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Der Teufel von New York

Der Teufel von New York

Titel: Der Teufel von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyndsay Faye
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verdienen, tun dies in der Regel nicht, weil sie eine Neigung dazu verspüren, aber sie sind nicht die Einzigen, die ein Stück von sich selbst verkaufen. Es gibt die munteren Mädels, die sich ab und an auf den Rücken legen, wenn sie ein neues Paar Stiefel brauchen, Mütter, die es tun, wenn die Kleinen krank sind und der Doktor von leichtlebiger Art, Frauen, die jedes Jahr den dunklen, dunklen Winter nur deshalb überleben, weil sie Männer unter ihre Röcke lassen. Tausende von Debütantinnen der guten Gesellschaft heiraten Bankiers, die sie nicht lieben und die zu lieben sie gar nicht die Absicht haben. Mädchen, die es einmal aus Jux gemacht haben, und abgearbeitete Metzen, die es schon tausendfach getan haben. Es war weit verbreitet. Nur allzu weit. Es wäre mir nie in den Sinn gekommen, ihnen Vorhaltungen zu machen, weil sie Geld dringender brauchten als ihren Stolz. Und auch das war nicht fair – ich wusste, dass die meisten nie eine Wahl gehabt hatten. Und dass ich widerlich zynisch war. Und vielleicht herzlos. Aber in diesem Augenblick wusste ich nicht genau, was mich mehr anwiderte – die Tatsache, dass man Mercy bezahlt hatte, oder die Tatsache, dass alle Welt ihr Lust bereiten durfte, nur ich nicht.
    Doch ich hätte eigentlich merken sollen, wie verstört sie war, wie sie die Finger in ihr Kleid krallte, um Haltung zu wahren. Dass ihre Atmung nicht zur Ruhe kam. Denn zusehen zu müssen, wie der eigene Roman verbrannt wird, und nichts tun zu können, als hilflos danebenzustehen, fühlt sich vielleicht ein bisschen so an, als würde einem ein Finger abgeschnitten. Nach der Erniedrigung, die sie gerade erfahren hatte, hätte ich in dieser höllischen Nacht die barmherzigste aller Frauen, die ich kannte, meinerseits mit Barmherzigkeit behandeln müssen.
    Dass ich das nicht tat, macht mich immer noch ganz krank, wenn ich darüber nachdenke.
    »Wie konnten Sie nur?«, fragte ich wie betäubt. »Und ausgerechnet hier , wo Kinder verschwinden und in schwarze Kutschen ...«
    »Nein, nein«, brachte sie mühsam hervor. »Ich bin nicht mehr hier gewesen seit ... seit alles begann. Seit Ihrer Ermittlung. Das dürfen Sie nicht von mir denken, ich bitte Sie inständig. Hier hat es nie irgendeinen Zwischenfall gegeben, nicht dass ich wüsste, ich schwöre auf mein Leben, ich habe nur ab und an ein Zimmer benutzt, und außerdem habe ich recht wenig Kontakt mit den Kindern, es sei denn, sie werden krank, es vergehen Monate, ohne dass ich sie sehe. In Liams Fall ist das über ein Jahr her. Aber als Papa gestern meine Ersparnisse fand, da habe ich Panik bekommen, und ich musste eine letzte Anstrengung machen, um zu fliehen. Ich war so verzweifelt. Ich wollte nicht hierherkommen, sie sehen, mich fragen, was sie vielleicht weiß. Es war entsetzlich, Tim. Bitte, glauben Sie mir. Ich hatte keine Wahl.«
    »Man hat immer eine Wahl. Wie konnten Sie mir das antun?«
    »Aber wenn ich es Ihnen doch sage, es hat nichts mit Ihnen zu tun, es ...«
    »Ganz im Gegenteil!«, rief ich aus und packte sie am Arm, fester als beabsichtigt. »Sie sind doch nicht dumm, zum Kuckuck, dumm sind Sie auf gar keinen Fall! Seit Jahren schon sehen Sie zu, wie ich Ihnen hinterherlaufe, wie ich Sie anschaue, für jeden gottverdammten Hinz und Kunz war das offensichtlich. Sie können sich jetzt nicht einfach hinstellen und behaupten, Sie hätten nichts davon gewusst. Wie können Sie sagen, es habe nichts mit mir zu tun? Das ist das Grausamste, was ich je gehört habe. Alles , was Sie betrifft, hat mit mir zu tun, und das wissen Sie seit Jahren. Sind Sie doch dumm oder sind Sie bloß eine Lügnerin? Wie können Sie behaupten, Sie wüssten nicht, dass ich einmal vierhundert Siberdollar besaß und dass ich nichts anderes wollte, als Sie eines Tages zu heiraten? Ich wäre auch nach London gegangen. Ich hätte alles für Sie getan.«
    Ich ließ sie los, und Mercys Gesicht, von vollkommener Unvollkommenheit, wurde weicher. Wurde ein wenig milder, alshabe sie sich daran erinnert, wer ich war, und nicht nur daran gedacht, was ich gerade getan hatte.
    »Ich habe mir fast gedacht, dass Sie eine Heirat im Sinn hatten.« Sie wandte sich dem Toilettentisch zu und fing an, ihr Haar hochzustecken. »Und ich hätte es schlimmer treffen können, als meinen besten Freund zu heiraten. Aber haben Sie mir je einen Antrag gemacht?«
    »Nicht nachdem... schauen Sie mich doch an! Wie könnte ich denn? Ich habe Ihnen nichts zu bieten.«
    »Wie können Sie bloß so etwas von

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