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Der Teufel von New York

Der Teufel von New York

Titel: Der Teufel von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyndsay Faye
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war sie in Gefahr. Das war das ganze Geheimnis.
    »Die Jaske, das war die Kirche in der Pine Street, stimmt’s?«, fragte ich.
    »Jawoll«, bestätigte mir Tom Cox mit hochrotem Gesicht, bereit, Alle Neune jeden Moment ungespitzt in den Boden zu rammen.
    »Dann hört jetzt auf, euch zu kabbeln. Miss Underhill ist in Gefahr.«
    Alles erstarrte.
    »Ich danke euch. Ihr seid alle famose Burschen. Bleibt heute Nacht hier, und haltet euch von der Straße fern«, befahl ich, ließ Alle Neune los und rannte zum Ausgang.
    Ich war mir sicher, sie hatte nicht gewusst, in wessen Kutsche sie sich befand. Es gibt Dinge, bei denen irrt ein Mann nicht, die weiß er einfach. Dinge wie Mercy braucht meine Hilfe . Ich pfiff nach der ersten Droschke, die ich sah, und gab dem Kutscher Anweisung, mich zur Kirche in der Pine Street zu fahren.

21
    Wie viele Menschen in den Vereinigten Staaten sind sich wohl der Tatsache bewusst, dass der Papst die Kreuzzüge für nicht beendet hält und alle zwei Jahre eine Bulle erlässt, in der er Soldaten auffordert, sich daran zu beteiligen?
    Amerikanische Protestanten zur Verteidigung
    der Bürgerlichen und Religiösen Freiheit
    gegen den Vormarsch des Papsttums, 1843.
    Die Dunkelheit raffte ihre dicken Röcke um New York zusammen, als wir an der Ecke William Street und Pine Street anhielten. Ich bekam mit jeder Minute leichter Luft, und das war ein Segen, auch wenn ich jetzt zwar wieder atmen, dafür aber nicht mehr die Hand vor Augen sehen konnte. In dieser Gegend werden die Straßenlampen einfach aufgegeben, wenn das Glas zerbricht. Ich stieg aus dem Wagen und bezahlte den Kutscher. Meine Welt war wie in Watte gepackt. Die Kutsche hätte beim Wegfahren eigentlich mehr Geräusche machen müssen.
    Nichts wäre so gekommen, wie es kam, wäre Mercy Underhill nicht Sekunden später aus dem kleinen Backsteinhaus unter den Bäumen neben der Kirche getreten. Und nichts wäre so gekommen, wie es kam, wenn sie mich unter der kaputten Straßenlampe hätte stehen sehen. Ein Mann im Dunkeln.
    Doch ich sah sie, und sie mich nicht, und irgendetwas in meinen Kopf rastete ein wie ein Mechanismus. Es war aber keine Vermutung, was nur zeigt, wie vernagelt ich eigentlich bin. Nein, es war eine Frage.
    Wo geht sie hin?
    Also folgte ich ihr.
    Sie lief schnellen Schrittes die Pine Street nach Westen entlang, eine leichte blassgraue Sommerkapuze übers Haar gezogen. Ich kann mich sehr leise bewegen, wenn ich will, daher hörte sie mich nicht. Ich blieb dicht genug hinter ihr, um sie verteidigen zu können, sollte sie einem Feind begegnen. Weit genug entfernt, um unerkannt zurückzubleiben, sollte es ein Freund sein.
    Mercy hielt eine Droschke an, als sie zum Broadway kam. Ich tat es ihr nach und bat den Fahrer, ihr unauffällig zu folgen, als der Mond durch die Wolkendecke brach. Auch wenn mir die Zeitungsjungen nicht erzählt hätten, dass die jüngste Gräueltat in der Nachmittagsausgabe gestanden hatte – ich konnte es eindeutig am Verhalten der Passanten erkennen. Auf jeden Bürger, der sauber gekämmt und im zugeknöpften Satinhemd an den Schaufenstern vorbeiflanierte, kamen zwei, die mit verkniffenen Gesichtern miteinander tuschelten. Dandys, Wichtigtuer, Börsenmakler, Typen wie die, deren Gespräche ich immer mitgehört hatte – sie alle waren für einen Augenblick von ihren Kleidern und ihrem Geld abgelenkt. Ich wusste, was sie sagten, ich musste mir nicht einmal die Mühe machen, es ihnen von den Lippen abzulesen.
    Iren.
    Katholiken.
    Gräueltat.
    Barbarisch.
    Plage.
    Gefahr.
    Als Mercy in der Greene Street, unweit von Silkie Marshs Bordell, aus der Droschke stieg, war ich überzeugt, dass sie direkt auf dem Weg zu ihr war. Sie kannten einander, es gab tausend Gründe, ihr einen Besuch abzustatten. Doch dann blieb sie unter der gestreiften Markise eines Teesalons stehen und wartete. Sie hatte die Kapuze tief ins Gesicht gezogen und beobachtete aufmerksam beide Straßenecken.
    Etwa zwei Minuten später kam ein Mann auf sie zu. Ich kannteihn nicht. Er sah gut aus, auf seiner Weste prangten noch mehr aufgestickte Blumen als auf Valentines, und sein Frack saß wie angegossen, aufgebürstet zu einem sauberen Blauschwarz. Er war mir sofort unsympathisch. Der Mond warf einen Schimmer auf die geschwungene Krempe seines Kastorhutes. Ich konnte nicht hören, was Mercy zu ihm sagte, als sie auf ihn zuging, doch ich konnte in dem Schimmern ihr Gesicht erkennen, und so war das auch gar nicht nötig.
    Ich habe große

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