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Der Teufel von New York

Der Teufel von New York

Titel: Der Teufel von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyndsay Faye
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Thomas Underhill seiner Tochter irgendeinen Schmerz verursachen könnte. Der Reverend konnte es nicht einmal ertragen,wenn Mercy auch nur ein aufgeschrammtes Knie hatte. Einmal hatte sie sich beim Kartoffelschälen in den linken Daumen geschnitten, das war kurz nach dem Tod ihrer Mutter gewesen – einmal nur –, und seither verrichtete er diese Arbeit immer selbst.
    »Nein, das kann er nicht getan haben. Das ist schrecklich. Er liebt Sie.«
    »Sicher liebt er mich«, sagte sie mit erstickter Stimme. »Und doch hat er das getan. Er hat ihn tatsächlich verbrannt, jede einzelne Seite, jedes einzelne Wort, das ich ...«
    Mercy verstummte, drückte die Hand gegen ihre Kehle, zwang sich zur Ruhe. »Ich weiß, dass das alles nicht Ihre Schuld ist«, fuhr sie fort, als sie wieder dazu imstande war, »aber ich habe mein ganzes Geld verloren, und Robert hätte ...«
    Es ist traurig, aber ich muss zugeben, dass ich in diesem Moment völlig den Faden des Gesprächs verlor.
    Bis zu diesem Punkt hatte ich mir jedes einzelne ihrer herzzerreißenden Worte angehört; trotzdem kann ich nicht behaupten, dass ich sie wirklich aufgenommen hätte. Ich schloss die Augen. Ich habe die Sache falsch angefangen , dachte ich und spürte, wie die Übelkeit in meinem Bauch Kapriolen schlug. Ich habe sie als Belohnung gesehen und nicht als Person . Ich hätte mir die Hand abhacken lassen, falls das ihr Preis gewesen wäre, und sie hat mir nie gesagt, dass der Preis eigentlich ...
    »Wer ist er?« Ich habe keine Ahnung, warum ich das wissen wollte.
    »Ein Kaufmann, der die reformistischen Kreise großzügig unterstützt. Wir sind seit vielen Jahren befreundet, und er hatte schon immer ein Auge auf mich geworfen. Früher war ich nicht an ihm interessiert, aber er ist eigentlich recht nett, und ich wusste nicht, was ich tun soll.«
    »Daher kennt Silkie Marsh Sie also. Nicht wegen der wohltätigen Arbeit, oder? Als Sie damit anfingen, wurde Ihnen da Gewalt angetan, hat man Sie gezwungen –«
    »Auf solche Fragen muss ich Ihnen nicht antworten.«
    »Tun Sie’s trotzdem, verdammt.«
    »Das erste Mal hab ich es getan, weil es mir Freude machte, auch wenn ich dachte, es sei aus Liebe. Es war auf seine Weise schön, aber es hat nicht gehalten, also kann es auch keine Liebe gewesen sein, nicht wahr? Später dann ... Es war immer freiwillig, ich mochte sie, Timothy, ich fand es schön, dass man mich begehrenswert fand, dass man mich auch wegen etwas anderem wollte als Brechwurz und Steckrüben«, fauchte sie mich an. »Also sorgte ich dafür, dass ich Silkie Marsh vorgestellt wurde, und wann immer ich für eine traute Zusammenkunft mit einem Freund einen Raum brauchte, mietete dieser Freund eines ihrer Zimmer. Sie ist froh über eine kleine Extra-Einnahme. Ich hasse sie, aber sie geht mit diesen Dingen so pragmatisch um, dass ich wusste, sie würde mich nie an Papa verraten. Und das ist auch schon die ganze Geschichte: Sie lässt mich hin und wieder eines ihrer Schlafzimmer benutzen, und ich komme und gehe, ganz wie es mir beliebt. Ich darf ja nicht dabei gesehen werden, wie ich mit einem unverheirateten Mann in ein Hotel gehe, nicht wahr? Oder gar zu ihm nach Hause. Aber hier würde jeder glauben, man habe mich zu einer Kranken gerufen. Und das eben war das erste Mal, dass ...« Plötzlich verstummte sie, und Wut brach sich unter der Verletztheit Bahn. »Hören Sie auf, mich so anzuschauen , das ist schrecklich. Ich habe doch nur mich selbst. Ein Mann kann das nicht verstehen, ich habe sonst nichts zu verkaufen, Timothy.«
    »Nennen Sie mich nicht so.«
    »Weshalb nicht? Das ist Ihr Name. Hätte ich den Harper Brothers noch mein Buch verkaufen können, nachdem es zu Asche verbrannt war? Hätte ich mit der Wohltätigkeitsarbeit aufhören sollen, hätte ich aufhören sollen, mich um die Kinder zu kümmern, und stattdessen Männerhemden flicken? Ich tue, was ich kann, bei meinem Leben, und es wird nie genug sein. Hätte ich etwa einen alten Narren mit einem gut gefüllten Bankkonto heiraten und jede Sekunde als Hure leben sollen, bis er stirbt? Das könnte ich nicht ertragen. Es einmal für eine fürstliche Summe zu tun, noch dazu mit einem Freund, das erschien mir ... leichter.«
    Mir kam ein verrückter Gedanke: Wenn man es genau betrachtet, prostituierten sich hier fast alle auf die eine oder andere Weise . Es ist nur eine Frage der Abstufung. Die Frauen, die sich in den Hintergassen von Corlears Hook herumtreiben, um sich den nächsten Shilling zu

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