesetzt und die Bettdecke weiter über sich gezogen. »Sieht das etwa so aus, als würde er mir wehtun ?«
    Ich ließ den Dandy los, und er torkelte rückwärts.
    »Mr. Wilde«, fing Mercy an. Ihre Augen waren jetzt geschlossen, sie atmete schnell durch die Nase. »Sie müssen ...«
    »Oh, verflixt, das war’s dann«, keuchte der Fremde und tappte hilflos durchs Zimmer, auf der Suche nach seinen feinen Kleidern.»Für was halten Sie mich denn? Ich bin ein feinfühliger Mann, ich könnte unmöglich ... nicht nachdem... und Sie kennen den auch noch ?«
    Mercy öffnete den Mund, aber es kam nichts heraus. Sie hatte die geschlossene Faust ins Kissen gedrückt und walkte es erbarmungslos durch. Mit dem Rücken zur Wand ließ ich mich zu Boden gleiten, bis ich auf den nackten Dielen saß. Dann sah ich diesem Börsenmakler – nein, wahrscheinlich war er eher im Export-Import tätig, denn sein Akzent kam zwar eindeutig aus New York, aber seine Schuhe und seine Uhr und die Seide seiner Weste kamen aus dem Ausland – zu, wie er darum rang, einen Rest an Würde zurückzugewinnen.
    »Nun, ob Sie ihn nun kennen oder nicht, es tut mir leid, dass ich Ihnen persönlich sowie im Hinblick auf die vorgeschlagene Transaktion nur einen so jämmerlichen Dienst erweisen kann, denn – ich kann nicht ... aber gleichwohl, ich wünsche Ihnen viel Glück, Mercy. Sie werden sich dieses Geld schon irgendwie zu beschaffen wissen. Und was mich angeht ... ein andermal vielleicht.«
    Mit diesen Worten war er fort und hatte die Tür hinter sich geschlossen. Mich überlief ein Schauder. Ich stand auf und sah aus dem Fenster, wandte Mercy den Rücken zu.
    »Ich weiß nicht, ob Ihnen klar ist, was Sie da gerade getan haben«, ertönte ihre Stimme in meinem Rücken. »Aber wollen Sie mir bitte verraten, warum , um Himmels willen, Sie es getan haben?«
    »Er wollte Sie bezahlen«, flüsterte ich. »Und er hat Silkie Marsh für das möblierte Zimmer bezahlt.«
    Stoffgeraschel, als sie sich aus den Laken erhob.
    »Wie lange?«, fragte ich versuchsweise. »Sagen Sie es mir. Bitte. Wie lange geht das schon so?«
    Ein dunkles Glucksen kam aus dem Bett. Es endete in einem Röcheln, als sei sie am Ertrinken, und es schickte mir einen eiskalten Schauder durch die Eingeweide.
    »Wie lange schon, fragen Sie? Wie lange ich mich schon mit Männern einlasse oder wie lange ich schon dafür bezahlt werde?«
    Ich war außerstande, ihr zu antworten. Sie sprach trotzdem weiter.
    »Etwa fünf Jahre, im ersten Fall, seit ich siebzehn bin. Und seit fünf Minuten im zweiten. Seit ich ruiniert bin.«
    »Ruiniert«, wiederholte ich wie betäubt.
    »Ich nehme an, wenn Sie Liebe und Schatten in den Straßen von New York gelesen haben, ahnten Sie nicht, dass Sie die Autorin kennen.«
    Ich hatte mich eigentlich nicht umdrehen wollen, aber ich war so schockiert, dass ich es unwillkürlich doch tat. Natürlich war sie atemberaubend schön. Eine Haut wie frisch gefallener Schnee auf einem gefrorenen Fluss, die Augen leuchteten blassblau, als sie ihr Kleid aufhob. Jede Kurve war auf subtile Weise schön, das Haar von einem unglaublich tiefen Schwarz, es streichelte zärtlich ihre Brust, bevor es über die Hüften fiel, dieses wundervoll schiefe Zentrum der Schwerkraft. Ich sah weg und hasste mich aus ganzer Seele, zwang mich, mir anzuhören, was sie mir gerade erzählte.
    » Licht und Schatten «, wiederholte ich und sah Mrs. Boehms Magazin vor mir, ihr verlegenes Erröten. Es enthielt gesellschaftliche Skandalgeschichten, bittere Wall-Street-Tragödien, Geschichten über die Misere der Immigranten und die unterdrückte Wut der Armen. In einem Heft wurde die Geschichte eines Indianers erzählt, den man fälschlicherweise als Hühnerdieb verdächtigt und auf der Straße gesteinigt hatte, in einem anderen ging es um einen Morphiumsüchtigen, der seinen Wintermantel verkaufte, um an seine Drogen zu kommen. Die Geschichten waren

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