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Der Teufel von New York

Der Teufel von New York

Titel: Der Teufel von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyndsay Faye
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erotisch, herzzerreißend, herrlich melodramatisch, und ich hatte sie alle gelesen. »Autor: Anonymus. «
    »So ein langweiliges Pseudonym, wirklich«, murmelte Mercy.
    Ich fuhr mir mit der Hand über die Augen und atmete mühsam ein und wieder aus. Dass Mercy diese Geschichten geschrieben hatte, überraschte mich nicht. Sie hatte sie wahrscheinlich zu irgendeinem Zeitpunkt alle im wahren Leben mit angesehen.
    Mich überraschte vielmehr, dass ich es nicht gemerkt hatte.
    »Warten Sie ... ruiniert ?«, stammelte ich, als mein Verstand stotternd wieder einsetzte.
    »Ich bin verloren«, wiederholte sie. »Es ist hoffnungslos. Und dabei bin ich so nahe dran gewesen. Bis gestern Morgen hatte ich sechshundert Dollar zusammengespart, bevor Papa das Geld entdeckte und eine solche ...« Die Erinnerung daran ließ sie einen Augenblick wie versteinert innehalten. »Er hat mir eine solche Szene gemacht. Jetzt werde ich nie mehr einen Platz finden, an dem ich auch nur eine Münze verstecken kann, niemals, und ich werde auch in diesem Haus keinen weiteren Satz mehr schreiben können, ohne überwacht zu werden, und mein ... ach, und was mein Vater denkt, darüber kann ich gar nicht reden.«
    »Und da sind Sie auf die Idee verfallen, sich ... sich selbst zu verkaufen?«, rief ich mit dem größten Abscheu aus.
    »Es gab keine andere Lösung«, antwortete Mercy tonlos. »Ich muss von hier weg, ich kann unmöglich in New York bleiben. Ich muss von hier weg, Sie wissen nicht, wie das ist bei mir zu Hause, ich ... Warum haben Sie das getan , Timothy?«
    Ich drehte mich noch einmal um. Mercy hatte ihr grünes Kleid einigermaßen fertig angezogen, auch wenn es so schief saß wie immer. Ihr Blick war verzweifelt. Zwei blaue Seen, in denen ein Mann hätte ertrinken können.
    »Ich wünschte mir so sehr, nach London zu gehen«, sagte sie. »Dort zu leben. Meinen eigenen Weg zu machen. Der ganze Staat New York hätte sich aufreihen können, um mich aufzuhalten, ich wäre trotzdem gegangen. Alles ist anders in London, können Sie das verstehen? Dort gibt es nicht diesen erbärmlichen puritanischen Hass . Es gibt Reformer in London, und Bohemiens, und Philosophen, Menschen wie meine Mutter und – und hier versuche ich, Kinder zu retten, und man sagt mir, dass arme Kinder nicht wichtig sind. Hier versuche ich, mein Leben zu leben, wie es mir gefällt, auch mit ein paar romantischen Liebeleien, aber wenn ich von einer Straßenecke zur nächsten gehen will, dann darf ich das mit keinem anderen Mann als mit Ihnen , Timothy Wilde. Hier habe ich einen Schreibtisch und Papier und Tinte,und seit ich ein kleines Kind bin, küsst mich Papa und sagt mir, er sei stolz, dass ich schreiben will, beglückwünscht mich zu meinen Oden auf die Natur, zu meinen Hymnen und Passionsspielen. Und dann schreibe ich Dutzende von Kurzgeschichten und dreiundzwanzig Kapitel eines Romans, und gestern sieht er den Roman auf meinem Schreibtisch liegen. Ich war dumm, abgelenkt, mit den Gedanken bei den Kindern, bei Ihrer Ermittlung, so dumm, ich lasse ihn niemals offen liegen, und da lag er nun, weithin sichtbar, als Papa kam, um mir zu sagen, er habe uns Speck und Eier gebraten. Und jetzt kann ich genauso gut versuchen, nach London zu schwimmen. Das wäre besser, als hier zu sterben .«
    Ich biss mir buchstäblich auf die Zunge und sagte mir: Warte. Sag nichts. Warte. Hör ihr zu.
    Ich konnte gut verstehen, dass sie Licht und Schatten geheim gehalten hatte – keine Dame, die ich kannte, konnte frei heraus zugeben, dass sie das las, ohne rot zu werden. Weniger entschuldbar, aber auch verständlich war, dass ihr Vater bestürzt war, dass seine Tochter so einen weltlichen Stoff produzierte. Doch was mich schockierte, war, dass der Lockruf Londons so viel lauter über den Ozean zu ihr drang, als ich das je vermutet hätte.
    Nicht der größte Schock jener Nacht, beileibe nicht.
    »Ihr Vater hat Ihnen eine Szene gemacht, und das hat Sie ruiniert?«, fragte ich schließlich. »Er hat eine Szene gemacht, und Sie ...«
    »Meine Ersparnisse sind jetzt weg. Einfach weg. Er hat sie mir abgenommen. Und mein Roman ist auch weg. Er nannte ihn Schund und hat ihn in den Kamin befördert.«
    Mir fiel die Kinnlade herunter wie einem Idioten, während ich ein paar sinnlose Dinge mit meinen Händen anstellte. Ich presste sie vor den Mund, ließ sie schlaff herunterhängen, verkrampfte sie ineinander. Nichts half.
    »Nein«, sagte ich leise, denn die Vorstellung war einfach falsch. Dass

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